Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Pilger Des Hasses

Pilger Des Hasses

Titel: Pilger Des Hasses
Autoren: Ellis Peters
Vom Netzwerk:
meinte er, denn außer ihr gäbe es keine andere für ihn. Nun, was sollte ich da sagen? Ich sagte, Gott segne euch beide, und ich will bleiben, bis ihr verheiratet seid.«
    »Es ist die Pflicht einer Frau«, sagte Frau Glover munter, »dafür zu sorgen, daß alles mit rechten Dingen zugeht, wenn sie einem jungen Mann ihr Mädchen zur Frau gibt. Aber Ihr werdet die beiden natürlich vermissen.«
    »Allerdings«, stimmte Frau Alice zu, während sie ein paar Tränen vergoß. Sie weinte eher aus Stolz und Freude als aus Kummer, denn der Junge war nun fast selbst ein Heiliger, und das Mädchen würde bald verheiratet sein, so daß die beiden mit allem Segen und ruhigem Gewissen auf ihre neuen Lebenswege entlassen werden konnten. »Das werde ich! Aber sie nun beide dort zu sehen, wo sie sein wollen... und sie sind gute Kinder. Es wird mir schwerfallen, daß sie nicht bei mir sein werden, wenn ich sie einmal brauche, wie sie mich gebraucht haben.«
    »Und sie werden morgen hier im Kloster heiraten?« fragte die Apothekerswitwe, die anscheinend überlegte, ob sie ihre Abreise nicht auch noch einen Tag hinausschieben konnte.
    »Ganz recht, morgen früh vor dem Hochamt. Nun, dann muß ich wohl allein nach Hause reisen«, sagte Frau Alice, indem sie noch eine oder zwei stolze Tränen vergoß und den Abglanz des Ruhmes mit Anmut trug. »Aber übermorgen bricht eine größere Reisegruppe in den Süden auf. Ich werde mich ihr anschließen.«
    »Ihr habt Eure Pflicht getan, meine Liebe«, erwiderte Frau Glover, während sie ihre Freundin in die dicken Arme schloß.
    »Wirklich, Ihr habt sie gut getan!«
    Sie wurden von Bruder Paul in der Marienkapelle getraut.
    Bruder Paul war nicht nur Novizenmeister, sondern auch Beichtvater, und hatte Rhun bereits unter seine Fittiche genommen und begonnen, ein väterliches Interesse an ihm zu entwickeln, so daß er nur zu gern bereit war, seine Zuneigung zu dem Jungen auch auf die Schwester auszudehnen. Außer der Familie und den Trauzeugen nahm niemand an der Trauung teil, und das Brautpaar trug nicht einmal Festkleidung, weil sie beide keine besaßen. Luc trug den bequemen braunen Umhang und die Hose, in denen er draußen in den Feldern geschlafen hatte, und sein gewohntes verknittertes Hemd, das er allerdings gewaschen und geglättet hatte. Melangell war in ihrem selbstgewirkten, einfachen Kleid schön anzusehen. Sie hatte sich das dunkelgoldene Haar zu Zöpfen geflochten und trug es stolz als Krone auf dem Kopf. Beide waren bleich wie Lilien, strahlend wie Sterne und ernst wie das Grab.
    Nach all den bedeutenden und bewegenden Ereignissen mußte das Alltagsleben doch weitergehen. Cadfael machte sich am Nachmittag recht zufrieden an die Arbeit. Das Gras auf der Wiese schoß ins Kraut, außerdem stand die Ernte unmittelbar bevor, und so mußte er sich auf zwei jahreszeitlich bedingte Krankheiten vorbereiten, mit denen in jedem Jahr zu rechnen war. Einige Menschen bekamen Ausschläge auf den Händen, wenn sie bei der Ernte halfen, andere begannen zu schniefen, zu schnaufen und zu niesen, und die Augen begannen zu tränen. Sie alle brauchten Lotionen zur Linderung.
    Er zerquetschte gerade frische Sauerampfer-und Alraunenblätter mit einem Mörser, um ein Linderungsmittel zuzubereiten, als er leichte, weit ausgreifende Schritte auf dem Kiesweg näherkommen hörte. Dann trat eine Gestalt in die weit geöffnete Tür der Hütte und blieb zögernd stehen. Cadfael wandte sich zur Tür um, den Mörser vor der Brust und den grünfleckigen hölzernen Stößel in der Hand, und sah Olivier dort stehen. Der hochgewachsene junge Mann mußte sich bücken, um nicht gegen die herabhängenden Kräuterbüschel zu stoßen. Er fragte mit der sanften, zuversichtlichen Stimme eines Menschen, der die Antwort schon kennt: »Darf ich hereinkommen?«
    Er war bereits in der Hütte und sah sich mit der unverhohlenen Neugierde eines Jungen lächelnd um, denn er war noch nie hier gewesen. »Ich weiß, ich habe mir viel Zeit gelassen, aber da bis zu Lucs Heirat noch zwei Tage Zeit blieben, wollte ich zuerst meinen Auftrag beim Sheriff von Stafford erledigen, da ich schon in der Nähe war, und dann zurückkommen. Ich kam gerade rechtzeitig zur Trauung zurück; ich hatte erwartet, Euch dort zu finden.«
    »Ich wäre gern dabei gewesen, aber ich wurde nach St. Giles gerufen. Ein armer Bettler war am Vorabend mit wunden Stellen übersät dort angekommen, und man hatte Angst vor Ansteckung, aber es war nichts zu befürchten.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher