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Puppenrache

Puppenrache

Titel: Puppenrache
Autoren: Manuela Martini
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seine Hoffnung nehmen. So wie er mir. Aber dann…«
    Etwas war geschehen, in jenem Moment. »Sein Gesicht war plötzlich meins. Und es war alles so, wie es war, als er den Gürtel um meinen Hals gelegt hatte und zuzog. Nur dass ich diesmal beides war. Er und… ich. Da hab ich in seine Augen gesehen. Und seine Augen waren… meine.«
    Etwas fiel von ihr ab, etwas Dunkles, Schweres, das sie seit jenem Tag mit sich herumgeschleppt hatte. Zurück blieb Traurigkeit über die verlorenen Jahre, die verlorenen Freundinnen, über Stephen…
    »Was ist mit Stephen?«, fragte sie. »Und Alex ist noch in dem Kellerversteck! Und hoffentlich geht es Ronnie gut.«
    »Ich glaube, du musst dir um die beiden keine Sorgen mehr machen«, sagte Chris.
    Ein Polizist begleitete Alex aus dem Haus. Sie war staubig und ihr Gesicht vom Weinen rot und geschwollen. Als sie an Sara vorbeiging, wandte sie ihren Blick ab. Ich kann es ihr nicht verübeln, dachte Sara, ich hab sie in diese Situation gebracht. Aus dem Polizeiauto kam Babygeschrei. Alle waren gerettet. Bis auf…
    »Stephen, jemand muss nach Stephen sehen!«
    Der Polizist neben Alex drehte sich um. »Wir haben eine Nachricht für Sie.«
    Sie erfuhr, dass Van und Dean Stephen gefunden und die Polizei verständigt hatten. Er lag im Krankenhaus und war außer Lebensgefahr. Troy hatte ihm die Nasenscheidewand, drei Rippen und vier Finger gebrochen. Und ihm schließlich einen lebensbedrohlichen Schuss des Schlafmittels Diazepam verpasst. Wenn ihn seine Freunde nicht so schnell gefunden hätten, hätte er womöglich nicht überlebt.
    »Er hat wahnsinnige Schmerzen ausgehalten, bis er gesagt hat, wo ich bin. Ich schulde ihm eine Erklärung.« Sie sah in Chris’ Gesicht, der in die Sonne blinzelte.
    »Er liebt dich«, sagte er und trat einen Stein in den Staub. »Und du?«
    »Ich…« Sie brach ab. »Ich glaub, ich weiß gar nicht wirklich, wer er ist. Oder wer ich bin.« Sie zuckte die Schultern. »Ich, ich weiß nicht, wie es sich anfühlt, jemanden zu lieben. Ich hab nicht den Mut dazu gehabt.«
    Ein Dröhnen näherte sich und Sara sah hinauf in den Himmel, wo ein Helikopter wie eine große Libelle heranschwebte. Er landete hinter den Streifenwagen und Sara sah zu, wie Arzt und Sanitäter mit einer Trage ins Haus eilten. Als sie gleich darauf Troy heraustrugen, fielen ihr Alex’ Worte ein.
    Ist dir klar, dass du dann damit leben musst?
    Wie hätte sie sich jetzt gefühlt, wenn sie ihn getötet hätte? Troy sah sie nicht an, als er an ihr vorbeigetragen wurde. Eigentlich war sie ganz froh darüber. Nicht, dass sie sich noch vor ihm fürchtete, aber sie wollte sein Gesicht nicht mehr sehen. Nie mehr. Sie wollte es vergessen. Genauso wie das, was er ihr angetan hatte.
    »Der kommt so schnell nicht mehr raus«, hörte sie Chris neben sich sagen, »diesmal sperren sie ihn richtig weg.«
    Ja, das hoffte sie.
    Die Rotorblätter des Helikopters drehten sich wieder schneller und lauter. Jemand zog von innen die Tür zu und schon hob der Pilot ab. Sara legte den Kopf in den Nacken und sah den Helikopter kleiner werden, bis der Punkt mit dem Blau des Himmels verschmolz und es wieder still war.
    Ein Polizist kam auf sie zu.
    »Sara? Wir haben ein paar Fragen. Die Kollegen in Melbourne erwarten Sie schon.« Er wies zum hinteren der beiden Wagen.
    »Ja, ich komme. Ich muss…«, sie sah Chris an, ». . . mich noch verabschieden.«
    Der Polizist nickte und ging voraus zum Auto.
    Chris hatte die Hände in die Taschen gesteckt und blinzelte in die helle Sonne. Auch sie musste blinzeln und plötzlich brannten ihre Augen.
    Sie dachte daran, wie sie ihm zum ersten Mal an der Haltestelle begegnet war, wie misstrauisch sie gewesen war und wie sie im Pub über Musik geredet hatten… und wie er dann da gewesen war und ihr geholfen hatte, ohne Fragen zu stellen. Er hatte ihr einfach vertraut.
    »Danke, danke für alles«, sagte sie schließlich.
    Er errötete. »Gern geschehen.«
    Sie wollte noch viel, viel mehr sagen, aber sie fand keinen Anfang und so umarmte sie ihn kurz, und bevor er sie festhalten konnte, löste sie sich wieder, drehte sich um und ging mit schnellen Schritten davon. Aber auf ihrem Rücken spürte sie etwas Warmes und sie wusste, es war sein Blick.
    »Alles in Ordnung?«, fragte der Polizist am Steuer, als sie einstieg. Sie nickte und er startete den Motor und fuhr los.
    Da wandte sie sich noch einmal um. Durch die Heckscheibe konnte sie ihn sehen, wie er immer noch dortstand, ihr
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