Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Platinblondes Dynamit

Platinblondes Dynamit

Titel: Platinblondes Dynamit
Autoren: J Juretzka
Vom Netzwerk:
„How much?“ Ohne sein Wissen, ja, ohne es auch nur zu ahnen, trennten Heftromanautor Folkmar Windell noch ganze vier Tage von einem Akt versuchter sexueller Nötigung von und an sich selbst.
    „Nein, Elmo, la-lass mich!“ Doch erstmal war er im Begriff, sich in aller Öffentlichkeit zum Idioten zu machen, und nichts und niemand sollte ihn daran hindern.
    „Ich weiß genau, was ich tue!“ Energisch schob er seinen Freund beiseite und stützte sich wieder auf die Schulter des Rosenverkäufers. Er brauchte den Halt.
    „How-ow much? – For … for the flowers “, fügte er erläuternd hinzu, als ob der fliegende Händler, der als frankophoner Muslim für Windells gelalltes Englisch ungefähr so viel Verständnis aufbrachte wie für seine mächtige Alkoholfahne, sonst noch etwas anzubieten gehabt hätte.
    „Folle, lass uns abhauen.“ Elmo versuchte ihn wegzuziehen, doch Windell widersetzte sich mit der Sturheit des wahrhaft Beseelten.
    Er hatte sich geärgert, das war es. Maßlos. Und wann immer Windell sich maßlos ärgerte, trank er maßlos, und wann immer er maßlos trank, machte er sich anschließend in irgendeiner Form zum Idioten, was ihn im Nachhinein regelmäßig nur noch maßloser ärgerte. Es war ein Teufelskreis, manchmal.
    „Ön Ros, ön Öro“, antwortete der Rosenverkäufer mit einem Akzent, den er ebenso geschmeidig an- und abzuschalten verstand wie sein gewinnendes Lächeln.
    „No, no“, korrigierte ihn Windell, taub für die gallonasale Sprachfärbung. Rosenverkäufer kamen für ihn aus Pakistan, immer schon, und mit denen sprach man am besten Englisch oder aber Pashtun, und Pashtun konnteer nicht. Also. „I mean: How-ow much for the whole bunch?“
    Er hatte sich vor einer Frau blamiert, einer Drogeriemarktkassiererin, deren von der Geschäftsleitung auferzwungene Freundlichkeiten ihm in wahnhafter Verblendung als Signale aufkeimender Leidenschaft erschienen waren, und versuchte nun, maßlos verärgert wie er war, den einen Fehler ausgerechnet durch Wiederholung des exakt gleichen Fehlers zu kompensieren.
    Es braucht eine gewisse Größe, sich selber dermaßen auf dem Silbertablett der Lächerlichkeit zur Schau zu stellen, doch Folkmar Windell besaß sie, in Höhe, Gewicht und Haltung.
    Der Rosenverkäufer errechnete aus der Atemluft einen Schätzwert für den Blutalkohol und damit die Zurechnungsfähigkeit und multiplizierte diesen mit der Zahl, die ihm als erste durch den Kopf geschossen war.
    „Einhundert Euro“, antwortete er akzentbereinigt und schaltete sein Lächeln auf Fernlicht.
    Windell nickte. Er nickte wie jemand, dem in den gesamten neununddreißig Jahren seines irdischen Daseins noch niemals etwas Vernünftigeres zu Ohren gekommen war.
    „Aber das sind doch nie im Leben hundert Rosen!“, protestierte Elmo, nur um vom Verkäufer professionell und von Windell geflissentlich ausgeblendet zu werden.
    Das einzige Problem war, Windells gesamte Barschaft belief sich, auch nach mehrmaliger Durchforstung sämtlicher Taschen von Jacke wie Hose, von denen nicht wenige nun lappig und entleert nach außen hingen, auf exakt achtundsiebzig Euro zehn und keinen Cent mehr.
    „Ha-ast du noch –?“
    „Nein“, antwortete Elmo mit der ihm eigenen Routine beim Abblocken jeglicher Anfrage nach von ihm ausgehendem Zahlungsverkehr. Elmo Jock verzichtete aus privaten Gründen auf eine entlohnte Tätigkeit, damit einhergehend auf ein Einkommen und fand es im Umkehrschluss nur logisch und gerecht, dass der Rest der Welt von ihm keinen Beitrag für ihren Unterhalt erwarten durfte.
    Der Rosenverkäufer aus einer ländlichen Gegend des Maghreb wusste aus Erfahrung, wann es sich lohnt, der Ziege noch ein wenig den Euter zu kneten, und wann nicht.
    Geld und Blumen wechselten die Eigner, Windell vollführte eine flüssige Drehbewegung zur Theke, beugte sich schwungvoll hinüber, leider etwas zu schwungvoll, was ihn dazu zwang, sich mit der Linken im Gläserspülbecken abzustützen, wedelte mit dem Strauß in seiner Rechten und sammelte sich.
    „Komm, lass uns abhauen“, riet Elmo, im Bemühen, das Unausweichliche zu verhindern. „Denk dran, du hast morgen Abgabetermin!“
    Doch Windell hatte nur Augen für die blondgelockte und kurvige Kehrseite von Thekenbedienung Lucy und damit kein Ohr frei für Mitbewohner Elmo.
    „Lucy!“, rief er. „Lu-lucy, komm und nimm diesen Strauß von …“ Einer momentanen Unsicherheit folgend vergewisserte er sich noch einmal rasch der Sorte der von ihm
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher