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Nacktbadestrand

Nacktbadestrand

Titel: Nacktbadestrand
Autoren: Elfriede Vavrik
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den Bach entlang. Um mich dufteten Kiefern. Ich kam zu der mir wohlbekannten Stelle, zu der Lichtung. Ich setze mich auf einen Baumstumpf. Das Holz war kühl, ich erkannte, dass ich nur mit meinem Schlafrock bekleidet war. In meiner Hand fühlte ich ein heißes männliches Glied,dessen Besitzer ich nicht wahrnahm. Ich legte es mir an die Wange, spürte seine Wärme. Da sah ich ein mageres neunzehnjähriges Mädchen in einem roten Rock und einer blauen Bluse im Moos vor mir liegen. Das war ich vor sechzig Jahren.
    Das Mädchen weinte. Ein Jäger beugte sich über ihren Leib, krempelte ihren Rock hoch, schob ihren Unterrock und die Unterhose zur Seite und drückte mit seiner Brust ihren kleinen Busen. Seine Hand lag in ihrem Schamhaar, er zog seine Hose herunter. Sie weinte weiter, und ich sah sie, sah mich selbst. Da war er schon in ihr und bewegte sich immer schneller. Dem Mädchen tat das weh, aber ich saß auf dem Baumstumpf, und ich wusste schon, was zu tun war. Ich fühlte das heiße Glied von selbst in mir wüten, und ich seufzte laut. Der Jäger flüsterte etwas von Liebe, und das Mädchen weinte und umarmte ihn und drückte ihn an sich. Sie schnappte nach Luft, und er vergrub sein Gesicht zwischen ihrer Schulter und ihrem Hals.
    Ich zuckte, und die Decke bebte in meiner Umarmung. Ich atmete tief. Jetzt würde ich schlafen. Aus dem Baumstumpf, auf dem ich auf der Lichtung gesessen hatte, wuchs eine hohe Kiefer. Ich drückte mich an ihren Stamm und an ihre raue Rinde. Das Mädchen, ich vor sechzig Jahren, weinte im Moos. Der Jäger war weggegangen, wahrscheinlich um seine Rehe und Wildschweine zu kontrollieren. Der Unterrock des Mädchens war blutig. Als sie wieder klar denken konnte, blickte sie scheu um sich. Niemand war da. Das beruhigte sie. Sie ging gebückt, teilweise kroch sie auf allen Vieren zum Bach. Sie wusch dort ihren Unterrock. Sie wusch ihre Schenkel. Das Wasser rauschte.
    Ich träumte von Rotkäppchen. Ich war das Rotkäppchen, der Jäger war der Wolf. Ich war die Großmutter, die der Wolf gefressen hat, und der Jäger war der Wolf. Ich war der Wolf, den der Jäger ausgeweidet hat. Und ich war der Jäger, der mich, den Wolf, geöffnet hat. Mit zwei Fingern ließ er, ließ ich das Tageslicht inmich herein. Ich küsste mich selbst. Meine Lippen lagen auf meinem eigenen Spiegelbild. Und meine Lippen lagen auf meinen Schamlippen. Ich hatte die Zähne, Messer, den Korb mit Geschenken. Ich hatte das Gewehr, und ich war es, die schoss.

3
    Ich erwachte um vier Uhr morgens. Ich fühlte mich immerhin ein wenig ausgeschlafen. Ich wusch alles Geschirr in der Küche ab, das sich im Lauf der Tage angesammelt hatte. Dann kochte ich Tee und taute ein paar Croissants auf. Um sechs Uhr war ich geduscht, angekleidet, und meine Zähne waren geputzt. Ich habe trotz meines Alters immer noch meine eigenen. Die Brille hatte ich nach einigem Suchen unter dem Bett gefunden. Der Fernseher lief. Ich saß auf dem Sofa. Der Schaufelgriff grinste mich an und machte mir ein schlechtes Gewissen.
    Â»Warum sollte ich mich schämen?«, fragte ich ihn.
    Â»Alte Schachtel«, antwortete er.
    Â»Ich mag dich auch nicht«, stellte ich fest.
    Â»Aber ich mag dich dafür«, flüsterte er.
    Ich nahm ihn in die Hand und warf ihn weg. Er flog gegen das Fenster, ich erschrak, aber es blieb ganz. Ich sah ins Fernsehprogramm, um festzustellen, was für ein Wochentag gerade war und welches Datum. Es war Dienstag. So konnte es nicht weitergehen. Ich würde mir Schlaftabletten verschreiben lassen.
    Im Telefonbuch suchte ich nach Ärzten in Nachbarorten. Ich wollte nicht bei mir in Laxenburg einen Arzt aufsuchen, dem ich später auf der Straße begegnen könnte, denn ich hatte vor, auch meine kleine Affäre mit dem Plastikgriff zu beichten.
    Ich fand einen gewissen Dr. Mittermeyer aus Wiener Neudorf, der an Dienstagen schon ab acht Uhr morgens praktizierte. Sein Name gefiel mir. Der würde mir bestimmt Valium oder vielleicht sogar etwas Stärkeres verschreiben. Es war halb sieben,also ließ ich mich eine Stunde lang vom Fernseher mit dem Wetterpanorama unterhalten. Um genau halb acht rief ich den Arzt an und vereinbarte einen Termin für halb neun.
    Nachdem ich zur Sicherheit noch einmal die Ordnung meines Haars kontrolliert und Hände und Gesicht eingecremt hatte, machte ich mich auf den Weg. Meine Söhne rieten mir
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