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Nacktbadestrand

Nacktbadestrand

Titel: Nacktbadestrand
Autoren: Elfriede Vavrik
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1
    Unter meinem Fenster blühten zwei Kirschbäume. Ich hatte Durst. Es war Mittag, und die Sonne hatte durch einen Spalt zwischen den Vorhängen das Zimmer aufgeheizt. Ich trat mit den verschwitzten Füßen die Decke vom Bett. Dann blieb ich einige Zeit lang liegen und sah auf die Zimmerdecke. Der Durst wurde unerträglich. Ich ging im Schlafrock in die Küche. In dem Schlafrock, den ich seit drei oder vier Tagen nicht abgelegt hatte. Ich verzichtete auf Hausschuhe und Brille. Bevor ich den Schrank öffnete, um ein Glas zu finden, sah ich unscharf, wie sich mein Gesicht in der gläsernen Schranktür spiegelte. Mein weißes Haar war zerrauft wie das einer Hexe. Meine Augen verschwammen mit den Wangen zu geröteten Flecken auf einer blassen Fläche. Ich konnte mich nicht ansehen. Es gab nur noch ein sauberes Glas, es war schmal und geschliffen, das schönste, das ich besaß. Ich drehte den Wasserhahn auf. Mein Mund war trocken. Meine Zunge juckte. Das kalte Wasser rann mir über die Finger, das Glas füllte sich. Ich trank es leer, füllte es wieder und ging zur Balkontür im Wohnzimmer. Im Fensterglas sah ich wieder mein Spiegelbild.
    Ich legte zwei Finger zwischen die Lamellen der geschlossenen Jalousie. Draußen saß ein Vogel, sein Gefieder glänzte im Sonnenlicht. Ich schloss die Augen und spreizte die Finger, der Spalt in der Jalousie wurde breiter und wärmer. So stand ich einige Zeit, bis mich die Müdigkeit wieder ins Bett trieb. Im Schlafzimmer schloss ich die Vorhänge ganz. Die Sonne ärgerte mich. Ich hatte seit drei Nächten nicht geschlafen. Niemals hätte ich gedacht,dass nächtliche Schlaflosigkeit zu solcher Müdigkeit tagsüber führt. Nachts ist man zu wach, tagsüber zu müde. Ich fühlte mich nicht wie ein Mensch.
    Etwa eine Stunde lang döste ich vor mich hin. Eine Krähe erschien mir im Traum. Ihr Schnabel war breit. Ich stand im Traum auf dem Balkon, und ich lachte laut. Mein Gesicht verzog sich, meine Nase wurde schief, meine Brust schwoll an. In der Hand hielt ich den gebogenen Griff der Schaufel, die ich sonst zum Aufkehren des Balkons verwendete. Das orangefarbene Plastik fühlte sich rau und angenehm an.
    Ich erwachte wieder. Das Kissen drückte auf meinen Busen. Ich führte die Hand an meine Scham. Den Zeige- und den Mittelfinger spreizen, um die Jalousie zu öffnen, dachte ich, das wäre was. Es war still. Die Stille weckte mich auf. Ich saß auf dem Bett. Ich sah mich wieder im Fensterglas.
    Â»Hexe«, sagte ich zu mir, »Hexe, ja, aber Hexen sitzen nicht auf dem Bettrand und tun nichts! Sondern sie wissen sich zu helfen! Und wie, ist ihnen egal.«
    Ich sprang auf und eilte zur Balkontür. Ich wollte sie öffnen. Der Griff der Schaufel, die draußen am Balkon stand, lockte mich. Aber nein, es war noch Tag. Ich schämte mich, am Tag den Griff abzuschrauben. Ich fühlte die Augen der Nachbarn schon hier in der dunklen Wohnung. Ich schaltete den Fernseher ein, nahm auf dem Sofa Platz. Bunte Bilder wiegten mich in den Halbschlaf.

2
    Es war Abend. Der abgeschraubte Griff der Schaufel schimmerte orange in meiner Rechten. Ich befühlte seine sanft geformten Einwölbungen für die Finger, das Loch an seinem Ende, an dem man die Schaufel an einen Haken hängen konnte. Ich legte mich aufs Bett, umschlang die Decke mit den Schenkeln und führte mir das Ende des Schaufelgriffs ein. Es kam mir vor, als wäre ich schon die drei schlaflosen Tage lang feucht gewesen, als hätte sich über die drei Tage so viel Feuchtigkeit in mir angesammelt wie in einem Küchenschwamm, auf den der Wasserhahn tropft.
    Ich hatte die Vorteile des Schaufelgriffs bereits in den Wintermonaten entdeckt. Zuerst ließ ich die sanften Wellen über meine Schamlippen gleiten. Dann drang ich tiefer ein, drückte gegen die Scheidenwände, drückte gegen den Gebärmuttermund. Schweiß drang mir aus den Poren. Die Decke duftete heftiger. Ich drückte mit der Handfläche der Linken auf die Klitoris. Wie selbsttätig begannen meine Hände zu beben. Mein Kopf warf sich von links nach rechts, die Wangen versuchten, das Kissen zu durchdringen. Meine Lider waren fast krampfhaft zugedrückt, und auf den Innenseiten der Lider ließ ich Bilder ablaufen.
    Ich war wieder im Wald. Dort hinter dem Erziehungsheim, wo ich mit achtzehn zu arbeiten begonnen hatte und vier Jahre geblieben war. Ich ging
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