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Polaris

Polaris

Titel: Polaris
Autoren: Jack McDevitt
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die Lichter der Landefähre ab, was so aussehen sollte, als träfe ich Vorbereitungen, mich an Maddys wachsamen Augen vorbeizuschleichen.
    Mein Gewissen, das ich üblicherweise recht gut unter Kontrolle hatte, erinnerte mich daran, dass ich im Begriff war, Gabe seinem Schicksal zu überlassen. Ich weiß, KIs sind keine empfindungsfähigen Wesen, aber manchmal war es schwer, das zu begreifen. Ich flüsterte einen Abschied, den er nicht hören konnte.
    Als ich die Luke öffnen konnte, schlüpfte ich hinaus, schloss die Tür hinter mir und gesellte mich zu Alex in den Tunnel.
    Ein oder zwei Minuten später hob die Landefähre ab.
    Alex legte seinen Helm an meinen. »Viel Glück«, sagte er mit leiser Stimme, als könnte Maddy uns sogar hier drin, umgeben von all dem Felsgestein und mit ausgeschaltetem Link, noch hören.
    Die Blockade hörte auf. Sie hatte die Fähre entdeckt und glaubte, sie hätte uns gestellt. Halb erwartete ich, dass sie etwas sagen würde, ein letzter Ausdruck des Bedauerns oder vielleicht auch eine höhnische Stichelei. Aber da war nichts.
    Unsere Druckanzüge waren weiß, was nicht gerade eine Tarnfarbe war. Nichtsdestotrotz mussten wir wissen, was passierte, also tastete ich mich vorsichtig an die Außenluke der Luftschleuse heran und riskierte einen Blick. Die Landefähre stieg langsam auf, versuchte, trotz ihrer Fracht aus Steinplatten zu beschleunigen. Ich hoffte, dass Maddy emotional so aufgeladen war, dass ihr nicht auffiel, wie sehr die Maschinen zu kämpfen hatten. Aber die Fähre entfernte sich von der Oberfläche, unterwegs zu einem ungewissen Rendezvous mit der Belle-Marie.
    Eine lange Minute konnte ich die Chesapeake nicht finden. Doch dann passierte sie einen der Monde. Ich war imstande, ihr zu folgen, diesem kleinen Häufchen von Lichtern, das sich durch die Nacht bewegte, einen Bogen beschrieb, tiefer ging und über die kahle Mondlandschaft hinwegglitt.
    Sie kam.
    Alex zupfte an meinem Bein. Was war los? Wir konnten immer noch nicht reden, umso weniger in diesem Augenblick. Ich versuchte, ihm mit den Händen zu signalisieren, dass sie unterwegs war. Dass sie den Köder zu schlucken schien.
    Die Chesapeake kam nahe genug heran, dass ich sie klar erkennen konnte, leuchtend orange in dem schauerlichen Licht. Der Doppelrumpf erinnerte an ein Paar Raketen, die langsam unter den Sternen einherschwebten. Ihre Steuerdüsen feuerten einmal, zweimal, brachten sie in Position, dann korrigierte sie ihren Kurs ein letztes Mal und fing an zu beschleunigen.
    Und los geht’s, dachte ich.
    Aber nein. Sie wurde wieder langsamer.
    Alex’ Helm berührte den meinen. Er war nun neben mir. »Sie denkt darüber nach«, sagte er.
    Wenn sie sich zu lange Zeit ließ, wenn die Fähre die Belle tatsächlich erreichte, waren wir tot.
    Er bleckte die Zähne. »Sieh sie dir an!« Die Chesapeake folgte der Fähre, kam immer noch näher, verzögerte aber auch nach wie vor. »Vielleicht ist sie uns auf die Schliche gekommen.«
    »Sie überlegt, ob sie es hinkriegt, ohne selbst schwer beschädigt zu werden.« Ich öffnete meinen Kanal zur Fähre und sprach ein Wort, versuchte, meine Stimme wie irgendwas anderes klingen zu lassen. Irgendetwas. »Blip«, sagte ich. Dann schaltete ich wieder ab.
    Mit meiner Stimme sagte Gabe: »Wir sind direkt vor dir, du dumme Schlampe. Falls du die Nerven dazu hast.«
    Einige Sekunden lang blieb die Szenerie vollkommen unverändert. Die Fähre kämpfte darum, an Höhe zu gewinnen. Und dann feuerte die Hauptmaschine der Chesapeake, und die Jacht machte einen Satz voraus.
    Maddy wusste, dass sie, würde sie die Fähre zu hart treffen, eine Explosion riskierte. Trotzdem beschleunigte sie weiter, raste über die Distanz von etwa sechshundert Metern und knallte gegen das kleinere Raumfahrzeug, schubste es zur Seite. Aber die Chesapeake prallte förmlich ab. Die Maschinen der Fähre explodierten in einem Feuerball.
    Die Chesapeake trudelte in Richtung Osten.
    Wir kletterten auf die Oberfläche. Alex hielt einen meiner Arme fest, umklammerte ihn gar. »Was meinst du?«, fragte er.
    »Keine Ahnung.«
    Das Sternenschiff verschwand langsam in der Nacht.
    Wir warteten.
    Ein Stern tauchte dort, wo es gewesen war, aus dem Nichts auf. Er dehnte sich aus, brannte eine Minute oder so lichterloh, verblasste und verschwand.

 
SIEBENUNDZWANZIG
     
     
Wir sind alle Durchreisende. Keiner von uns ist noch mehr als ein Besucher, der auf einen Kaffee vorbeischaut und sich einige Minuten unterhält. Und
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