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0096 - Wir jagten den U-Bahn-Mörder

0096 - Wir jagten den U-Bahn-Mörder

Titel: 0096 - Wir jagten den U-Bahn-Mörder
Autoren: Wir jagten den U-Bahn-Mörder
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Es war Donnerstag, kurz vor Mitternacht. Am Ticketschalter der IRT-Subway-Station Franklin Avenue verabschiedete sich Grace Shelton von ihrem Verlobten.
    »Also bis morgen, Darling!« sagte sie lächelnd mit ihrer hellen Stimme und betrat leichtfüßig die Rolltreppe, die sie hinunter auf den Bahnsteig beförderte.
    Sie hatten im Odeon-Cinema in der Franklin Avenue einen amüsanten Film mit Liz Taylor und Vic Mature gesehen, und Grace Shelton befand sich noch in heiterer Stimmung, als sie in der Mitte des fast menschenleeren Bahnsteiges entlangschlenderte. Dann stellte sie sich an die Bahnsteigkante und blickte ungeduldig in den dunklen Schacht, aus dem laut Fahnplan jeden Moment die Sub auftauchen mußte.
    Eben war auf dem anderen Bahnsteig ein Zug der Flatbush-Ave.-Linie angekommen. Einige Fahrgäste stiegen um und warteten wie Grace Shelton auf die Bahn in Richtung New Lots Avenue.
    Auf dem Bahnsteig gegenüber gröhlte ein Betrunkener. Sein lautstarker »Gesang« wurde übertönt vom Donnern des einfahrenden Zuges.
    Grace Shelton bestieg den letzten Wagen und kauerte sich in eine Ecke. Die U-Bahn war nur mäßig besetzt, und an jeder Station wurden die Wagen leerer und leerer. Grace Shelton wurde plötzlich müde. Sie schloß die Augen. Sie brauchte nicht zu befürchten,' zu weit zu fahren. Sie wollte bis zur Endstation. Von dort hatte sie es nicht mehr weit bis zu ihrer kleinen, gemütlichen Apartment-Wohnung.
    Grace Shelton war 28 Jahre alt, dunkelhaarig und schlank, fast grazil. Sie war nicht hübsch aber auch nicht häßlich. Seit zwei Jahren war die Stenotypistin mit einem Mechaniker verlobt. In drei Wochen wollten sie heiraten. Sie hatten eisern gespart und sich nur selten einen Kinobesuch geleistet. Grace Shelton lächelte mit geschlossenen Augen, als sie an Tommy, ihren Verlobten, dachte.
    Ihr feines Lächeln erstarb auf ihren Lippen, als eine Hand ihre Schulter berührte. Sie blickte erstaunt auf und gewahrte einen Mann, der sich neben sie auf die Bank gesetzt hatte.
    »So allein, Miß?« fragte er leise. Seine rauhe Stimme erinnerte Grace unwillkürlich an Sandpapier.
    Was will der Kerl von mir, dachte sie ärgerlich. Weshalb muß er sich ausgerechnet neben mich setzen? Im Wagen ist doch genug Platz.
    Für einen ganz kurzen Augenblick mußte Grace Shelton an den U-Bahn-Mörder denken, der seit einigen Monaten Millionen New Yorker in Angst und Schrecken versetzte und die Polizei in Atem hielt. Aber sofort verwarf sie den Gedanken wieder. Im Wagen befanden sich ja noch einige Fahrgäste, und es war bekannt, daß der Mörder nur in solchen Wagen seine scheußlichen Taten verübte, in denen außer dem Opfer niemand anwesend war.
    Schräg gegenüber hockte ein älterer Musiker, der seinen Cellokasten im Arm hielt und ein Notenheft studierte; davor zwei Arbeiter, die von der Spätschicht kamen und sich laut über den bevorstehenden Metallarbeiterstreik unterhielten. Wieder ein paar Bänke weiter saßen zwei Pärchen, die offensichtlich einen Theaterbesuch hinter sich hatten.
    Kein Grund zur Besorgnis also, sagte sich Grace Shelton und sah die Stationen vorbeihuschen.
    Saratoga Ave. — Rockaway Ave. — Junius Street.
    Noch vier Minuten bis zur Endstation, dachte Grace Shelton. Den unbekannten Mann neben sich hatte sie schon wieder fast vergessen. Er hatte kein weiteres Wort an die junge Frau gerichtet, als sie ihm keine Antwort auf seinen plumpen Annäherungsversuch gegeben hatte. Bestimmt hat der Kerl ein bißchen zu tief ins Glas geschaut und hat jetzt den nötigen Mut, Anschluß zu suchen, dachte sie.
    Pennsylvania Avenue.
    Grace Shelton blickte durchs Fenster den Theaterbesuchern nach, die lärmend ausgestiegen waren.
    Weiter donnerte die Bahn durch den pechschwarzen Schacht. Ab und zu tauchten die grünen Signallichter auf und waren blitzschnell wieder verschwunden. Schon war die vorletzte Station erreicht, Van Sielen Avenue.
    Gleich geschafft, frohlockte Grace Shelton. Sie freute sich, bald schlafen zu können. Sie hatte heute im Büro viel zu tun gehabt und war rechtschaffen müde. Sie hatte wieder die Augen geschlossen, und erst als der Zug anruckte, trat es ihr jäh zu Bewußtsein, daß die beiden Arbeiter und der Musiker eben den Wagen verlassen hatten.
    Grace Shelton war mit dem Mann allein, der neben ihr saß.
    Ihr wurde heiß. Da merkte sie, daß der Mann aufstand. Sie öffnete die Augen und blickte in ein verzerrtes Gesicht.
    Sie wollte schreien, aber sie war vor Schreck wie gelähmt. Sie
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