Platinblondes Dynamit

Sonst hätte der Justizminister unser Gesuch um Ihre Entlassung aus dem Polizeidienst sicherlich nicht abgelehnt. So aber können Sie sich freuen. Auf viele weitere, ruhige Jahre in Ihrem fensterlosen Kabuff unter der Erde. Und damit es Ihnen dabei nicht zu langweilig wird, schreiben Sie mir als Erstes diesen Bericht neu. Und zwar so, dass ihn auch ein normaler Mensch versteht. Habe ich mich klar genug ausgedrückt? Meckenheim? … Meckenheim ?!“
    „McIntyme! Komm her, lass dich drücken!“ Keeper Eddy warf sich halb über den Tresen, um den Chief Inspector zu umarmen. „Danke, danke nochmals für den Tipp. Das FBI hat nichts, aber auch gar nichts gefunden.“
    „Ach, hör auf. Diese arroganten Schnösel vom Bureau sind doch nicht imstande ihren eigenen Arsch zu finden, ohne dass ihnen einer vorher eine Karte malt.“
    Gelächter schwappte durch die Olde Cologne Bar. Alle Welt hing nur so an McIntymes Lippen, wann immer er auftauchte.
    „Das Übliche?“, fragte Suzie und spielte an einem Knopf ihrer offenherzigen Bluse herum. „Warme Milch mit Honig?“
    „Willst du mich vergiften, oder willst du mich verarschen?“, entgegnete McIntyme gutmütig zu mehr Gelächter und bekam sein Bier und seinen Bourbon.
    „Übrigens, meine Schicht endet in einer halben Stunde“, ließ Suzie ihn halblaut wissen.
    „Na so ein Zufall! Meine auch!“ Noch mehr Gelächter. Alle Welt wusste, dass der Starermittler der New Yorker Polizei nur arbeitete, wenn es ihm passte. McIntyme lieferte Ergebnisse, keine Berichte.
    Er winkte Suzie ein bisschen näher zu sich heran. Sie gehorchte nur zu gern. „Was hältst du davon, wenn wir beide nachher nach Coney Island übersetzen und es uns ein bisschen gutgehen lassen? Geoff und Mary kommen auch.“
    „Ach, ich weiß nicht“, zierte sich Suzie ein wenig, doch ihre Augen blitzten vor Freude.
    „Und wenn wir in Queens vorbeikommen …“
    „Aber von hier nach Coney Island muss man doch nicht durch Queens!“ Ein bisschen ein Plappermaul, die Suzie, allerdings eins mit Kurven.
    „Und wenn wir in Queens vorbeikommen“, wiederholte McIntyme geduldig, „könnten wir kurz bei Father Franklyn anklingeln, mit dem ich ein paar ziemlich wichtige Dinge zu besprechen habe.“
    „Oh, Evil!“ Suzie dachte an den Brautstrauß, den sie gefangen hatte, und ihr schoss die Röte in die Wangen.
    Doch McIntyme blickte kritisch, schüttelte kurz den Kopf.
    „Die Zeiten von ‚Evil‘ sind vorbei, Suzie. Nenn mich Ellroy, oder, nein, besser noch: Nenn mich Emil.“
    „Emil? Das klingt aber hübsch.“
    „Ja“, meinte McIntyme mit schmalem Grinsen, „das finde ich auch.“

Epilog
    „… and the winner is …“
    „So, jetzt wird es spannend, meine Damen und Herren, denn die Sparte ‚Drehbuch‘ ist eine der wenigen mit deutschen Nominees.“
    „… no, sorry – the winners are … Yes, they are, because there’s two of them …“
    „So, ohne Ihnen die Spannung nehmen zu wollen, aber das macht es eindeutig, denn unter allen Nominierten in dieser Sparte gibt es nur ein Duo, und das, wird Sie freuen zu hören, kommt tatsächlich aus Deutschland.“
    „… the winners of this year’s Academy Award for Best Screenplay are the creative minds behind …“
    „Ja, es war zugegebenermaßen ein bisschen zu erwarten gewesen, haben die beiden doch das Drehbuch geliefert für ‚Platinum Blonde Dynamite‘, einen der erfolgreichsten Filme der letzten Jahre, der übrigens auch bald bei uns in die Kinos kommen wird.“
    „… and so, the Oscar goes to …“
    „Wir alle halten jetzt ein bisschen den Atem an, kennt man doch bisher weder Bilder noch die bürgerlichen Namen von diesem geheimnisumwitterten Autoren-Duo.“
    „… Marika Kilius and Hans-Jurgen Baumler! Applause, Ladies and Gentlemen! And here … here they … ahemm … here they … good Lord … come …“
    Ende

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    Veröffentlicht im Pendragon Verlag
    Günther Butkus, Bielefeld 2012
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    Lektorat: Eike Birck und Vanessa Vogt
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    Satz: Pendragon Verlag auf Macintosh
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    ISBN 978-3-86532-334-7
     
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