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Pizza Letale: Palinskis elfter Fall

Pizza Letale: Palinskis elfter Fall

Titel: Pizza Letale: Palinskis elfter Fall
Autoren: Pierre Emme
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und von der bevorstehenden Heirat wussten – das waren gar nicht so viele –, schwankten zwischen leichtem Erstaunen und großer Verwunderung. Keiner konnte sich so recht erklären, warum Wilma und Mario plötzlich ihre scheinbare Aversion gegen bürgerliche Gewohnheiten aufgegeben hatten und ihre bisherige, nunmehr fast über 27 Jahre funktionierende Partnerschaft legalisieren wollten. Und ehrlich, selbst die beiden ›Verlobten‹ hatten keine überzeugende Erklärung dafür. Ein gutes Zeichen, immerhin schied eine reine Vernunftehe definitiv aus.
    Wilma, seit einem Jahr Bezirksrätin der Grünen in Döbling und seit sechs Wochen Direktorin der AHS in der Währinger Klostergasse, hatte sehr viel um die Ohren. Immerhin hatte die engagierte Lehrerin zusätzlich zu ihrer neuen Aufgabe auch sechs Wochenstunden Französischunterricht übernommen. Bis auf Weiteres zumindest, denn der Kontakt mit den jungen Menschen war ihr ein vordringliches Anliegen.
    Dazu kamen ihre Pflichten als Politikerin, die da waren: Sprechstunden, Teilnahme an Aktionen und Veranstaltungen und derlei mehr. Und jetzt der Wahlkampf.
    Für die Familie blieb da natürlich nicht mehr allzu viel Platz, aber die Kinder waren erwachsen, und Mario hatte ohnehin nie Zeit für sie. Auch früher nie gehabt.
    Und jetzt hatte endlich einmal auch sie kaum Zeit für ihn. Diese Vorstellung ließ sie sich gleich viel besser fühlen. Das war zwar saublöd, aber doch auch eine Form der Emanzipation und Chancengleichheit.
    Komisch, Wilma war während der vielen Jahre mit Mario gelegentlich gefragt worden, warum sie trotz allem oder noch immer bei diesem ›unmöglichen Menschen‹ blieb, wo sie doch nicht einmal mit ihm verheiratet war?
    Sie hatte sich manchmal selbst gewundert, ihrem Leben nicht einfach eine andere Richtung gegeben zu haben. Aber eigentlich war sie nie ernsthaft in Versuchung geraten, sich von Palinski abzuwenden. Warum nicht?
    Da waren zum einen die beiden Kinder, aber da war wesentlich mehr. Irgendwie gefiel ihr dieses komplizierte, etwas chaotische, unorthodoxe, sehr aufregende und nie langweilige Leben mit dem Verrückten. Ihrem ›Fou‹, wie sie ihn insgeheim apostrophierte. Häufig liebevoll, ab und zu auch zornig, nie aber abfällig.
    Bei ihren gelegentlichen Analysen war Wilma zu dem Schluss gekommen, dass sie sich als Ehefrau in den 27 Jahren wahrscheinlich schon mehr als einmal verabschiedet hätte. Aus Gründen der Selbstachtung, die sich aus dieser rechtlichen Position ergab.
    Als ›Geliebte‹, oder was immer sie auch tatsächlich gewesen war, hatte sie einen viel größeren Spielraum gehabt und sich flexibler verhalten können. Für sie stand fest, dass das Geheimnis ihrer glücklichen Ehe in dem Umstand lag, dass es ganz einfach gar keine Ehe gab.
    Ob es aus dieser Erkenntnis heraus sinnvoll war zu heiraten, war zumindest fraglich. Andererseits aber auch eine echte Herausforderung und eine neue Erfahrung. Und ihre Eltern mussten sich endlich nicht mehr wegen ihrer in wilder Ehe lebenden Tochter und zweier unehelicher Enkel genieren.
    Apropos Eltern: Die sollten natürlich auch bei diesem Ereignis dabei sein, aber erst so spät wie möglich davon erfahren. Denn die Frau Primaria in Ruhestand und der emeritierte Professor für Strafrecht und ehemalige Dekan der juridischen Fakultät an der Universität Wien kannten Gott und die Welt und würden keine Ruhe geben, ehe nicht zumindest die Hälfte dieser Bekannten, Freunde und Verwandten zur, wenn auch späten, Hochzeit ihrer kleinen Wilma geladen würden.
    Und das kam weder für Wilma noch für Palinski infrage. Eher würden sie auf das ganze Ritual pfeifen und einfach so einige Tage nach Südtirol fahren.
    Um dieser Gehirnwäsche zu entgehen, hatte Wilma beschlossen, ihre Eltern mit einer List zur standesamtlichen Trauung zu locken. Sie hatte ihnen erzählt, dass Mario am Samstag, den 26. Oktober, dem Staatsfeiertag, um 16 Uhr die Adoption Tinas und Harrys unterschreiben würde. Und dabei dürften doch die geliebten Großeltern auch nicht fehlen.
    Alles in allem war das irgendwie nicht einmal gelogen.
    Am 27., einen Tag nach dem Staatsfeiertag, wollten sie dann nach Südtirol fahren. Die kurze Hochzeitsreise nutzen, um Silvana zu besuchen, die im dritten Monat schwanger war und auf ärztliches Anraten hin nicht nach Wien kommen konnte. Silvana Godaj-Sterzinger war Palinskis große Tochter, von der er erst vor knapp zwei Jahren erfahren hatte.
    Silvana war im Sommer nach der Matura
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