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Polaris

Polaris

Titel: Polaris
Autoren: Jack McDevitt
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größer, als er auf den Bildern von der Polaris ausgesehen hatte.
    Ich hatte den größten Teil der letzten Wochen damit zugebracht, Ressentiments gegen die Leute zu entwickeln, die versucht hatten, uns umzubringen. Und den größten Teil der letzten paar Tage seit der Begegnung mit Maddy damit, die reale Umkehrung des Alterungsprozesses mental zu verarbeiten. Und hier standen sie. Die legendären Passagiere des mysteriösen Flugs.
    Nancy White war groß und elegant. Distanziert, ganz und gar nicht die Frau, die jeden mit ihren wissenschaftlichen Plaudereien hatte verzaubern können. Ihr Haar, das auf der Polaris braun gewesen war, war nun blond. Gekleidet war sie leger; sie schien sehr bemüht, entspannt und souverän zu wirken.
    Und der Ratsherr Urquhart. Einst einer der sieben machtvollsten Männer des Planeten. Diese Version hatte rotes Haar und war so jung, dass es kaum möglich war, den großen Mann zu erkennen, der sich im Inneren dieses gepflegten jungen Burschen verbarg. Ich konnte wirklich kaum glauben, dass er es war. Er sah aus, als wäre er höchstens zwanzig. Aber die liebenswürdige Miene gehörte dem älteren Mann, dem Beschützer der Schwachen. Dennoch hatte er den größten Teil der Haltung eingebüßt, mit der er während seiner Zeit als Politiker beeindruckt hatte.
    Und Chek Boland. Er hätte ein Anführer sein können. Sein Haar war nicht mehr schwarz, sondern blond, doch seine klassischen Züge und die dunklen Augen ließen keinerlei Zweifel aufkommen.
    Mendoza fehlte.
    Ich konzentrierte mich wieder auf Klassner. »Guten Morgen, Professor«, sagte ich, ohne ihm jedoch die Hand anzubieten.
    Er atmete tief durch. »Ich denke, ich verstehe, was Sie fühlen. Es tut mir Leid.«
    Sie waren es. Keine Frage. In der Blüte ihres Lebens, allem Anschein nach. Jung und stark, wie es die Leute sind, ehe sie die Folgen der Schwerkraft zu spüren bekommen.
    Alex führte sie ins Wohnzimmer, in dem wir mehr Platz hatten. Bitte machen Sie es sich bequem. Die Tür zum Büro ließ ich absichtlich offen. Wir hatten die Vitrine umgestellt, sodass Maddys Jacke sichtbar war. Nicht auffällig drapiert, aber doch so gut erkennbar, dass unsere Besucher sie kaum übersehen konnten. Und Klassner sah sie, nickte, als wäre soeben eine größere Wahrheit offenbart worden, und setzte sich ans Fenster. Er kontrollierte sein Armband. Vermutlich wollte er sich vergewissern, dass wir kein Aufzeichnungssystem aktiviert hatten. Mir fiel auf, dass wir selbst bei diesem höchst außergewöhnlichen Zusammentreffen die üblichen Höflichkeitsregeln beachteten. Können wir jemandem etwas zu trinken anbieten? Haben Sie leicht hergefunden? Sie sehen aus, als säßen Sie ein wenig unbequem. Möchten Sie ein Kissen? (Die letzte Frage hatte Klassner gegolten, der daraufhin leise gelacht und gestanden hatte, dass er sich in der Tat ein wenig unbehaglich fühle, die Möbel jedoch nichts damit zu tun hätten.)
    Sie verzichteten auf Erfrischungen, aber jeder machte es sich mehr oder weniger bequem. Einige Kehlen wurden geräuspert, ein paar Kommentare darüber abgesondert, wie hübsch das Landhaus doch sei.
    »Ich hatte mit einer Person mehr gerechnet«, sagte Alex.
    »Ehe wir dazu kommen«, entgegnete Klassner, »würde ich gern erfahren, wie es um Maddy steht.«
    Ihre Blicke trafen sich. »Sie ist tot«, sagte Alex.
    »Hat sie Sie auf Akila angegriffen?«
    »Der Kang-Außenstation? Ja, das hat sie.«
    »Es tut mir Leid.« Er schluckte. »Es tut uns allen Leid, dass sie das getan hat. Und es tut uns Leid, sie verloren zu haben. Wir hätten es verhindert, wenn wir gekonnt hätten. Den Angriff auf Sie, meine ich.«
    »Warum konnten Sie nicht?«
    »Ich habe mit ihr gesprochen, als sie zu mir gekommen ist. Sie hat mir erzählt, dass Sie den Schlüssel gefunden haben. Ich dachte, wir wären trotzdem sicher, weil ich nicht geglaubt hatte, dass Sie die einzelnen Teile zusammenfügen könnten.« Er lächelte. Müde. Reumütig. »Ich habe Sie unterschätzt.«
    Mir fiel es schwer, mich an ihn zu gewöhnen. Dieses Kind, ein Kind mit einer Haltung, die nicht allein einem reifen Erwachsenen gebührte, sondern vielmehr einem höchst kultivierten Erwachsenen.
    »Warum haben Sie sie nicht aufgehalten?«
    »Wie stellen Sie sich vor, dass ich das hätte tun sollen? Sie war ihr eigener Herr.«
    »Sie haben auch stillgehalten, als sie Taliaferro ermordet hat.«
    Das trug ihm schuldbewusste Blicke von allen Seiten ein. »Wir hatten nicht damit gerechnet, dass sie
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