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Pennäler contra Pauker

Pennäler contra Pauker

Titel: Pennäler contra Pauker
Autoren: Jaroslav Zak
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einzelnen Kabinen Turnübungen ausgeführt und die Schlachtpläne für die kommende Stunde geschmiedet. Nähert sich ein Spion, wird er in der Regel von dem wachsamen Wächter am Eingang gemeldet, worauf eine Horde junger Männer Hals über Kopf den literarischen Salon verläßt und eilig davonstürzt, so daß die Beute des Spähers mager auszufallen pflegt.
    Ein weiteres Steckenpferd des Paukerspions ist die Kontrolle öffentlicher Lokale, Wirtschaften, Tanzböden, Vergnügungsstätten und anderer Unternehmen, deren Besuch den Schülern verboten ist. Es handelt sich hier um einen ähnlichen Fall wie bei dem Kinobesuch. Ein richtiger fünfzehnjähriger Mann verspürt abends nicht im geringsten das Verlangen, in einem rauchigen Lokal zwei Biere zu trinken, zumal er beim morgigen Wettspiel in Form sein muß. Er ist aber durch das strenge Schulverbot moralisch gezwungen, zumindest einmal seinen männlichen Mut unter Beweis zu stellen und abends eine Partie Billard spielen zu gehen, wofür er so gut wie nichts übrig hat.
    Wird der Übeltäter ertappt und vom finster blickenden Pädagogen verhört, täuscht er mit Vorliebe harmlose Unschuld und
    matte Intelligenz vor. Ein solches Verhör entwickelt sich dann etwa so:
    «Was haben Sie gestern abend in der Wirtschaft gemacht?»
    «Ich habe für 'n Vater Bier geholt.»
    «Sie wurden gesehen, wie Sie Billard spielten.»
    «Wie bitte?»
    «Stellen Sie sich nicht so blöde. Wer war noch dort?»
    «Einige Burschen aus der Tertia.»
    «Was haben die dort gemacht?»
    «Sie hielten solche Stäbe in den Händen ...»
    «Das Queue, nicht?»
    «Wie bitte?»
    «Sie sagen, sie hielten das Queue in den Händen.»
    «Ich weiß nicht, was das ist. Es waren solche Stöcke, womit sie gegen rote und weiße Kugeln stießen.»
    Nach einem viertelstündigen Verhör erleiden die Pädagogen einen Nervenzusammenbruch, werfen den Vernommenen zur Tür hinaus und einigen sich dahingehend, daß der Schüler Leimhuber ein seelisch verkommenes Subjekt sei und von älteren Mitschülern zum Besuch der Wirtschaft verleitet wurde.
    Um bei ihrem Schutzbefohlenen einen entsprechend festen Charakter aufzubauen, gewähren die Erzieher all denen, die eine Sache freiwillig eingestehen, eine großmütige Amnestie.
    Auch das trägt seine guten Früchte. Es geschah einmal, daß ein berühmter Akrobat, Schüler der vierten Klasse, die älteren Herren aus der Obersekunda verhöhnte und, um der Verfolgung zu entgehen, auf den Lokus flüchtete, wo er sich in eine Kabine einschloß. Hierauf kletterte er die hölzerne Scheidewand hoch, die die kleineren Aborte von dem gemeinsamen Vorraum trennte, und reizte die Feinde, indem er sie anspuckte und die Füße über den Häuptern der wutentbrannten Oberhähne baumeln ließ. Sodann sprang er, durch konzentriertes Feuer vertrieben, zurück, wobei er unglücklicherweise mit einem Fuß in die Porzellanschüssel geriet, die zerbrach. Als die ärgerlichen Obersekundaner dies merkten, jubelten sie und marschierten samt und sonders zum Chef, um den Schuldigen zu verpetzen. Der muntere Akrobat ließ jedoch den Kopf nicht hängen. Er kroch gewandt über den Holzverschlag, überholte auf dem Korridor die erstaunte Abordnung, stürzte ins Chefzimmer und beichtete reumütig seine Verfehlung. Sein männliches Geständnis wurde von der gesamten Paukersippe lobend aufgenommen, und die Strafe bestand in der bloßen Wiedergutmachung des verursachten Schadens.
    Einen anderen Weg zur Heranziehung wackerer Männer gehen die Ermahnungen der Pauker, indem sie die Schüler anhalten, ihre Lehrer gebührend zu grüßen: «Ich bin zwar nicht darauf versessen», behauptet der Klassenpauker, «aber wir wollen euch zu anständigen Menschen erziehen.»
    Der Erfolg dieser Erziehung zum Grüßen äußert sich vor allem in der Weise, daß sich der gehetzte Pauker hinter einer Straßenecke oder in einem Hausflur verbirgt, um dem Pennäler nicht mehr begegnen zu müssen, der ihn an diesem Tage bereits zum sechstenmal gegrüßt hat.
    Durch Ermahnungen, Ansprachen, tiefe Sinnsprüche in den Lesebüchern und durch Strafen wird die Jugend zu guten Taten angespornt. Es ist zu bedauern, daß die wirksamste aller Strafen, der sogenannte Karzer oder Käfig, der dem Verurteilten einen gewissen Märtyrerschein verlieh und ihm die Achtung der Mitschüler eintrug, abgeschafft wurde. Laut Schulordnung sind vorerst mildere Strafmittel anzuwenden, und erst wenn diese versagen, soll zu den eigentlichen Strafen
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