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Quo Vadis

Quo Vadis

Titel: Quo Vadis
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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Köpfe der Badediener hinter dem Vorhang des Frigidariums, und ein leises „Pst“ wurde hörbar. Augenblicklich verschwanden die Sklavinnen mit Ausnahme der einen Griechin hinter dem Vorhang. Es war der Anfang eines ausgelassenen Treibens, das nun in den Baderäumen stattfand und das der Aufseher nicht verhinderte, weil er selber gar oft an diesen übermütigen Belustigungen teilnahm. Petronius argwöhnte zwar etwas Derartiges, aber als kluger Mann, der nicht gern bestrafte, ließ er es stillschweigend geschehen.
    Eunike allein blieb im Unctuarium zurück. Eine Zeitlang hörte sie auf die Stimmen und das Gelächter, das aus dem Laconicum herüberdrang. Endlich ergriff sie den mit Ambra und Elfenbein eingelegten Stuhl, der kurz zuvor Petronius zum Sitzen gedient hatte, und stellte ihn behutsam vor dessen Marmorstatue. Der Raum war voll farbigen Lichtes infolge der bunten, in die Wand eingelassenen Marmorstückchen. Eunike bestieg den Stuhl, und als sie sich in gleicher Höhe mit der Statue befand, warf sie plötzlich die Arme um deren Hals; dann preßte sie ihren rosigen Leib an die weiße Marmorgestalt und drückte ihren Mund leidenschaftlich auf die kalten Lippen des Steinbildes.

II
    Nach der „Morgenmahlzeit“, zu der die beiden Freunde sich zu einer Stunde niedergelassen hatten, wo gewöhnliche Menschen ihr mittägliches Prandium längst hinter sich hatten, machte Petronius den Vorschlag, ein wenig zu ruhen, da es nach seiner Meinung noch zu früh war, um Besuche abzustatten. „Es gibt allerdings Leute“, sagte er, „die ihre Bekannten schon am Morgen besuchen, weil sie dies als altrömische Sitte betrachten; ich aber halte so etwas für barbarisch. Die Nachmittagsstunden sind geeigneter, aber auch da soll man warten, bis die Sonne über dem Tempel des Jupiter auf dem Kapitol steht und ihre Strahlen schräg aufs Forum fallen läßt. Zur Herbstzeit ist die Hitze immer noch groß, so daß nach dem Mahle jedermann sich gern ein Schläfchen gönnt. Zugleich ist es höchst angenehm, das Plätschern des Springbrunnens im Atrium zu hören und nach den vorgeschriebenen tausend Schritten eines Spaziergangs im roten Lichte zu schlummern, das durch die Purpurscheiben des Velariums niederflutet.“
    Marcus Vinicius stimmte dem Vorschlage bei. Sie wandelten auf und ab, plauderten von dem, was im Palatin und in Rom überhaupt geschah, und philosophierten. Dann zog sich Petronius in das Cubiculum zurück, schlief jedoch nur kurze Zeit, denn nach einer halben Stunde trat er wieder heraus, ließ sich Verbenenöl bringen, atmete zuerst dessen Wohlgeruch ein und rieb dann damit Hände und Schläfen.
    „Du glaubst gar nicht, wie das erfrischt und belebt. Ich bin bereit.“
    Die Sänfte stand schon lange vor der Tür; sie stiegen ein, und Petronius gab den Befehl, nach dem Hause des Aulus getragen zu werden.
    Die Villa des Petronius lag am Südabhang des Palatins, nahe bei den sogenannten Carinae, ihr kürzester Weg ging folglich unterhalb des Forums hin; allein da Petronius unterwegs bei Idomeneus, dem Juwelier, vorsprechen wollte, so wurde die Richtung auf den Vicus Sceleratus eingeschlagen.
    Stämmige Afrikaner hoben die Sänfte und setzten sich in Bewegung, gefolgt von Sklaven, die man Pedisequi nannte. Nach einiger Zeit erhob Petronius die nach Verbenenöl duftende Hand an die Nase und schien über irgend etwas nachzudenken.
    „Es fuhr mir eben durch den Sinn“, sagte er endlich, „daß deine Waldnymphe, weil sie ja keine Sklavin ist, das Haus des Plautius verlassen und in deines übersiedeln könnte. Du würdest sie mit Liebe und Reichtum überhäufen, wie ich meine angebetete Chrysothemis, die ich – unter uns gesagt – fast ebenso satt habe wie sie mich.“
    Marcus schüttelte das Haupt.
    „Nicht?“ fragte Petronius. „Im schlimmsten Falle wird die Sache vom Cäsar abhängen, und du magst darauf zählen, daß der Feuerbart dank meinem Einfluß zu deinen Gunsten entscheiden wird.“
    „Du kennst eben Lygia nicht“, erwiderte Marcus.
    „Dann erlaube mir doch zu fragen, ob du sie anders kennst als nur vom Sehen. Sprachst du mit ihr? Hast du ihr deine Liebe gestanden?“
    „Ich sah sie zum erstenmal am Springbrunnen und bin ihr seitdem zweimal begegnet. Du mußt wissen, daß ich während meines dortigen Aufenthaltes eine besondere, nur für Gäste bestimmte Villa bewohnte und infolge meiner Armverstauchung nicht an den gemeinsamen Mahlzeiten teilnehmen konnte. Erst am Abend vor meiner Abreise traf ich Lygia
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