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Platzhirsch: Ein Alpen-Krimi (German Edition)

Platzhirsch: Ein Alpen-Krimi (German Edition)

Titel: Platzhirsch: Ein Alpen-Krimi (German Edition)
Autoren: Nicola Förg
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Bartholomä. Andrea gab die Nachricht an das SEK weiter. Der Einsatzleiter fluchte.
    »Das fehlt uns gerade noch, dass Helga Bartholomä von irgendwoher in den Wald will. Gibt es eine weitere Zufahrt zu dem Gut?«
    »Ich weiß nicht! Keine offizielle zumindest.« Andrea war schon wieder kurz vor dem Heulen.
    »Shit!«
    Kathi fror. Sie hatte Schüttelfrost. Ihre Zähne klapperten. Dabei sollten sie doch nicht klappern, das war so verräterisch. Ihr Arm schmerzte, und das Blut, das ihren Pullover durchdrungen hatte, war dunkelrot. Sie unterdrückte den Impuls, einfach loszurennen. Weg von hier. Sie wusste, dass sie dann verloren war. Der Jäger konnte überall sein.
    Es begann zu dämmern, draußen auf der Lichtung waberten Nebelschwaden über den Boden. Ein Rehbock trat aus dem Wald. Kathi kniff die Augen zu, lange würde sie nichts mehr sehen können. Was, wenn der Jäger ein Nachtsichtgerät hatte? Der Kopf des Rehbocks ruckte auf einmal hoch. Dann sprang das Tier leichtfüßig davon.
    Kathi vernahm Hundegebell, erst weiter weg, dann kam es näher. Konnte sie es riskieren zu rufen? Sie tat es, und es war eine Befreiung. »Hier bin ich. Hilfe!« Dann ging auf einmal alles sehr schnell. Eine Kugel pfiff in den Hochstand und verfehlte Kathi um Haaresbreite. Sie hörte Schreie. Und dann spähte sie auf die Lichtung: Da stand Bartholomä und zielte auf sie. »Ich erschieße das Mädchen, wenn Sie näher rücken!«, rief er. Seine Stimme hallte durch den Wald. Sekunden vergingen. Dann war die Stimme des Einsatzleiters durch ein Megafon zu hören.
    »Hier spricht die Polizei. Wir haben Scharfschützen postiert. Legen Sie die Waffe nieder, Herr Bartholomä.«
    Kathi spähte in das immer fahler werdende Licht hinaus. Die Spezialisten würden schießen, und sie spürte nicht einmal Erleichterung. Plötzlich löste sich eine Gestalt aus dem Schatten und ging auf Bartholomä zu. »Stopp!« Die Gestalt hatte ein Gewehr in der Hand. Die Gestalt war klein und schmal. Die Gestalt war Helga Bartholomä.
    »Leg das Gewehr weg, Bartl! Das hier muss ein Ende nehmen. Jetzt!«
    »Es ist zu Ende, wenn ich das sage. Verschwinde, Helga!«, brüllte Bartholomä.
    Ein Schuss durchschnitt die Stille, Veit Bartholomä schrie auf, fasste sich an die Schulter. Taumelte, ließ das Gewehr fallen. Die kleine Gestalt, die Helga Bartholomä war, ließ ihr Gewehr sinken. Ging auf ihren Mann zu und kniete sich zu ihm.
    Schwarze Männer kamen aus dem Wald gespurtet. Jemand kletterte die Leiter des Hochstands hinauf und stützte Kathi beim Abstieg, ein anderer setzte von unten ihre Füße auf die Sprossen. Unten wartete eine Trage mit weißen Männern. Die Lichtung war plötzlich hell erleuchtet. Kathi hatte auf der Trage den Kopf immer noch zu Helga Bartholomä gedreht, die die ganze Zeit schweigend dagestanden hatte. Irgendwann meinte sie: »Am Ende hat das Leben eben doch kein Einsehen mit uns Schwabenkindern.«

Epilog
    Helga Bartholomä hatte auf ihren eigenen Mann geschossen. Spät, fast zu spät, hatte sie begriffen, dass er Regina getötet hatte. Sie sagte aus, dass sie sich für den Amoklauf ihres Mannes verantwortlich fühle. Dabei hatte er sie nur schützen wollen. Nachdem sie das Tagebuch ihrer Mutter Anna erhalten hatte, war sie zusammengebrochen. Die Tochter einer gewissen Johanna Hosp aus Reutte, die längst verstorben war, hatte es in einer alten Kiste gefunden, die richtigen Zusammenhänge hergestellt und es Helga zukommen lassen.
    Helgas Welt war eingestürzt. So viele Worte von Hieronymus, so viele Gesten von Margarethe konnte sie nun deuten. Hieronymus’ seltsame Zurückhaltung, obgleich sie doch immer so gut zusammengearbeitet hatten, bekam plötzlich einen Sinn. Sie hatte sich immer gesagt, dass sie nicht seines Standes gewesen war, aber genau das war sie gewesen. Zumindest zur Hälfte. So viel hätten sie sich alle durch die Wahrheit ersparen können.
    Eine Wahrheit, die Regina nun ins Licht hatte zerren wollen, aus rein egoistischen Gründen. Sie war den Weg der Konfrontation gegangen, und der war laut und exponierte sie alle. Aber das war nur ihr Weg, nicht zwangsläufig der der andern. Sie hatte kein Einsehen gehabt, und dann hatte Veit einen grausamen Plan ausgeheckt.
    Irmi und Kathi, die inzwischen einen eleganten Schulterverband trug, Andrea, Sailer und Sepp saßen da und tranken Kaffee. Man hätte fast den Eindruck eines netten Kaffeekränzchens haben können.
    »Bartholomä hat wirklich alles so inszeniert, dass es nach
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