Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zeiteise in Technicolor

Zeiteise in Technicolor

Titel: Zeiteise in Technicolor
Autoren: Harry Harrison
Vom Netzwerk:
 
1
     
    »Weshalb bin ich überhaupt hier? Wie konnte ich mich zu dieser Sache überreden lassen?« L. M. Greenspan stöhnte, als das Abendessen mit seinem Magengeschwür in Berührung kam.
    »L. M., Sie sind hier, weil Sie wie ein umsichtiger, fixer Boß handeln. Oder, anders ausgedrückt, Sie müssen nach jedem vorhandenen Strohhalm greifen, denn die Climactic-Studios gehen sang- und klanglos pleite, wenn nicht schnellstens etwas geschieht.« Barney Hendrickson sog krampfhaft an der Zigarette, die er in den gelbverfärbten Fingern hielt, und starrte blicklos auf die Umgebung, die am Fenster des Rolls-Royce vorbeijagte. »Oder, noch anders ausgedrückt, Sie investieren eine Stunde Ihrer Zeit zur Untersuchung eines Projekts, das die Rettung der Filmgesellschaft bedeuten kann.«
    L. M. wandte seine ganze Aufmerksamkeit dem heiklen Unterfangen zu, eine geschmuggelte Havanna anzuzünden. Er schnippte die Spitze mit seiner goldenen Taschenschere ab, leckte an der Schnittstelle, wedelte mit dem brennenden Streichholz, bis alle Chemikalien verbrannt waren, und ließ dann das schlanke, grünliche Gebilde zu qualmendem Leben erwachen. Der Wagen glitt mit der gewichtigen Eleganz eines hydraulischen Preßkolbens an den Bordstein, und der Chauffeur kam blitzschnell nach hinten und riß die Tür auf. L. M. rührte sich nicht, sondern starrte nur mißtrauisch nach draußen.
    »Eine Bruchbude. Und da drinnen soll es etwas geben, das unser Studio retten könnte?«
    Barney schubste erfolglos die stämmige Gestalt an. »Keine Vorurteile, L. M. Wer hätte schon geahnt, daß ein Betteljunge aus den East-Side-Slums eines Tages der Boß der größten Filmgesellschaft der Welt werden würde?«
    »Werden Sie persönlich?«
    »Keine Abschweifungen«, sagte Barney. »Jetzt gehen wir erst einmal hinein und sehen uns an, was Hewett zu bieten hat. Die Vorurteile können warten.«
    Zögernd gab L. M. dem Schubsen nach und ließ sich über den Weg mit den gesprungenen Platten zur Vordertür des heruntergekommenen Stuckhauses bringen. Barney hielt ihn fest am Arm, als er klingelte. Er mußte noch zweimal die Glocke betätigen, bis die Tür knirschend aufging und ein kleiner Mann sie durch dick geränderte Brillengläser ansah. Der Fremde hatte einen zu großen Kopf und eine Glatze.
    »Professor Hewett«, sagte Barney und schob L. M. vorwärts, »das ist der Mann, von dem ich Ihnen erzählt habe – kein anderer als Mister L. M. Greenspan persönlich, der Boß der Climactic-Studios.«
    »Ja, natürlich, kommen Sie herein …« Der Professor blinzelte hinter den runden Brillengläsern hervor und trat zur Seite, damit sie ins Haus gehen konnten.
    Sobald sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte, ergab sich L. M. seufzend und ließ sich über eine knarrende Treppe ins Kellergeschoß führen. Er blieb abrupt stehen, als er die Reihen von elektrischen Instrumenten sah, dazu die frei hängenden Drähte und summenden Apparate.
    »Was ist das? Sieht aus wie eine verstaubte Kulisse für Frankenstein .«
    »Der Professor wird es Ihnen erklären.« Barney drängte ihn weiter.
    »Das hier ist mein Lebenswerk«, sagte Hewett und deutete in die ungefähre Richtung der Toilette.
    »Lebenswerk?«
    »Er meint die Maschinen und Apparate.«
    Professor Hewett hörte ihnen nicht zu; er war eifrig dabei, ein paar Knöpfe an einer Instrumententafel zu verstellen. Ein leises Summen wurde immer höher und schriller, und von einer drohend aufragenden Maschine sprühten Funken.
    »Da!« sagte er und streckte dramatisch den Finger aus – diesmal stimmte die Richtung. Sie sahen eine dicke Metallplattform, die auf massigen Isolatoren ruhte. »Das ist das Herz des Vremeatrons. Hier findet die Verschiebung statt. Ich versuche gar nicht, Ihnen die mathematischen Dinge zu erklären oder die komplizierten Einzelheiten der Maschine aufzuzeigen. Sie würden sie vermutlich nicht verstehen. Ich bin der Meinung, daß eine Vorführung des Vremeatrons am vernünftigsten wäre.« Er bückte sich, kramte etwas unter einem Tisch hervor und stellte dann eine verstaubte Bierflasche auf die Plattform.
    »Was ist ein Vremeatron?« fragte L. M. mißtrauisch.
    »Das hier. Ich werde es gleich vorführen. Ich habe einen einfachen Gegenstand in das Feld gebracht, das ich nun aktiviere. Sehen Sie genau zu.«
    Hewett drückte auf einen Schalter, und Elektrizität sprühte von dem Transformator in der Ecke aus. Das Knistern wurde zu einem Kreischen, Röhren glühten auf, und es roch scharf nach
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher