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Puppenrache

Puppenrache

Titel: Puppenrache
Autoren: Manuela Martini
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Blick über die Schulter. Aber da war niemand. Niemand, der ihr folgte, niemand, der sie beobachtete. Bloß Fahrgäste, die jeden Morgen denselben Bus nahmen wie sie.
    Vierzig Minuten später stieg sie aus und sah bereits das große Schaufenster von Supercash in der Morgensonne aufblitzen. Lisa, die Chefin, sah sie kommen und schloss ihr die Tür auf. Sara sah auf ihre Uhr. Noch zehn Minuten bis zur Geschäftsöffnung.
    »Hi, Sara!«, grüßte Lisa, während sie die Tür wieder zuschloss und dann mit schnellen Schritten quer durch den Gang mit den Kühlfächern in Richtung Aufenthaltsraum lief. Sara folgte ihr.
    »Macht mal ein bisschen Druck, Jungs, Überstunden werden hier nicht bezahlt!«, rief Lisa im Vorbeigehen den beiden zu, die gerade dabei waren, die Artikel mit abgelaufenem Haltbarkeitsdatum aus den Kühlfächern herauszusortieren. Sara warf ihnen nur einen flüchtigen Blick zu. So hatte sie auch bei Supercash angefangen, dachte sie. Ein Gelegenheitsjob, für den sie dankbar war.
    »Alles okay bei dir?«, erkundigte sich Lisa und hielt ihr die Tür zum Aufenthaltsraum auf.
    »Ja, klar«, antwortete sie und verstaute Tasche und Jacke in ihrem Spind.
    »Du siehst irgendwie blass aus. Ärger gehabt mit deinem Freund?« Lisa musterte sie mit ihren asiatisch geschnittenen Augen.
    Sara schüttelte den Kopf. »Nein, wirklich, alles okay.«
    »Wenn du Probleme hast, sag’s mir. Im Vorfeld kann man oft Dinge viel leichter klären, als wenn es dann zu spät dafür ist.«
    Sara nickte und nahm die Kassenschublade entgegen, die mit exakt hundert Dollar in verschiedenen Scheinen und Münzen gefüllt war. Alle waren so nett zu ihr…
    »Kasse drei«, sagte Lisa noch.
    Sara nickte kurz, versuchte ein kleines Lächeln und lief dann durch die Regalreihen des Supermarkts. Als sie im Kassenbereich ankam, konnte sie sehen, dass Hal heute direkt neben ihr arbeitete. Er zwinkerte ihr zu, während sie zu ihrer Kasse ging.
    »Hi, Sara!« Er strahlte über das ganze Gesicht und Sara konnte förmlich spüren, wie sich sein Blick an ihr festsaugte.
    Sara hob nur kurz den Kopf und schenkte ihm ein stummes Nicken. Hal war zwar auch nett, aber sie mochte ihn trotzdem nicht. Natürlich konnte er nichts für seine Akne, aber er hatte etwas Klebriges, Aufdringliches an sich. Doch was sie am meisten an ihm störte, war, dass er ihr immer zu nahe kam.
    Sara beeilte sich, die Geldschublade in die Kasse zu schieben, und versuchte dabei krampfhaft, das Datum auf der Kassenrolle zu ignorieren. Trotzdem ätzte es sich in ihr Hirn. 18. April hämmerte es in ihrem Kopf. Es hatte nichts geholfen, dass sie zu Hause den Kalender von der Wand genommen hatte.
    Die nächsten drei Stunden arbeitete sie ohne Pause. Es war Freitag und die Leute kauften fürs Wochenende ein. Würstchen, Fleisch zum Grillen, Chips, Tiefkühlkost, fertig gebratene Hähnchen. Sie stellte sich vor, wie Familien und Freunde in ihren Gärten zusammensaßen, Musik hörten, Bier tranken und lachten. Früher hatten sie auch gegrillt. Früher, als sie noch eine normale Familie gewesen waren. Früher, als sie noch ihre alten Freunde hatte, als die Angst noch nicht ein ständiger Begleiter in ihrem Leben gewesen war, als…
    »Schätzchen, also das kann ja wohl nicht stimmen! Ich hab nur eine Packung Eiscreme! Und was steht hier?« Plötzlich war der rot geschminkte Mund mit den Knitterfalten ganz nah und ein knochiger Finger zeigte auf den Kassenzettel. »Achtzehn Dollar!« Die Stimme der Frau überschlug sich fast.
    Saras Augen waren auf den Kassenbon gerichtet, und ohne weiter auf die Schimpftirade der Kundin zu achten, starrte sie auf die Zahl, die dort stand.
    18… schon wieder…
    »Also, Schätzchen, jetzt aber mal flott!«
    »Ich storniere die zweite Packung«, sagte Sara schnell und klingelte nach ihrer Chefin.
    »Das will ich hoffen!«
    Sara betrachtete die gepflegte, sorgfältig frisierte blonde Frau und musste an Ambers Mutter denken. Und je länger sie sie betrachtete, umso mehr Ähnlichkeiten entdeckte sie, bis sie auf einmal gar nicht mehr sicher war, ob es nicht wirklich Ambers Mutter war… Aber die lebte in Brisbane – wieso sollte sie also plötzlich in Sydney sein?
    »Was starren Sie so?« Die Frau funkelte sie aus grauen Augen an. »Stimmt was nicht?«
    In diesem Moment kam zum Glück Lisa und strahlte die Kundin freundlich an. »Ein Storno, das haben wir gleich.« Sara war erleichtert.
    Die Frau strafte Sara mit einem abfälligen Blick. Ganz schnell zog Sara
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