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Platzhirsch: Ein Alpen-Krimi (German Edition)

Platzhirsch: Ein Alpen-Krimi (German Edition)

Titel: Platzhirsch: Ein Alpen-Krimi (German Edition)
Autoren: Nicola Förg
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befasst.
    »Frau Reindl? Sind Sie noch dran?«
    »Ja, Verzeihung. Irmi hat also das Buch gelesen, und ihr ist etwas aufgefallen. Sie hat mir auch auf die Mailbox gesprochen, dass sie auf irgendwas Interessantes gestoßen sei. Haben Sie das Buch denn gelesen? Was ist so brisant daran?«
    »Das weiß ich auch nicht. Das Buch ist von einer Anna geschrieben und deckt die Zeit von 1936 bis 1955 ab. Diese Anna stirbt am Ende. Da ist ihre Tochter Helga, die bei einer Vergewaltigung durch ihren früheren Arbeitgeber entstand, schon achtzehn und wird Buchhalterin. Und zwar, soweit ich das verstanden habe, auf dem Gut, das dem Sohn ihres Vergewaltigers gehört. Hilft Ihnen das?«
    »Wie hieß das Gut?«
    »Das hat sie nie gesagt. Es muss irgendwo im Allgäuer Unterland gewesen sein. Aber der junge Herr trug den Namen Hieronymus.«
    Helga und Hieronymus. Zwei Menschen, die Regina so nahe gestanden hatten. Kathi begriff das alles dennoch nicht. »Ich glaube, ich weiß, wo Irmi ist«, sagte sie zögerlich.
    »Ja wo? Ich bin am Brenner. Ich will wissen, wo sie ist! Ist ihr was passiert?«
    »Ich nehme an, sie ist im Walderlebniszentrum hinter Grainau. Wahrscheinlich hat sie kein Netz. Keine Panik. Ich muss weg. Danke.«
    Sie war alarmiert. Wenn alle Annahmen stimmten, warum war Irmi dann auf dem Gut verschollen? Seit Samstag womöglich. So waldig es da auch war, ein Netz hatte es immer gegeben. Kathi wählte die Nummer des Guts. Am anderen Ende erklang Reginas Stimme auf dem Anrufbeantworter: »Wir sind draußen bei den Tieren. Wenn Sie einen Termin vereinbaren wollen, nennen Sie Ihren Namen und Telefonnummer. Wir rufen dann so bald als möglich zurück.« Wieso ließen die Menschen die Stimmen von Toten auf den Anrufbeantwortern zurück? Damit die Toten aus der Unterwelt zu ihnen sprachen?
    Kathi rief Andrea und war deutlich freundlicher. Zumindest bemühte sie sich. »Was weißt du über dieses komische Tagebuch?«
    »Es war in altdeutscher Handschrift geschrieben, deshalb habe ich es übertragen lassen, also, ähm … Ich hab es Irmi gegeben, ich weiß aber nicht, ob sie es gelesen hat. Da kam ja dann die Sache mit diesem Tommy dazwischen, ähm …«
    »Ja, gut. Alles klar. Ich nehm Sailer mal mit.« Kathi rief in den Gang: »Sailer!« Dann wandte sie sich an Andrea. »Du hältst hier die Stellung, und wenn du was hörst, melde dich. Eine Irmi Mangold geht ja nicht einfach so verloren.«
    »Ja.« Andrea sah furchtbar unglücklich aus.
    »Sailer, wir fahren mal ins Waldgut. Ich nehme an, Irmi ist dort.«
    »Und warum kimmt s’ ned retour?«, fragte Sailer.
    »Genau das werden wir herausfinden. Der Elch wird sie schon nicht gefressen haben. Das sind meines Wissens Vegetarier.«
    »Sollen wir ned Verstärkung anfordern? Die Frau Irmengard verzupft sich doch ned oafach so.«
    »Sailer, dafür gibt es sicher eine ganz banale Erklärung. Los jetzt.«
    Sailer war beleidigt, und dass er nun beharrlich schwieg, war Kathi nur recht. Sie war froh, nicht reden zu müssen, denn dann hätte Sailer ihre Unsicherheit bemerkt.
    Auf der Holperstraße entfuhr Sailer dann doch ein »Jessas Maria«, und Kathi fuhr etwas langsamer, damit Sailer nicht am Ende durchs Dach krachen würde.
    Das Gut wirkte verlassen. Kathi sah sich um. Nirgendwo war Irmis Auto zu sehen. Der alte jägergrüne Jimney von Veit Bartholomä stand auf seinem gewohnten Platz, das zweite Auto, ein Allrad-Panda, war ebenfalls außer Sichtweite. Kathi ging ins Seminarhaus, dessen Eingangstür offen stand, aber auch hier war niemand zu sehen. Sailer schlappte hinter ihr her. Aus den Vitrinen blickten die ausgestopften Viecher.
    »Glotzt nicht so blöd!«, schrie Kathi, und Sailer zeigte ihr einen Vogel.
    Kathi fiel ein, dass es auf dem Gut eine Telefonanlage gab, deren Läuten man auch draußen und im Seminarhaus hören konnte. Sie rief noch mal die Festnetznummer an, und das Klingeln war deutlich vernehmbar, so lange, bis der Anrufbeantworter mit einem Klicken ansprang. Doch keiner kam. Robbie war sicher in seiner Werkstatt, und Helga Bartholomä war vielleicht mit dem Auto beim Einkaufen, das war ja nichts Ungewöhnliches an einem Montag.
    »Sailer, Sie bleiben mal hier, falls jemand kommt. Ich geh zu den Elchen runter, bestimmt lungert dieser Bartholomä da rum.«
    »Geben S’ aber Obacht, Fräulein Kathi«, sagte Sailer mit versöhnlicher Stimme.
    »Wie gesagt: Vegetarier.« Diesmal verzieh sie ihm das Fräulein.
    Den Pfad hinunter zu den Elchen kannte Kathi allmählich. Sie
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