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Puppenrache

Puppenrache

Titel: Puppenrache
Autoren: Manuela Martini
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er.
    Sie sah auf ihn hinab, betrachtete ihn, als würde sie ihn zum ersten Mal in ihrem Leben sehen. Er war totenblass. Aus seinen Wunden floss das Blut, sickerte auf den Boden. »Nein, bitte… nicht! Bitte…«
    »Das hab ich auch gesagt, damals. Erinnerst du dich?«, sagte sie und ihre Stimme zitterte kein bisschen.
    Er nickte mehrmals. »Bitte… nicht…«
    »Ja, genau, das hab ich gesagt. Und was hast du gemacht?«
    Er schluckte. Seine Lippen bebten.
    »Ich hab dich was gefragt! Was hast du gemacht?«, schrie sie ihn an und zielte weiter mit dem Revolver auf ihn. Noch zwei Kugeln…
    Er murmelte etwas.
    »Lauter, ich hab nichts gehört!«
    »Ich… ich.… hab.… dich.… gewürgt«, stammelte er.
    »Du hast mich angelogen. Hast dich an meiner Angst aufgegeilt, du perverses Schwein, als du an meinem Haus vorbeigefahren bist! Du hast mich aus deinem Auto gezerrt und mich in deinen beschissenen Kofferraum gesperrt, wo ich kaum Luft bekam. Weißt du, wie es ist, wenn man glaubt zu ersticken?«
    Sie stieß ihm den Lauf in den Mund. Noch zwei Kugeln.
    »Genau, du weißt es nicht! Und dann bist du zu diesem Waldstück gefahren und hast mich aus dem Kofferraum gezerrt. Es war dunkel. Weißt du, wie das ist, wenn man glaubt, jetzt stirbt man?«
    Sie nahm den Revolver aus seinem Mund und schoss neben sein Bein. Noch eine Kugel.
    Er schrie auf.
    »Du hast mich erniedrigt und dann wolltest du mich töten, mich dort liegen lassen wie ein Stück Müll! Du hast mein Leben zerstört!«
    In seinem Schritt wurde der Stoff dunkel.
    »He, jetzt hast du dir in die Hose gemacht«, sagte sie kalt. Sie zielte genau dorthin, ihr Finger am Abzug zuckte. Die letzte.
    »Nein, bitte!«, brachte er mühsam hervor.
    »Wieso sollte ich Mitleid mit dir haben?«, sagte sie und hob den Revolver, zielte genau zwischen seine Augen. Gleich würde sie ihm ein Ende machen. Gleich würde sie sich endlich befreien!
    Töte ihn, hallte die Stimme in ihr, töte ihn… Es ist deine letzte, einzige Chance… noch eine Kugel… dann ist es endlich zu Ende… los, schieß schon! Los…
    »Bitte…« Seine Stimme war nur noch ein leises Flehen. ». . . nicht, bitte, bitte… nicht…!«
    Seine Augen… Sie hielt inne. Plötzlich war ihr, als würde sie aus einem Albtraum erwachen. Noch nie hatte sie in solche Augen geblickt. Noch nie hatte sie solche Angst gesehen, das war… Todesangst.
    Was geschah in diesem Moment mit ihr? Sie konnte es nicht in Worte fassen. Sprach eine Stimme zu ihr? Spürte sie plötzlich Entsetzen über sich selbst? Oder Großmut? Mitleid? Erbarmen? Trauer? Vielleicht von allem etwas. In dem Moment wusste sie es nicht. Jedenfalls fühlte sich die Waffe plötzlich tonnenschwer und eiskalt an, sie ließ sie sinken, drehte sich um und ging hinaus.
    Wie hell es draußen war. Sie holte tief Atem und schloss die Augen. Wenn ich sie wieder öffne, will ich in den Himmel sehen.

34
    Sie öffnete sie und sah in einen weiten hellblauen Himmel, über den weiße Wolken wie Wattebäusche trieben.
    »Gib ihn mir«, sagte eine bekannte Stimme hinter ihr. Sie drehte sich um.
    Chris? Ja, Chris. Er streckte die Hand aus. Wie kam er hierher? Wieso ist er hier? Ohne Zögern überließ sie ihm den Revolver. Sie konnte ihn kaum noch heben. »Was… was machst du hier?«, fragte sie und ihre Stimme klang, als käme sie von ganz weit her.
    »Sie haben mich angehalten, gestern auf dem Weg nach Hause. Ich hab ihnen von dem toten Polizisten erzählt und von dir. Sie haben mir nicht geglaubt. Haben gedacht, ich erfinde alles, um zu vertuschen, dass ich in einem gestohlenen Auto unterwegs bin. Sie haben mich über Nacht in eine Zelle gesperrt. Heute Morgen hatten sie dann endlich alle Infos aus Melbourne. Danach sind wir gleich losgefahren.« Er wandte sich um. Sara folgte seinem Blick. Zwei Streifenwagen parkten vor Alex’ Haus, das Blaulicht kreiste, drei Polizisten eilten mit gezogener Waffe auf sie und Chris zu. Eine Polizistin hielt Ronnie auf dem Arm.
    »Er braucht einen Arzt.« Sie wies zum Haus.
    »Ist er da drin?«, fragte einer der Polizisten. Sie konnte nur noch nicken.
    »Und Sie? Sind Sie okay?«, fragte er. Sie nickte wieder und sah ihnen nach, wie sie ins Haus gingen.
    »Ich hätte ihm beinahe dasselbe angetan wie er mir«, sagte sie leise.
    »Du wolltest dich rächen, oder? Wolltest es ihm heimzahlen, dass er dein Leben zerstört hat«, sagte Chris.
    »Ja. Indem ich ihm seins zerstöre. Ich wollte, dass er mich anfleht, und dann wollte ich ihm
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