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Pizza Letale: Palinskis elfter Fall

Pizza Letale: Palinskis elfter Fall

Titel: Pizza Letale: Palinskis elfter Fall
Autoren: Pierre Emme
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Eiscreme auf einem Stanitzel spräche, falls man überhaupt auf so eine verrückte Idee käme.
    Erstaunlicherweise hatte er seinen Liebesbeweis auch nicht etwa geflüstert, nein. Vielmehr hatte er ihn einfach festgestellt, und das in einem absolut honorigen, unaufgeregten Plauderton, in bestem Hochdeutsch und normaler Lautstärke. Und gelegentlich mit einem Touch français, n’est-ce pas?
    Bei dem Paar handelte es sich also offenbar nicht, wie man zunächst anzunehmen versucht war, um Halbseidene vom Strich. Nein, der Schein sprach vielmehr für ein völlig ungezwungenes, natürliches Verhalten, das leicht als völlige Amoral in Verbindung mit einem gewissen Hang zum Voyeurismus angesehen werden konnte.
    Lou fand Simmis Vision offenbar angenehm und schmeichelhaft. »Du meinst, so wie gestern Nachmittag«, gurrte sie und lächelte.
    Palinski war nicht prüde, aber auch kein Freund audio-exhibitionistischer Schaustellung. Daher versuchte
er krampfhaft, sich hinter der aktuellen Ausgabe der Wiener Zeiten zu verbarrikadieren. Aber vergebens.
    Gegen die liebevollen, ziemlich ins Detail gehenden Beschreibungen strategisch wichtiger Punkte auf Lous Landkarte, dem, was Simmi gerade damit anstellen wollte, und Lous daraufhin einsetzendes Gekicher, hätte nur ein veritabler Hörsturz geholfen. Auf einen solchen zu hoffen, das war Palinski die Geschichte aber auch wieder nicht wert.
    So versuchte er halt, sich irgendwo zwischen der Kulturseite und den Kommentaren zu verkriechen, und hoffte, dass die akustische Peepshow bald zu Ende ging.
    »… bitte so freundlich sein, mir das Salz zu borgen?«
    Halt, was war das gewesen? Vorsichtig kam Palinski hinter den aktuellen Börsennotierungen hervor und lugte zum Nachbartisch. Hatten diese Menschen gar mit ihm gesprochen?
    Tatsächlich, Lou mit der nach Aussagen ihres Gegenübers herrlichsten Muschi aller westlichen, das heißt, aller Frauen überhaupt – woher konnte der Kerl das eigentlich wissen? –, hatte zu ihm gesprochen. Er wollte gerade automatisch zum Salzstreuer greifen, um der sehr höflich vorgetragenen Bitte zu entsprechen, als ihm der rettende Gedanke kam.
    »Hm? Haben Sie etwas zu mir gesagt?«, meinte er zu der jungen Frau. »Sie müssen etwas lauter reden, ich höre schon ein wenig schlecht.« Ob sie ihm, dem 47-Jährigen, das glauben würde? Der noch dazu kein Jahr älter aussah als vielleicht …, aber höchstens …, na, lassen wir das besser.
    Wie auch immer, er fühlte sich gleich wohler.
    »Könnten Sie so nett sein und mir Ihren Salzstreuer borgen?«, wiederholte Lou freundlich und in einer Lautstärke, die auch die Gäste am anderen Ende des Cafés aufschauen ließ.
    Natürlich hatte sie den Salzstreuer auf Palinskis Tisch und nicht seinen gemeint, fuhr es ihm durch den Kopf, als er nach dem guten Stück griff und ihn der jungen Frau reichte.
    »Hier«, sprach er mit leicht brüchiger Stimme, »und behalten Sie ihn ruhig, ich brauche ihn nicht mehr.«
    Lou bedankte sich freundlich, und auch Simmi lächelte, die beiden waren wirklich sympathisch, dachte Palinski, während er wieder verschwand, diesmal hinter der Innenpolitik.
    Er hatte die Gelegenheit wahrgenommen, sich das Paar kurz etwas näher anzusehen. Der Mann Durchschnitt, auf den ersten Blick nichts Besonderes. Aber Lou schien es besser zu wissen.
    Und dann die junge Frau. Keine Schönheit, bei Weitem nicht. Aber sinnlich, sehr sinnlich sogar. Dieser etwas mollige südländische Typ, breite Hüften, schwere Brüste, schwarze Sch…, äh, Haare, der relativ früh alt und fett wurde und dann gluckenhaft über der Familie brütete. Eine Matronella eben.
    Beide wirkten irgendwie ein wenig gewöhnlich, wobei die relativ kultivierte Sprache und der angenehme Plauderton im krassen Widerspruch zum äußeren Erscheinungsbild standen.
    Palinski war verwirrt und schloss kurz die Augen. Um sie sofort wieder groß aufzureißen. Denn er hatte Lou und ihre Quelle eben splitternackt vor seinem geistigen Auge gesehen und kurz so etwas wie Verlangen danach verspürt.
    Er fühlte sich ertappt. Und das einige Tage vor seiner standesamtlichen Trauung.
    Ja, tatsächlich, Wilma und Mario würden endlich heiraten. Nach 27 Jahren und zwei inzwischen erwachsenen Kindern wusste eigentlich kein Mensch, warum, aber es sollte so sein. Dass er bereits vor der Heirat begann, in Gedanken fremde nackte Frauen zu sehen, gab ihm allerdings zu denken.
    Obwohl, Lou war ja eigentlich keine fremde Frau mehr. Im landläufigen Sinne
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