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Pizza Letale: Palinskis elfter Fall

Pizza Letale: Palinskis elfter Fall

Titel: Pizza Letale: Palinskis elfter Fall
Autoren: Pierre Emme
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1.
    Montag, 21. Oktober

     
    Palinski liebte es, im Kaffeehaus zu frühstücken. Für ihn war die erste Mahlzeit des Tages gleichzeitig die wichtigste. Den ganzen Tag noch vor sich zu haben und damit zwangsläufig auch mehr körperliche Betätigung als mittags oder gar abends, gab ihm und seinem Übergewicht das angenehm trügerische Gefühl, beim Frühstück schlemmen zu dürfen. In Maßen natürlich.
    Die alte Regel ›Am Morgen iss wie ein Fürst, zu Mittag wie ein Bürger und am Abend wie ein Bettler‹ hatte schon was für sich. Auch aus finanzieller Sicht, denn fürstlich zu schmausen war am Morgen deutlich kostengünstiger zu bewerkstelligen als zu jeder anderen Tageszeit.
    Nach der erzwungenen Abstinenz durch den Schlaf sprach das Frühstück mit seinen einfachen, aber überwältigenden Reizen alle Sinne an: Allein das frische, knusprige Gebäck mit seinem einzigartigen Geruch, das einen als Semmerl, Kümmelweckerl, Mohnstriezerl oder Kornspitz aus dem Körberl anlachte, verhieß Palinski in der Früh immer wieder das Paradies.
    Dazu zwei Eier im Glas, wachsweich versteht sich natürlich, und zwei, drei Scheiben Schinken, etwas Käse vielleicht. Und Butter, natürlich frische Butter.
    Die Butter im Kaiser war übrigens eine Sensation. Nicht die Butter schlechthin, sondern die Butter, die es zum Frühstück gab. Das war nämlich keine normale Teebutter in einer dieser 12,5-Gramm-Packungen mit Ablaufdatum.
    Nein, was einem da auf einem eigenen kleinen Teller kredenzt wurde, war echte Bauernbutter aus 1.200 Metern Seehöhe irgendwo im Salzburgischen. Aus der Milch von Kühen, die sich ausschließlich mit dem hervorragenden Gras der Almwiesen diverser herrlicher Gaue ernährten. Also einfach köstlich.
    Dieser Traum von einem tierischen Speisefett, eine veritable Cholesterinbombe, wurde einmal in der Woche frisch angeliefert, hatte ihm Sonja einmal verraten, und war zum Verkochen natürlich viel zu schade. Und vermutlich auch zu teuer.
    Wirklich, für jemanden, der ein gutes Frühstück zu schätzen wusste, war das Kaiser schon einen Umweg wert. Und mit 8,10 Euro, Kaffee oder Tee nach Wahl und einem kleinen Glas frisch gepressten Orangensaft inklusive, durchaus auch wohlfeil.
    Am Tisch neben Palinski hatte ein Paar Platz genommen, dem trotz der frühen Stunde der Sinn nicht nach Frühstück zu stehen schien. Ungeachtet Kellnerin Sonjas
sirenenhaften Bemühungen, den beiden das ›Kaiser Spezial‹, das ›Große‹ oder zumindest das ›Kleine Wiener Frühstück‹ schmackhaft zu machen, blieben die Ignoranten standhaft bei ihren lächerlichen zwei kleinen Braunen. Was dachten sich diese Menschen bloß?
    Kurz darauf sollte Palinski diese sich selbst gestellte rhetorische Frage bitter bereuen, denn so genau hatte er das gar nicht wissen wollen. Aber eins nach dem anderen.
    Während Palinski sich jetzt in die aktuellen Tageszeitungen vertiefte, hatte das Paar am Nebentisch doch noch Hunger bekommen. Die junge Frau bestellte eine Torte, der Mann eine Semmel und eine Portion Butter.
    Dann setzten sie ihr Gespräch bisher belanglosen Inhalts in der gewohnten, ganz normalen Lautstärke fort. Einer Lautstärke, die es Palinski unmöglich machte, auch nur ein einziges Wort nicht zu verstehen. Sosehr er sich auch hinter seiner Zeitung verkriechen wollte, er war zum Zuhören verdammt.
    Das war zunächst eher lästiger als sonst etwas.
    »Soll ich dir das Semmerl schmieren?«, bot die Frau, die sich Lou rufen ließ, dem Mann an, der auf Simmi hörte. Was immer das auch bedeuten mochte.
    Das Besondere war aber, wie Lou das gesagt hatte. So eindeutig vielsagend, dass man durchaus auf falsche Gedanken kommen konnte.
    Simmi nickte nur, und Lou schmierte. Und wie. Palinski riskierte einen verstohlenen Blick und wurde Zeuge einer der sinnlichsten Buttersemmelproduktionen, die je in einem Wiener Kaffeehaus stattgefunden hatten.
    »Weißt du, was ich jetzt am liebsten möchte?«, wollte der Mann dann auch nicht zurückstehen, während er lustvoll an der liebevoll gebutterten Gebäckhälfte kaute. Er wartete gar nicht erst Lous Reaktion ab, sondern fuhr ungefragt fort: »Ich möchte dich am liebsten auf den Tisch legen, gleich hier, und dir das Gewand vom Körper reißen, n’est-ce pas? Und dann möchte ich dich küssen, überall küssen, aus deiner Quelle schlürfen und dann in dir versinken, n’est-ce pas?«
    Um ehrlich zu sein, Simmi hatte das realistischer, krass derber formuliert. Eher in der Art, wie man mit einer Portion
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