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Quo Vadis

Quo Vadis

Titel: Quo Vadis
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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Christus beruht. Es scheint, daß Crispinilla sie dessen verdächtigt hat; sie kann der Pomponia nie verzeihen, daß dieser ei n Gatte genügt hat. Eine Univira! Leichter ist es heutzutage in Rom, einen Teller voll frischer Pilze aus Norikum zu bekommen als eine Univira zu finden. Pomponia Graecina wurde verhört …“
    „Du nennst es ein sonderbares Haus. Später will ich dir erzählen, was ich darin sah und hörte.“
    Sie waren ins Atrium getreten. Der Atriensis, der dort seinen Dienst zu tun hatte, ließ die Gäste durch den Nomenclator anmelden. Petronius, der zum erstenmal hier stand, schaute sich überrascht um, denn das Atrium machte eher den Eindruck des Frohsinns als der Trübseligkeit, wie er es erwartet hatte. Eine Flut hellen Lichtes ergoß sich durch die Öffnung oben auf einen Springbrunnen in dem viereckigen Bassin, Impluvium genannt, das bei schlechtem Wetter den durch die Öffnung herabfallenden Regen aufzunehmen hatte und rings von Anemonen und Lilien umgeben war. Die Lilie schien eine Lieblingsblume der Hausbewohner zu sein, denn es gab da ganze Gruppen weißer und roter Lilien. Zwischen den Blumentöpfen standen Bronzestatuetten von Kindern und Wasservögeln. In der einen Ecke bückte sich ein Faun aus Bronze zum Wasser nieder, wie um zu trinken. Der Boden des Atriums bestand aus Mosaik; die Wände, teils Holz, teils roter Marmor, waren mit Fischen, Vögeln und Greifen bemalt, die ein prächtiges Farbenspiel zeigten. Die Türen zu den Nebenräumen waren mit Schildpatt- und Elfenbeineinlagen verziert; die Statuen der Ahnen des Hausherrn nahmen die Flächen zwischen den Türen ein. Der Gesamteindruck war der eines nicht luxuriösen, aber gediegenen Reichtums.
    Petronius war zwar viel prächtiger eingerichtet, doch sah er hier nichts, was seinem Geschmack zuwider gewesen wäre. Er hatte dies kaum Marcus zugeflüstert, als ein Sklave, der Velarius, den Vorhang auseinanderzog, der das Atrium vom Tablinum trennte.
    Die beiden Freunde befanden sich vor Aulus Plautius. Dieser stand am Abend seines Lebens, silberner Reif lag auf seinen Schläfen, dennoch war er noch sehr rüstig. Seine Gesichtszüge waren etwas klein, aber energisch; der Ausdruck des Erstaunens, ja sogar des Schreckens, lag jetzt auf seinem Gesicht infolge des unerwarteten Besuches von Neros Freund, Genossen und Berater.
    Petronius war zu sehr Weltmann und zu scharfsichtig, um dies nicht zu bemerken; darum erklärte er sofort, nachdem die Begrüßungen ausgetauscht waren, mit der ganzen Beredsamkeit, über die er gebot, er komme, um für die Pflege zu danken, die seiner Schwester Sohn in Aulus’ Hause gefunden. Dankbarkeit sei der Grund seines Besuches, zu dem überdies ihre alte Bekanntschaft ihn ermutigt habe.
    Aulus versicherte, die Gäste seien ihm willkommen; was den Dank betreffe, so habe auch er Petronius zu danken, obwohl Petronius gewiß nicht errate, wofür.
    Petronius erriet es in der Tat nicht. Umsonst erhob er die braunen Augen und bemühte sich, den geringsten Dienst, den er Aulus Plautius je geleistet haben könnte, ins Gedächtnis zurückzurufen. Er konnte sich an keinen erinnern, es sei denn an den Dienst, den er jetzt Vinicius erweisen wollte. Vielleicht hatte er unbewußt – aber eben nur unbewußt – etwas für Plautius getan.
    „Ich achte und liebe Vespasian, dem du das Leben gerettet hast, als er so unglücklich war, beim Anhören von Neros Versen einzuschlafen“, erklärte nun Aulus Plautius.
    „Vespasian war glücklich zu preisen, weil er sie nicht hörte, doch leugne ich nicht, daß die Sache böse Folgen hätte haben können. Der Feuerbart war fest entschlossen, einen Zenturio zu ihm zu senden mit dem freundlichen Rate, sich die Adern zu öffnen.“
    „Und du, Petronius, hast ihn dafür ausgelacht!“
    „Das ist so, oder besser gesagt, nicht so. Ich sagte Nero, er habe dadurch, daß er Vespasian zum Einschlafen gebracht, einen ebenso großen Sieg erfochten wie Orpheus, der durch seinen Gesang wilde Tiere einschläferte. Man darf den Feuerbart ruhig tadeln, sobald man nur dem leichten Tadel eine gehörige Dosis Schmeichelei beigibt. Poppäa, unsere gnädige Kaiserin, versteht das ganz ausgezeichnet.“
    „Leider! So schlimm sind die Zeiten!“ erwiderte Aulus. „Mir fehlen zwei Vorderzähne, die mir der Steinwurf eines Briten eingeschlagen hat. Darum lispele ich. Dennoch habe ich meine schönsten Tage in Britannien gehabt.“
    „Weil es Tage des Triumphes waren“, ergänzte Marcus.
    Petronius
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