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Platinblondes Dynamit

Platinblondes Dynamit

Titel: Platinblondes Dynamit
Autoren: J Juretzka
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Weg durch das Spalier von Jubelnden bahnte. Überall in der kostbar dekorierten Lobby des Plaza hingen Fotos von ihm und seinem neuesten Werk, ‚Amor Mortis‘.
    Eine weitere Millionenauflage, ein weiterer, sensationeller Erfolg, und doch …
    William Asslick, der Bürgermeister, kam auf ihn zu, schüttelte seine Hand, strahlte ins blendende Blitzlicht dutzender Kameras und nutzte die Gelegenheit für eine kurze Ansprache, in der er die baldige Verleihung der Ehrenbürgerschaftder Stadt New York an Jarvis Chevalier ankündigte, zu überwältigendem Applaus.
    Ein weiterer Mächtiger dieser Welt, begierig, etwas von seinem Glanz abzustauben, eine weitere Ehrung, und doch …
    Jarvis ließ sich an dem großen Schreibtisch nieder, auf den pausenlos neue Stapel seiner Bücher gewuchtet werden mussten, so rasant war ihr Absatz, und augenblicklich stürzten aus allen Richtungen Leserinnen auf ihn zu, noch ehe er überhaupt Zeit gehabt hätte, seinen Füllfederhalter aufzuschrauben.
    Und, natürlich, nicht zu vergessen, eine weitere Hundertschaft von New Yorks Schönsten, bereit, alles zu tun, nur um einen Augenblick, eine Minute, eine selbstvergessene Nacht lang die gleiche Luft wie er atmen zu dürfen. Man hätte also meinen sollen, dass er glücklich war. Und doch …
    Und doch …
    Sicher, sie hatte bekommen, was sie verdiente, und doch …
    Vielleicht, musste er sich eingestehen, vielleicht hatte er Juicie letzten Endes doch mehr als nur körperlich geliebt. Vielleicht, ging ihm auf, war er der Einzige gewesen, dem sie je Einblick in ihr wahres Ich gewährt hatte … So hart und gleichzeitig so verletzlich, gefangen in einem Strudel aus Gier, wie eine ertrinkende Rose aus Stahl …
    Und, scheinbar aus dem Nichts heraus, fiel ein Tropfen hinab auf die erste vollendete Signatur, eine von Hunderten an diesem Tag …
    Ende
    Ein hörbares Schlucken, ein verstohlenes Abtupfen der Augen, ein raues Hochschniefen von Rotz, und Windell sank über der Tastatur zusammen.
    *
    „Eine ‚ertrinkende Rose aus Stahl‘?“ Isadora Schuster hob eine Braue, ihren Blick vom Manuskript und sah Windell über den Rand ihrer Lesebrille hinweg starr an. „Bitte, korrigieren Sie mich, aber habe ich nicht schon des Öfteren mein Missfallen über Ihren Hang zu allzu gewagt kombinierten Metaphern zum Ausdruck gebracht? Von meinen Ansichten zu Ihrer kruden Mischung aus abstoßender Gewalt und mindestens ebenso repulsiven Sentimentalitäten einmal ganz abgesehen?“
    Windell fühlte sich einer argumentativen Auseinandersetzung mit seiner Verlegerin im Moment nicht wirklich gewachsen.
    Er fühlte sich etwas angegangen, regelrecht halbverdaut. Ja, er fühlte sich wie etwas, das ein aasfressender Vogel heruntergeschlungen, in seinem Magen zurück zum Nest transportiert und nun vorhatte, zur Fütterung seiner Jungen wieder hochzuwürgen.
    „Das … das ist Poesie“, versuchte er sich zu verteidigen. „Poesie der Straße“, fügte er lahm hinzu.
    Außerdem plagte ihn der Verdacht, dass der Abdruck derTastatur auf seiner linken Wange noch immer sichtbar war, was ihn zu einer unnatürlich verdrehten Haltung in dem ebenso unbequemen wie niedrigen Sitzmöbel gegenüber Isadora Schusters Schreibtisch zwang.
    „Poesie der Straße! So etwas gibt es nicht.“ Isadora Schuster spie ihre Sätze gern von sich, so wie bestimmteSchlangenarten ihr Gift. „Poesie, wie ich sie verstehe, entspringt dem Geist. Was man dagegen von der Straße aufliest, ist meistens übelriechend, wenn nicht ekelerregend und nur unter Widerwillen und Schwierigkeiten wieder von der Schuhsohle zu entfernen.“
    Abgesehen von ihrer Giftigkeit hatten die Äußerungen seiner Verlegerin auch die unselige Tendenz, eine Fortsetzung der Diskussion nahezu unmöglich zu machen.
    „Ich bräuchte dringend einen Vorschuss“, wechselte Windell deshalb das Thema und schraubte damit in aller Unschuld den Deckel von einer weiteren Flasche Vitriol.
    „Einen Vorschuss ?“ Ein Ruck fuhr durch Isadora Schuster.Wenn es etwas gab, das ihr die kalte Rage ins Gebein trieb, dann war das die Impertinenz mancher Autoren, neben dem Glück, ja, der Gnade, verlegt zu werden, auch noch Geld für ihre meist armseligen Bemühungen zu erwarten.
    Glücklicherweise hatte sie sich in weiser Voraussicht eines solchen Angriffs von der Buchhaltung mit Munition zum Kontern versehen lassen.
    Sie schob ihre Halbgläser ein Stück weit höher für einen besseren Blick auf die vor ihr liegende Akte. Vor allem auf die
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