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Pennäler contra Pauker

Pennäler contra Pauker

Titel: Pennäler contra Pauker
Autoren: Jaroslav Zak
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er ein blutiger Laie, von den Schülern ganz zu schweigen. Die hätten dieses Thema kaum in ihrer Muttersprache ausarbeiten können. Nachdem man nun den Text zweimal gelesen hatte, starrten aller Augen erwartungsvoll auf ihren Lehrer. Der geistesgegenwärtige Mann verlor jedoch nicht den Kopf. Er forderte die Schüler auf, eine Weile Geduld zu haben, eilte ins Paukerzimmer hinunter, suchte alles nach Wörterbüchern und Hilfsmitteln ab, lief in gestrecktem Galopp ins Klassenzimmer zurück und begann, die wichtigsten Redensarten an die Tafel zu schreiben. Inzwischen trabte bereits ein flinker Bote zum Buchhändler, wo man glücklicherweise einige Handbücher über das französische Seewesen fand, die unverzüglich ins Gymnasium befördert wurden. Die Aufgabe des Professors war nun dadurch erschwert, daß die Prüflinge in zwei Gruppen geteilt waren und daher in verschiedenen Klassenzimmern saßen. Sobald er sie mit dem nötigsten Material versorgt hatte, raste er wieder ins Lehrerzimmer, wo die Handbücher bereits zur Stelle waren. Der opferfreudige Französischlehrer bearbeitet nunmehr einen Teil des Prüfungsthemas und eilte damit in die Klassenzimmer, worauf er abermals ins Lehrerzimmer zurückkehrte, um einen weiteren Teil fertigzustellen.
    Von sportlich veranlagten Kollegen ermuntert, die die Zeit mit der Uhr stoppten, beendete der heldenhafte Philologe rechtzeitig die ganze Arbeit und händigte die Elaborate in den beiden Klassenzimmern aus, was - Kolportage, Frühstück, Kneten der Beinmuskeln, das der Lehrer für Leibesübungen uneigennützigerweise durchführte, sowie das Anschreiben an die Tafel mit eingerechnet - genau drei Stunden fünfundvierzig Minuten sechzehn Sekunden in Anspruch genommen hatte und einer guten Zeit im Dauerlauf über fünfzig Kilometer entsprach.
    Dabei brachte es ein Prüfling trotz der mütterlichen Fürsorge des Professors zuwege, die Arbeit über den Haifisch zu verknallen, wofür er von den empörten Mitschülern versohlt wurde.
    So viel über das schriftliche Vorspiel zur Reifeprüfung.
    Es dürfte wohl jedem klargeworden sein, daß die Pauker hier zu Mithelfern und Mitverschwörern der Prüflinge werden, denn nun steht die Ehre der Anstalt auf dem Spiel. Der Feind, der über den ordnungsgemäßen Verlauf der weiteren mündlichen Prüfungen wacht, ist der düstere Vorsitzende, ein nicht weniger furchtbares Wesen als der Herr Inspektor. Gespannt erwartet der Lehrkörper der Prima, wer für die bevorstehende Reifeprüfung ernannt wird.
    «Es steht gut, Herr Kollege», meint der Klassenlehrer der Prima, «ein klassischer Philologe führt den Vorsitz. Die Burschen sind in der Mathematik reichlich schwach, aber davon versteht er wohl nichts. Was meinen Sie?»
    «Ist das sicher?» forschte der Mathematiker.
    «Wir haben es bereits amtlich.»
    Nach dieser Versicherung beginnt sich der Mathematiker freudig die Hände zu reiben und ruft: «Haben die Kerle aber Schwein! Haha!»
    Der mathematische Teil der Prüfung nimmt sodann den Verlauf einer Lustspielvorführung. «Errechnen Sie die Zinsen von dem Kapital 3 676 543», diktiert der Mathematiker. Der Primaner rechnet. Er rechnet sozusagen blödwahnig. Nachdem er zwei Reihen gerechnet hat, meint der Lehrer der Mathese: «Das ist eine gute Methode.» Worauf er die Tafel abwischt und freundlich erklärt: «Nun versuchen wir es noch auf eine andere Art.» Das Zusammenspiel klappt derart vortrefflich, daß der Herr Vorsitzende, der sich als ein Mann von Fach auf spielt und die Lösung des Exempels gespannt verfolgt, den Schwindel nicht einmal merkt.
    Nur ist es leider manchmal so, daß der Herr Vorsitzende geradezu polyhistorische Kenntnisse entwickelt, an allem herumnörgelt, sich als ein hervorragender Kenner der Chemie entpuppt, in Latein, Mathematik und Geometrie mit hineinredet und es sogar ablehnt, einen ausgestopften Hamster als hundeartiges Raubtier gelten zu lassen.
    Dann geschieht es, daß dieser entsetzliche Mensch, der in jeder, auch in der obskursten Wissenschaft, zu Hause ist, seine Löwenklaue zu zeigen beginnt und dem verzweifelt schwimmenden Prüfling mit ausgeklügelten Fragen zusetzt. In der Prüfungskommission bricht eine Panik aus. Es kommt zu rührenden Szenen. Der Herr Vorsitzende, Mathematiker von Fach, beginnt plötzlich Latein zu prüfen. Und siehe, der grausame Lateinlehrer, der fünf Jahre lang den Herrn Kandidaten ein Geschwür auf dem ohnehin schon verunstalteten Antlitz der Erde geheißen und erklärt hat, er
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