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Polaris

Polaris

Titel: Polaris
Autoren: Jack McDevitt
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so etwas tun würde«, sagte Urquhart. »Uns allen war nicht bewusst, wie verzweifelt sie war.«
    »Aber Sie wussten, dass sie versucht hat, uns umzubringen. Sie hat immerhin drei Versuche unternommen. Und Sie haben nichts dagegen getan.«
    »Nein.« Klassners Miene umwölkte sich. Die anderen schüttelten einmütig die Köpfe. »Wir wussten es nicht. Sie hat uns nicht erzählt, was sie tat. Wir hatte keine Ahnung. Sie und Jess, glaubten wir, wären lediglich auf der Suche nach dem Schlüssel. Jess war zu dieser Zeit unsere Kontaktperson. Er hat gedacht, es gebe kein ernstes Problem und sie hätte den Schlüssel vermutlich auf der Außenstation gelassen. Und selbst wenn er hier wäre und gefunden würde, würde niemand seine Bedeutung verstehen. Nicht nach all der Zeit. Aber Maddy war besorgt; also hat er versucht, ihr zu helfen.«
    Nun, ich muss zugeben, ich war ein wenig eingeschüchtert angesichts der Präsenz dieses ehemaligen Ratsherrn. Aber ich war nicht bereit, einfach rumzusitzen und zu tun, als wäre alles in Ordnung. »Also hören Sie«, sagte ich, »sie hat auch Shawn Walker umgebracht. Ihr Verhalten konnte Sie doch wohl kaum überraschen.«
    »Ja«, gestand White. »Wir wussten davon. Aber wir haben erst davon erfahren, als es zu spät war. Wir hätten das nicht geduldet.«
    »Gut. Ich freue mich zu hören, dass Sie ihr Verhalten für etwas überzogen halten. Aber ich nehme an, Sie waren auch nicht allzu traurig, als es passiert war.«
    »Das ist nicht fair.« White blickte mich aus großen, intelligenten Augen an. »Dahinter steckt mehr, als Ihnen bewusst ist, Chase.«
    »Hier geht es nicht um Fairness«, konterte ich. »Hier geht es um das, was wirklich passiert ist.« Alex erwischte mich mit einem Blick, und ich erkannte die Botschaft: Überlass das mir.
    »Was«, fragte er, »haben Sie getan, nachdem Sie herausgefunden haben, dass sie Walker umgebracht hat.«
    »Ich habe sie behandelt«, antwortete Boland.
    »Keine Persönlichkeitsrekonstruktion, nehme ich an.«
    »Nein. Das hielt ich nicht für notwendig.«
    »Und die Behandlung hat nicht angeschlagen«, bemerkte ich.
    »Maddy stand unter großem Druck«, fuhr er fort. »Aber ich dachte, sie würde wieder in Ordnung kommen.«
    »Und schließlich konnten Sie sie kaum den Behörden übergeben.«
    Klassner schloss die Augen. »Nein. Wir hätten es vorgezogen, genau das zu tun, aber das war unmöglich.«
    »Und schließlich hat sie Taliaferro umgebracht.«
    »Das war eine Tragödie«, sagte Boland. »Wir haben sie nicht für gefährlich gehalten. Nicht einmal, als das passiert ist. Ich habe sie auch dann nicht für gefährlich gehalten. Ich kann hier nur für mich sprechen. Ich konnte nicht glauben, dass sie ihn umgebracht hatte. Dazu hatte sie keinen Grund.«
    »Er wollte uns warnen«, sagte Alex.
    »Ja. Aber er hatte uns nicht darüber informiert, dass sie wieder psychotisch war. Darum konnten wir nicht ahnen, was geschehen würde. Sie hat uns erzählt, Jess wäre vom Dach des Archivs gefallen, weil er in Eile gewesen wäre und nicht aufgepasst hätte.«
    »Die Leute scheinen gewohnheitsmäßig irgendwo abzustürzen«, kommentierte ich, »wenn Maddy in der Nähe ist.«
    Whites Augen blitzten auf. »Ich glaube nicht, dass sie Tom umgebracht hat. Das war ein Unfall. Sie hat ihn geliebt. Sie hätte alles für ihn getan.«
    »Wir wussten nicht«, ergriff Klassner wieder das Wort, »dass sie hinter Ihnen her war. Dass sie Ihnen zur Außenstation gefolgt ist. Wir waren besorgt, sie könnte durch Jess’ Tod emotional in Mitleidenschaft gezogen worden sein. Als wir sie gesucht haben und nicht finden konnten, haben wir uns Sorgen gemacht. Und dann haben wir festgestellt, dass Mathilda fort war.«
    »Wer ist Mathilda?«, fragte Alex.
    »Unser Schiff. Ich nehme an, Sie haben es gesehen. Es ist eine Chesapeake.«
    »Es war«, korrigierte ich mit mehr Zufriedenheit im Ton, als angemessen war, wie ich vermutete.
    Urquhart starrte in den Wald hinaus. »Ich habe dir ja gesagt«, wandte er sich an Klassner, »dass es ein Fehler ist, herzukommen.« Sein Blick wanderte zu mir. »Wir haben nie gebilligt, was Maddy getan hat. Wir haben versucht, sie aufzuhalten. Wir haben getan, was wir konnten. Warum ist es so schwer, das zu verstehen?«
    »Nein«, sagte ich, »Sie haben es nie gebilligt. Aber Sie haben davon gewusst. Sie wussten es, und Sie waren insgeheim froh, dass Walker aus dem Weg war, ohne dass Sie sich die Hände hätten schmutzig machen müssen. Vermutlich haben
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