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Pilger Des Hasses

Pilger Des Hasses

Titel: Pilger Des Hasses
Autoren: Ellis Peters
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»Nein, Ehrwürdiger Vater. Ich bitte um Absolution, weil ich den Schwur überhaupt tat. Auch im Kummer liegt manchmal Überheblichkeit.«
    »Dann habt Ihr begriffen, mein Sohn, daß Sühne allein die Angelegenheit Gottes ist?«
    »Mehr als das, Vater«, entgegnete Luc. »Ich habe gelernt, daß die Sühne bei Gott in guten Händen ist. Wie groß auch die Verzögerung sein mag und auf welch seltsamem Wege sie kommt; es ist gewiß, daß nichts ungesühnt bleibt.«
    Und als es getan war, als er mit gefaßter Stimme und langen, nachdenklichen Pausen jeden Funken von Rachsucht, Bitterkeit und Ungeduld, der noch an ihm nagte, aus seinem Herzen verbannt hatte, stand er mit einem gewaltigen Seufzer auf und hob sein geklärtes, erleichtertes und entschlossenes Gesicht.
    »Und nun, Ehrwürdiger Vater, wenn ich Euch um eine letzte Gunst bitten darf, möchte ich den Wunsch äußern, daß Eure Priester mich mit einer Frau verbinden, bevor ich aufbreche.
    Hier, wo ich gereinigt und erneuert wurde, sollen auch meine Liebe und mein Leben beginnen.«

16. Kapitel
    Am nächsten Morgen, es war der vierundzwanzigste Tag im Juni, begann die Abreise mit einiger Unruhe. Was man besaß, wurde eingepackt, Lebensmittel und Getränke wurden für die Reise eingekauft und verstaut, man nahm von neuen Freunden Abschied und fand sich zu Reisegesellschaften zusammen.
    Zweifellos wußte die Heilige ihren guten Ruf zu wahren und würde dafür sorgen, daß die Junisonne strahlte, bis ihre Anbeter sicher daheim waren und eine wundersame Geschichte erzählen konnten. Die meisten wußten zwar nur die Hälfte, aber auch die war schon wunderbar genug.
    Unter den ersten, die sich auf den Weg machten, war Bruder Adam aus Reading, der gemächlich aufbrach. Er würde heute nicht weiter als bis zum Tochterhaus von Reading in Leominster reisen, wo Briefe auf ihn warteten, die er seinem Abt mitbringen sollte. Er ging mit einer prallen Tasche voller Samen von Sorten, die es in seinem Garten noch nicht gab, und er grübelte mit seinem geschulten Verstand über die Wunderheilung, deren Zeuge er geworden war, und beleuchtete die Angelegenheit aus jedem theologischen Blickwinkel, um ihre volle Bedeutung zu ergründen, bis er in sein Kloster zurückkehrte. Es war ein höchst lehrreiches und erbauliches Fest gewesen.
    »Ich wollte eigentlich heute nach Hause aufbrechen«, sagte Frau Weaver zu ihren neuen Freundinnen, zu Frau Glover und der Apothekerswitwe, mit denen sie während dieser denkwürdigen Tage eine starke mütterliche Allianz gebildet hatte, »aber nun ist soviel Betrieb, und ich weiß kaum, ob ich wache oder schlafe. Ich muß noch ein oder zwei Nächte bleiben. Wer hätte schon gedacht, daß so etwas herauskommen würde? Ich habe damals nur zu meinem Jungen gesagt, daß wir herkommen und unsere Gebete für die Heilige sprechen wollten und darauf vertrauen, daß sie uns hörte. Nun scheint es, als würde ich die beiden Kinder meiner armen Sc hwester verlieren; Rhun, Gott segne ihn, will unbedingt hierbleiben und die Kutte anlegen, denn er hat die Absicht, das gesegnete Mädchen, das ihn heilte, nie wieder zu verlassen. Und wirklich, es verwundert mich nicht, und ich will ihm auch keine Steine in den Weg legen, denn er ist viel zu gut für die böse Welt da draußen! Und nun kommt noch der junge Matthew - ach nein, wir müssen ihn wohl jetzt Luc nennen. Er ist von guter Abstammung, wenn auch aus einem armen, landlosen Seitenzweig der Familie, aber er wird schon beizeiten das eine oder andere Landgut bekommen, weil sich doch seine liebe Verwandte so um ihn kümmert...«
    »Nun, und Ihr habt Euch um den Jungen und das Mädchen gekümmert«, warf die Apothekerswitwe freundlich ein, »und ihnen ein Dach über dem Kopf und ein Heim gegeben. Es ist nur gerecht, daß es so kommt.«
    »Nun ja, Matthew, ich meine Luc, kam zu mir und bat mich um die Hand meines Mädchens, das war gestern abend, und als ich ehrlich antwortete, denn ich bin immer ehrlich, daß meine Melangell nur eine bescheidene Mitgift bekommt, obwohl ich ihr gebe, was ich entbehren kann, was sagte er da? Er meinte, daß er im Augenblick selbst keinen Heller besäße, sondern sogar die Großzügigkeit des jungen Herrn bemühen mußte, der ihn gesucht und gefunden hat; aber in Zukunft würde er gewiß etwas mehr Glück haben, und wenn nicht, dann hätte er immer noch zwei gesunde Hände und den festen Willen, für zwei den Lebensunterhalt zu verdienen. Vorausgesetzt, die zweite wäre mein Mädchen,
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