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Polaris

Polaris

Titel: Polaris
Autoren: Jack McDevitt
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Sie auch gewusst, dass sich Taliaferro in Gefahr befand. Und falls Sie nicht gewusst haben, dass sie versucht hat, uns umzubringen, dann hätten Sie das doch zumindest wissen müssen. Sie sind verachtenswert. Sie alle.«
    Urquharts Kinn bebte. Klassner nickte, ja, schuldig im Sinne der Anklage. White sah mich an und schüttelte den Kopf, nein, so war das alles nicht.
    »Professor«, fragte Alex, »wo ist Mendoza?«
    Klassner saß neben White auf dem Sofa. »Tot«, antwortete er. »Er ist schon lange tot.«
    »Wie ist er gestorben?«
    »Nicht so, wie Sie denken«, entgegnete er in vorwurfsvollem Ton. »Er ist vor neun Jahren an Herzversagen gestorben.«
    »Herzversagen? Hat das Verfahren bei ihm nicht funktioniert?«
    »Er hat es gar nicht angewandt. Er wollte nicht.« Klassner atmete tief durch.
    »Warum?«
    »Er hatte das Gefühl, Tom hintergangen zu haben. Er wollte nicht auch noch davon profitieren. Er wollte nicht ewig mit dem Wissen leben, was er getan hatte.«
    »Der Rest von Ihnen scheint sich aber recht gut in diesem Leben eingerichtet zu haben.«
    Urquhart sah aus, als wäre seine Geduld nun endgültig am Ende. »Wir haben nie behauptet, wir wären Heilige.«
    »Gibt es noch andere?«, fragte Alex. »Andere außer Ihnen? Irgendjemanden, der von dieser Sache weiß? Andere Unsterbliche?« Er ließ das Wort bedeutungsschwer in der Luft hängen.
    »Nein«, sagte Klassner. »Außer uns kennt niemand die Wahrheit.«
    »Und außer Ihnen hat niemand die Behandlung bekommen?«
    »Nein. Warren war der Einzige, der wusste, wie es funktioniert. Und er hat geschworen, dass wir die Einzigen bleiben würden.«
    »Ist die Methode irgendwo aufgezeichnet worden. Wissen Sie, wie es funktioniert?«
    »Nein. Er hat alles vernichtet.«
    Etwas mit Flügeln prallte gegen ein Fenster und flatterte wieder von dannen. Danach kehrte lange Zeit Stille ein.
    »Ich nehme an, ich sollte Sie beglückwünschen«, sagte Alex schließlich.
    Im Raum blieb es still.
    »Warum?«, fragte ich.
    »Sie haben Dunningers Arbeit ausgelöscht und ihre Nutzung verhindert.«
    »Sie haben sie für sich selbst benutzt.«
    »Nein«, sagte Boland. Seine Stimme klang gleichermaßen kleinlaut wie leidenschaftlich. »Das war nie unsere Absicht.«
    »Aber es ist passiert.«
    White hielt eine Hand hoch, die Finger abwehrend gespreizt. »Es war zu verlockend«, sagte sie. »Wieder jung zu sein. Für immer. Wer hätte da widerstehen können?«
    »Das ist alles, worum es dabei geht, nicht wahr?«, fragte Alex. »Niemand kann Nein sagen. Niemand, außer Mendoza, wie es scheint.«
    Ich wurde langsam ärgerlich. »Du hörst dich an, als würdest du denken, sie hätten irgendwas Tolles getan.«
    Alex ließ sich mit der Antwort Zeit. »Ich bin nicht sicher, dass sie das nicht haben.«
    »Oh, komm schon, Alex. Sie haben Dunninger entführt. Sie sind, zumindest indirekt, für zwei Morde verantwortlich.« Ich drehte mich um und sah sie an. Klassners Augen wichen nie von mir. Boland starrte zum Fenster hinaus und wünschte offenbar, er wäre sonstwo. Whites Blick schien nach innen gerichtet. Urquhart stierte wütend vor sich hin und wartete nur darauf, dass irgendjemand ihn herausforderte. »Sie haben alle selbstgerecht gehandelt«, fuhr ich fort. Allmählich kam ich richtig in Fahrt. »Sie haben sich eine Behandlung gegönnt, die Sie allen anderen verweigert haben. Ich würde sagen, das ist keine schlechte Leistung.« .
    »Wären wir nicht eingeschritten«, sagte Boland, »hätte sich die Bevölkerungszahl auf Rimway im Laufe der letzten sechzig Jahre verdoppelt. Die Erde wäre inzwischen bei über zwanzig Milliarden Menschen angelangt.«
    White kam ihm zu Hilfe: »Obwohl das nicht stimmt. Die Erde hat nicht genug Ressourcen, um eine Bevölkerung von auch nur annähernd dieser Größenordnung zu ernähren. Also wären viele dieser Leute, Millionen von ihnen, gestorben. An Hunger. Oder in Kriegen, die um die natürlichen Ressourcen entbrannt wären. Oder an Krankheiten. Regierungen hätten sich aufgelöst, und die meisten Überlebenden würden in tiefer Not leben.«
    »Das wissen Sie nicht«, gab ich zurück.
    »Natürlich wissen wir das«, widersprach White, um ruhelos fortzufahren: »Die Zahlen erzählen uns die Geschichte. Nahrungsmittelproduktion, sauberes Wasser, sogar Lebensraum. Energie. Medizinische Versorgung. Das alles ist einfach nicht in ausreichender Menge für zwanzig und mehr Milliarden Menschen vorhanden. Genauso würde es auch uns ergehen, wäre die hiesige
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