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Der digitale Daemon

Der digitale Daemon

Titel: Der digitale Daemon
Autoren: Ralph Haupter
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Vorwort
    Während andere Länder schon längst die Chancen nutzen, ist man in Deutschland noch bei der Risikoprüfung. Diese Betrachtung der Technikakzeptanz hierzulande mag recht pauschal klingen – ganz falsch ist sie nicht, wie die Schlagzeile »Datenschützer verbieten Facebook-Fanseiten« aus dem vergangenen Jahr zeigt. Das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz (ULD) hatte die Datenschutzeinstellungen des sozialen Netzwerks »auf Herz und Nieren« geprüft und kam zu dem Schluss, dass diese »gegen das Telemediengesetz (TMG), gegen das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) bzw. das Landesdatenschutzgesetz Schleswig-Holstein (LDSG SH)« verstoßen. Bußgelder in Höhe von bis zu 50.000 Euro könnten bald für die Verwendung spezieller Facebook-Dienste anfallen. Betroffen: alle Webseitenbetreiber in Schleswig-Holstein – sowohl Privatpersonen wie auch Behörden oder Unternehmen –, die auf ihrer Internetseite über einen »Gefällt mir«-Button oder eine Fanpage bei Facebook verfügen.
    Kurz gesagt: In Deutschland wird bei der Einführung neuer Technologien etwas intensiver geprüft und heftiger gestritten als anderswo: Kaum ist ein neuer Online-Service, ein neues soziales Netzwerk oder eine neue Web-Anwendung verfügbar, ruft dies Datenschützer, Web-Aktivisten und Soziologen gleichermaßen auf den Plan, die über Schutz von Identitäten, um die Freiheit des Netzes oder gesellschaftsverändernde Kulturtechniken streiten.
    Um es klar zu sagen: Dass die digitale Debatte in Deutschland derart breit und intensiv geführt wird, ist gut und richtig. Denn wie keine zweite Technologie verändern Computer und Internet unser Leben und Arbeiten radikal und werfen – bei allen Chancen und Potenzialen – neue soziale und regulatorische Fragen auf. Fragen, auf die die Gesellschaft Antworten erwartet. Eine intensive Auseinandersetzung mit diesen Fragen verhindert, dass voreilig Tatsachen geschaffen werden, und ermöglicht es, eine breite Akzeptanz neuer Technologien herzustellen.
    Nehmen wir das Beispiel Cloud Computing: Ohne Zweifel stellt diese Technologie das für die nächsten Jahre entscheidende Innovationsfeld der globalen Wirtschaft dar. Sie ermöglicht effizientere Unternehmensstrukturen, aber auch die Entwicklung revolutionärer Geschäftsmodelle und den Eintritt neuer Marktakteure. Die Bedeutung der Technologie geht jedoch weit über den rein wirtschaftlichen Aspekt hinaus: Cloud Computing ist der Schlüssel zur Lösung vieler gesellschaftspolitischer Herausforderungen: vom demografischen Wandel, dem Gesundheitswesen bis hin zu einer stärkeren Beteiligung der Bürger an politischen Prozessen.
    So helfen IT-Technologien Verwaltungen und Parlamenten dabei, zunehmenden Forderungen der Bürger nach mehr Transparenz und größeren Beteiligungsmöglichkeiten nachzukommen: Das Land Hessen beispielsweise bindet die Bevölkerung bei der geplanten Nutzung von Windenergie ein, stellt online sämtliche Dokumente zur Verfügung und ermöglicht es den Bürgern, über eine Internetplattform unmittelbar eine Stellungnahme abzugeben. Auf diese Weise kann dazu beigetragen werden, Blockaden und Widerstände bei Projekten dieser Größe leichter zu überwinden.
    Es ließen sich noch viele weitere Beispiele aus den Bereichen Bildung, Verkehr, aber auch Katastrophenschutz und Umweltschutz aufzählen: Die stärkere Nutzung erneuerbarer Energien ist ohne IT-gestützte, intelligente Stromnetze nicht denkbar. Telematiksysteme machen unseren Verkehr künftig sicherer und umweltgerechter. Internettechnologien helfen im Gesundheitswesen, etwa durch Ferndiagnosen per Internet, die Behandlungsqualität zu steigern und die Behandlungskosten zu senken.
    Gerade aus den genannten Gründen steht aber auch fest: Die Zukunft unserer ganzen Gesellschaft hängt davon ab, ob und wie wir die digitalen Technologien als zentralen Standortfaktor begreifen und zu handhaben lernen. Dies setzt allerdings ein Grundvertrauen der Bürger in diese Technologien voraus. Als vor kurzem das neue Meldegesetz beschlossen wurde, das eine Weitergabe von Personen­daten der Behörden an Unternehmen erlaubt, ging ein Aufschrei durch die Medien. Im Raum stand nicht nur der Vorwurf, dass der Staat auf diese Weise zum »kommerziellen Adresshändler« werde. Stein des Anstoßes war vor allem, dass sämtliche Fraktionen bekannten, sich nicht ausreichend mit dem Gesetzesentwurf und dessen Folgen auseinandergesetzt zu haben – und nur eine beschämend kleine Zahl von
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