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Quo Vadis

Quo Vadis

Titel: Quo Vadis
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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die einzige Gefahr, in der du schwebst. Doch nein, sie hat in Liebessachen zuviel Erfahrung; ihr Trachten geht nach etwas anderem. Mit ihren zwei Männern hat sie genug Liebe genossen; mit dem dritten verfolgt sie andere Pläne. Weißt du, daß der alberne Otho bis zur Narrheit in sie verliebt ist? Er wandelt seufzend auf Hispaniens Felsen; seinen früheren Gewohnheiten ist er untreu geworden, er ist so wenig mehr auf seine eigene Person bedacht, daß ihm drei Stunden täglich für seine Frisur genügen. Wer hätte das erwartet und besonders von Otho?“
    „Ich kann mich in seine Lage denken“, erwiderte Marcus, „aber an seiner Statt hätte ich anders gehandelt.“
    „Wie denn?“
    „Ich hätte mir treuergebene Legionen unter den dortigen Bergbewohnern angeworben. Sie sind gute Soldaten, diese Iberer.“
    „Marcus, Marcus! Gern möchte ich sagen, du wärest dessen nicht fähig gewesen! Warum? So etwas tut man zwar, aber man läßt unter keiner Bedingung etwas davon verlauten. Ich an seiner Statt hätte Poppäa ins Gesicht gelacht, ebenso dem Feuerbart, und hätte mir Legionen gebildet nicht von iberischen Männern, sondern von iberischen Frauen. Höchstens hätte ich Epigramme geschrieben, sie aber keinem Menschen vorgelesen – wie der arme Rufinus.“
    „Du wolltest mir seine Geschichte erzählen.“
    „Im Unctuarium sollst du sie hören.“
    Aber im Unctuarium nahm anderes die Aufmerksamkeit des Marcus in Anspruch, nämlich auffallend schöne Sklavinnen, die auf die beiden Badenden gewartet hatten. Zwei Afrikanerinnen, herrlichen Statuen aus Ebenholz vergleichbar, begannen die Körper der beiden Männer mit kostbaren Parfümerien aus Arabien zu salben; geschickte Haarkünstlerinnen aus Phrygien, deren Geschmeidigkeit an Schlangen erinnerte, hielten Kämme und Spiegel von poliertem Stahl in den Händen; zwei griechische Mädchen aus Kos, schön wie Göttinnen, warteten als Vestiplicae auf den Augenblick, wo sie klassische Falten in die Togen des Gebieters und seines Gastes zu legen hatten.
    „Bei dem wolkentürmenden Zeus!“ sagte Marcus Vinicius, „welche Auswahl du da hast!“
    „Ich ziehe Auserlesenes einem großen Haufen vor“, antwortete Petronius. „Meine ganze Familia in Rom beträgt nicht über vierhundert Köpfe, und ich bin der Ansicht, daß nur Emporkömmlinge mehr benötigen zur persönlichen Bedienung.“
    „Über schönere Sklavinnen gebietet nicht einmal der Feuerbart“, sagte Vinicius, dessen Nasenflügel lüstern bebten.
    „Du bist mein Neffe“, erwiderte Petronius mit einer gewissen freundlichen Gleichgültigkeit, „und ich bin weder ein Menschenhasser wie Bassus noch ein Pedant wie Aulus Plautius.“
    Beim Klange dieses letzten Namens vergaß Marcus Vinicius die Mädchen von Kos für einen Augenblick; rasch das Haupt erhebend, fragte er:
    „Wie kommst du auf Aulus Plautius? Weißt du, daß ich mehrere Tage in seinem Hause zubrachte, als ich mir vor den Toren Roms den Arm verstaucht hatte? Plautius war zufällig Zeuge des Unfalls, und als er mich leiden sah, öffnete er mir sein Haus. Sein Sklave, der Arzt Merion, hat mich geheilt. Diese Angelegenheit ist es gerade, worüber ich mit dir sprechen wollte.“
    „So! Etwa, weil du dich in Pomponia verliebt hast? In diesem Falle bemitleide ich dich; sie ist nicht jung und ist sehr tugendhaft! Eine ungünstigere Verbindung könnte ich mir gar nicht denken. Brr!“
    „Nicht Pomponia“, antwortete Marcus mit einem Seufzer.
    „In wen bist du dann verliebt?“
    „Wenn ich’s nur selber wüßte! Ich weiß nicht einmal ihren Namen mit Bestimmtheit – Lygia oder Callina! Man nennt sie Lygia im Hause, weil sie dem Volke der Lygier entstammt; aber sie hat ihren eigenen Barbarennamen Callina. Ein merkwürdiges Haus, dies Haus des Plautius; obschon viele Leute drin wohnen, ist es doch so ruhig und still wie die Haine von Subiacum. Lange wußte ich nicht, daß eine Göttin im Hause wohnte. Da, eines frühen Morgens, sah ich, wie sie sich an der Gartenfontäne wusch, und bei dem Schaume, dem Aphrodite entstieg, schwöre ich dir, daß die Strahlen der Dämmerung ihren Leib durchdrangen. Ich fürchtete, sie möchte vor der aufgehenden Sonne zerfließen und wie das Morgenrot verschwinden. Seither sah ich sie zweimal, und seither auch finde ich keine Ruhe mehr, kenne ich kein anderes Verlangen, will nichts mehr wissen von den Genüssen, die Rom bietet. Ich will keine Weiber, kein Gold, keine Perlen, nicht Wein und nicht Gelage; ich verlange
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