Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Quo Vadis

Quo Vadis

Titel: Quo Vadis
Autoren: Henryk Sienkiewicz
Vom Netzwerk:
beim Essen, konnte aber kein Wort mit ihr reden; denn ich mußte Aulus zuhören, der von seinen Siegen in Britannien erzählte, dann auf den wirtschaftlichen Ruin der kleinen italischen Bauern überging, den Licinius Stolo zu verhindern gesucht hatte. Ich zweifle überhaupt, ob Aulus von etwas anderem sprechen kann, und fürchte, wir werden auch diesmal der Geschichte nicht entrinnen, es sei denn, du äußerst den Wunsch, etwas über die allgemeine Verweichlichung unserer Zeit zu vernehmen. Aulus besitzt Fasanen, die aber nicht gegessen werden, weil er überzeugt ist, daß mit dem Verspeisen eines jeden Fasans der Untergang unseres Reiches einen Schritt näher rückt. Das zweitemal traf ich Lygia an der Gartenzisterne, sie hatte einen frisch abgebrochenen Zweig in der Hand, dessen Ende sie ins Wasser tauchte, um die ringsherum blühenden Schwertlilien zu besprengen. Betrachte meine Knie. Beim Schilde des Hercules schwöre ich dir, daß sie keinen Augenblick gezittert haben, wenn die Parther wie Sturmwolken auf unsere Manipeln eindrangen. An jener Zisterne haben sie gezittert. Schüchtern wie ein Knabe, der noch das Amulett auf der Brust trägt, flehte ich mit den Augen um Erbarmen, lange Zeit unfähig, ein Wort zu stammeln.“
    Petronius betrachtete ihn mit einer Art Neid.
    „Du Glücklicher!“ sprach er. „Wären Welt und Leben auch noch so erbärmlich, etwas wird ewig herrlich sein, und das ist die Jugend.“
    Nach einer Weile sagte er: „Hast du sie denn gar nicht angesprochen?“
    „Sobald ich mich erholt hatte, erzählte ich ihr von meiner Rückkehr aus Asien, von meinem Unfall und den Schmerzen, die ich auszustehen hatte, und gestand ihr, daß ich lieber in diesem Hause leiden wollte als anderswo mich vergnügen, daß Krankheit dort wünschenswerter sei als Gesundheit an jedem anderen Orte. Da wurde auch sie verwirrt, ließ den Kopf sinken, und während sie mich anhörte, zeichnete sie mit dem Zweige Figuren im safrangelben Sande, Dann erhob sie die Augen, um sie schnell wieder auf ihre Zeichnung zu richten; wieder blickte sie mich an, wie um eine Frage zu stellen, und floh dann plötzlich von meiner Seite wie eine Nymphe vor einem häßlichen Faun.“
    „Sie muß schöne Augen haben.“
    „Augen wie das Meer, in dem man versinkt. Ich bin darin versunken. Der Archipelagus ist nicht so blau. Gleich darauf erschien Plautius’ kleiner Sohn mit einer Frage. Doch ich verstand ihn nicht.“
    „O Athene“, rief Petronius, „löse von den Augen dieses Jünglings die Binde, womit Eros sie verhüllte, sonst wird er seinen Kopf an den Säulen des Venustempels zerschmettern.“
    Gegen Marcus gekehrt, fuhr er fort: „O du Frühlingsknospe am Baume des Lebens, du erster grüner Schößling am Rebstock! Anstatt dich mit zu Plautius zu nehmen, sollte ich dich zu Gilocius tragen lassen, der eine Schule für unerfahrene Knaben leitet.“
    „Was soll ich denn tun?“
    „Sage doch wenigstens, was war es, was sie in den Sand zeichnete? Gewiß der Name des Liebesgottes oder ein Herz, von seinem Pfeile durchbohrt, oder sonst dergleichen etwas, woraus zu erkennen ist, daß Satyrn ins Ohr der Nymphe etliche Geheimnisse des Lebens geflüstert haben? Wie konntest du es unterlassen, jene Zeichen anzusehen?“
    „Ich trage die Toga schon länger, als du anzunehmen scheinst“, sagte Marcus, „und bevor der kleine Aulus zu mir kam, betrachtete ich diese Zeichen sorgfältig, denn ich weiß ja, daß in Griechenland wie in Rom junge Mädchen oftmals dem Sande ein Geständnis anvertrauen, das ihre Lippen nicht zu äußern wagen. Rate, was sie zeichnete!“
    „Wenn es etwas anderes ist, als ich vermutete, so verzichte ich auf das Erraten.“
    „Einen Fisch.“
    „Was sagst du?“
    „Ja, einen Fisch. Was anders konnte das bedeuten, als daß Fischblut in ihren Adern fließt? Zwar weiß ich es nicht gewiß; du jedoch, der du mich eine Frühlingsknospe am Baume des Lebens nanntest, wirst imstande sein, das Zeichen mit Gewißheit zu deuten.“
    „Mein Lieber, frage Plinius darüber. Er kennt die Fische. Wäre der alte Apicius noch am Leben, so könnte er dir vielleicht Aufschluß geben; denn in der Zeit seines Lebens hat der mehr Fische gegessen, als Platz fänden in der Bucht von Neapel.“
    Der Lärm der Straßen, in die sie nun gelangten, verhinderte die Fortsetzung des Gespräches.
    Vom Vicus Apollinis aus wandten sie sich gegen das Boarium und erreichten das Forum Romanum, wo bei freundlichem Wetter vor dem Sonnenuntergange
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher