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Achtung, Gutmenschen!: Warum sie uns nerven. Womit sie uns quälen. Wie wir sie loswerden.

Achtung, Gutmenschen!: Warum sie uns nerven. Womit sie uns quälen. Wie wir sie loswerden.

Titel: Achtung, Gutmenschen!: Warum sie uns nerven. Womit sie uns quälen. Wie wir sie loswerden.
Autoren: Dietmar Bittrich
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Auf ins Vergnügen!
«Wir müssten uns unserer guten Taten schämen, wenn die Beweggründe ans Licht kämen.»
FRANÇOIS DE LA ROCHEFOUCAULD
     
    «Er war so ein guter Mensch!», beteuerte meine Großmutter, als ihr Ehemann begraben wurde. Die übrigen Verwandten lächelten, denn sie wussten es besser. Doch sie schwiegen. Er konnte nichts Böses mehr tun. Friede war mit ihm.
    Lange Zeit ging das so: Mit dem Tod wurde man zu einem guten Menschen befördert. Jeder Besucher eines Friedhofes konnte sich angesichts der Grabinschriften davon überzeugen, dass der bessere Teil der Menschheit unter der Erde lag. «Willst du gescholten werden, heirate», lautete der klassische Rat. «Willst du gelobt werden, stirb.»
    Das ist nicht mehr nötig. Niemand muss mehr sterben, um Lob zu ernten und ein rundum guter Mensch zu werden. Gut kann jeder bereits zu Lebzeiten werden. Und das, ohne sich anzustrengen! Es reicht schon, wenn einer «Schokokuss» sagt statt «Negerkuss». Damit beweist er seine Abscheu vor jeglicher Diskriminierung. Das ist schon mal eine Großtat. Wenn er dann noch eindringlich vor der Klimaerwärmung warnt, ab und zu die Armut in der Welt anprangert und immer mal wieder die Frage nach den Verantwortlichen stellt, kann nichts mehr schiefgehen.
    Falls jemand noch etwas mehr tun will, aber das grenzt nun schon an Aktionismus, hält er im Fußballstadion gelegentlich eine Rote Karte hoch (gegen Rassismus), steckt in der Fußgängerzone einen Euro in die Greenpeace-Büchse, hinterlässt eine unleserliche Unterschrift auf dem Solidaritätsaufruf und schaltet am Abend für fünf Minuten das Licht aus, womit ein eindrucksvolles Zeichen gesetzt ist gegen Krieg und Energieverschwendung.
    Nun ist dieser Mensch eigentlich schon guter als gut. Er ist ganz offensichtlich für den Frieden, für die Völkerverständigung, für Umwelt, Natur, Kinder, Tiere, Opfer, soziale Gerechtigkeit, für friedliche Konfliktbewältigung und im Zweifelsfall für die berechtigten Anliegen aller Menschen.
    Nie in der Geschichte war es so einfach, auf der richtigen Seite zu stehen und sich unschuldig und gut zu fühlen – und das Böse draußen zu wittern, jenseits des Fernsehers, in den verborgenen Schaltzentralen der Macht, in der Globalisierung, in Amerika, in den multinationalen Konzernen. Es war noch nie so einfach, sich gut zu fühlen – obwohl es gerade wieder ein bisschen schwieriger wird. Denn die Ära Bush ist vorüber. Jammerschade!
    Bereits vor zwanzig Jahren wurde anständigen Menschen das Leben auf einmal schwergemacht, als in Südafrika die Apartheid abgeschafft wurde. Das war ein bitterer Verlust. Plötzlich mussten sie sich nach jemand Neuem umsehen, den sie anklagen und zu Freiheit und Gerechtigkeit auffordern konnten.
    Da kam Kohl. Was für herrliche Zeiten! Alle waren sich einig, dass sie besser waren als Kohl, klüger, schlanker, witziger. Ein Vergleich mit ihm wirkte jederzeit stärkend und aufbauend, zumindest in Deutschland. Und dann kam die Krönung, dann kam Bush! Solange Bush jr. amerikanischer Präsident war, genügte in geselliger Runde ein Hinweis auf ihn, und alle konnten sich einig sein in ihrer heiteren und empörten Überlegenheit. An Intelligenz und außenpolitischer Sensibilität haben ihn alle guten Menschen mühelos überflügelt.
    Als der Irakkrieg begann, schrieb der Autor Paolo Coelho im Hochgefühl seiner moralischen Überlegenheit einen ironischen Dankesbrief: «Danke, Mr.   Bush, dass Sie uns missachten. Danke, dass Sie uns erfahren lassen, wie man sich fühlt, wenn man machtlos ist. Danke, dass Sie uns nicht zugehört und uns nicht ernst genommen haben.» Und so weiter, zwei Seiten lang. Wofür Coelho in Wahrheit dankbar war, erwähnte er mit keinem Wort. Wahrheitsgemäß hätte er schreiben müssen: «Danke, dass Sie es mir ermöglichen, mich als gut und friedliebend zu empfinden!» Denn genau diesen Triumph hatte Bush ihm und allen anderen verschafft. Bush machte alle Erdenbewohner zu Menschen, die sich klug und gut und feinsinnig dünkten. Ein historisches Verdienst.
    Aber jetzt? Was können Gutmenschen nach ihm tun? In Deutschland haben sie immer noch Hitler, an dem sie sich messen können. Dabei schneiden sie im Allgemeinen prächtig ab. Hitler hielt sich ebenfalls für einen guten Menschen, mit ein paar Ecken und Kanten; aber da muss er einen schiefen Blick gehabt haben, während die wirklich guten Menschen alles ziemlich klar sehen. Es bleibt dabei: Im Notfall, wenn alles andere zu
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