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Quo Vadis

Quo Vadis

Titel: Quo Vadis
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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nur nach Lygia.“
    „Wenn sie eine Sklavin ist, so kaufe sie.“
    „Sie ist keine Sklavin.“
    „Was ist sie denn? Eine Freigelassene des Plautius?“
    „Sie war nie Sklavin und kann folglich keine Freigelassene sein.“
    „Also?“
    „Ich weiß es nicht; eine Königstochter oder etwas Ähnliches.“
    „Du spannst meine Neugier, Marcus.“
    „So höre denn. Ihre Geschichte ist kurz. Vielleicht bist du persönlich mit Vannius bekannt, dem König der Sueven. Aus seinem Lande vertrieben, lebte er lange Zeit hier in Rom und wurde sogar berühmt als guter Wagenlenker und wegen seines Glücks im Würfelspiel. Der Cäsar Drusus setzte ihn wieder auf den Thron. Anfangs regierte Vannius gut und hatte Erfolg im Kriege; später aber begann er nicht nur die Nachbarvölker, sondern auch seine Sueven zu bedrücken. Deshalb erhoben sich Vangio und Sido, die Söhne seiner Schwester und des Hermundurenkönigs Vibilius, um ihn zu zwingen, in Rom abermals sein Glück im Würfelspiel zu versuchen.“
    „Ich weiß, es war zu Claudius’ Zeiten.“
    „Ja. Der Krieg brach aus. Vannius rief die Jazygen zu Hilfe; seine teuren Neffen aber ließen die Lygier ins Land kommen, die von Vannius’ Schätzen gehört hatten und, verlockt durch die Aussicht auf unermeßliche Beute, so zahlreich das Land überschwemmten, daß selbst Claudius für die Sicherheit der Grenze zu fürchten begann. Es war nicht sein Wunsch, sich in die Angelegenheiten der Barbaren zu mischen, sondern er schrieb an Atelius Hister, den Befehlshaber der Donaulegionen, ein aufmerksames Auge auf den Verlauf des Krieges zu haben und keine Störung unseres Friedens zu dulden. Hister verlangte daraufhin von den Lygiern ein Versprechen, die Grenze nicht zu überschreiten; jene gaben ihm nicht nur das Versprechen, sondern auch Geiseln, unter denen Weib und Tochter ihres Feldherrn sich befanden. Du weißt ja, daß die Barbaren Weiber und Kinder mit sich in den Krieg nehmen. Meine Lygia ist die Tochter jenes Feldherrn.“
    „Woher hast du das alles erfahren?“
    „Von Aulus Plautius. Die Lygier überschritten wirklich die Grenze nicht. Aber Barbaren kommen und gehen wieder gleich dem Sturmwind. So verschwanden auch die Lygier samt den Auerochsenhörnern auf ihren Köpfen. Sie schlugen die Sueven und die Jazygen; aber auch ihr eigener König fiel. Die Geiseln blieben in Histers Händen, während sie samt ihrer Beute heimzogen. Bald danach starb die Mutter, und da Hister mit dem Kinde nichts anzufangen wußte, sandte er es zu Pomponius, der damals Statthalter von Germanien war. Als dieser den Krieg mit den Chatten zu Ende geführt hatte, kehrte er nach Rom zurück, wo ihm Claudius, wie du weißt, einen Triumphzug gestattete. Bei dieser Gelegenheit ging das Mädchen hinter dem Wagen des Eroberers her. Da jedoch Geiseln nicht als Kriegsgefangene betrachtet werden und da Pomponius immer noch nicht wußte, wo er das Mädchen schließlich unterbringen könne, übergab er es seiner Schwester Pomponia Graecina, der Gattin des Plautius. In jenem Hause sind alle tugendhaft, vom Hausherrn bis zum Geflügel im Hühnerhof, und so wuchs leider das Mädchen so tugendhaft heran wie Graecina selbst, aber so schön, daß Poppäa neben ihr wie eine Herbstfeige neben dem Hesperidenapfel erscheint.“
    „Nun, und weiter?“
    „Ich wiederhol dir, daß ich seit jenem Augenblicke, wo bei der Fontäne die Strahlen der Sonne sie durchleuchteten, närrisch in sie verliebt bin.“
    „Sie ist also durchscheinend wie eine Lamprete oder wie eine junge Sardine?“
    „Scherze nicht, Petronius! Wenn du die Offenherzigkeit, mit der ich zu dir spreche, mißverstehst, so bedenke, daß prächtige Kleider auch oft tiefe Wunden verdecken. Ich muß dir auch noch erzählen, daß ich bei meiner Rückkehr aus Asien einst in einem Tempel des Mopsus schlief, in der Hoffnung auf einen prophetischen Traum. Und richtig erschien mir Mopsus im Traum und verkündete, daß die Liebe eine große Umwandlung meines Lebens herbeiführen würde.“
    „Plinius erklärt, soviel ich weiß, daß er nicht an die Götter glaube, wohl aber an Träume, und vielleicht hat er recht. Trotz meiner Spöttereien kann ich oft nicht umhin zu denken, daß es in Wahrheit nur eine einzige, ewige, schöpferische, allmächtige Gottheit gibt: Venus Genetrix. Sie vereint Seelen miteinander, sie verbindet Lebendiges und Lebloses. Eros rief die Welt aus dem Chaos ins Dasein. Ob er gut daran tat, das ist freilich eine andere Frage; aber nun es einmal
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