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Pennäler contra Pauker

Pennäler contra Pauker

Titel: Pennäler contra Pauker
Autoren: Jaroslav Zak
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durch einige fließend vorgebrachte Sätze einlullen lassen und nun zu dösen oder zu überlegen beginnen, was es heute zum Mittagessen geben möge.
    Nehmen wir an: Um einen solchen Fall handelt es sich in einer Deutschstunde. Der sinnige Schüler hat die Lebensgeschichte eines beliebigen Dichters auswendig gelernt, in die er dann wie in eine Gleichung den Namen desjenigen Dichters einsetzt, nach dem er gerade gefragt wurde. Sowie der Prüfling merkt, daß der Pauker in den Zustand «Nirwana samprasarana» versunken ist, was nach der Lehre der indischen Yogi den Zustand abwesender Geister bedeutet, beginnt er mit leiser Stimme folgende literarischen Sensationen hervorzusprudeln: « Gerhart Hauptmann stammt aus einer alten, ehrsamen Försterfamilie. Als Zwanzigjähriger verliebte er sich in Luischen Lingen, worauf er in München sein berühmtes Drama schuf» und so weiter und so weiter. Es ist Sache der spartanischen Zucht und der kameradschaftlichen Selbstbeherrschung, daß die Klasse durch ihr gedämpftes Kichern den Herrn Professor nicht in seinen Träumen stört.
    Eine solche überragende Schwimmleistung wird bei der Reifeprüfung zum düsteren, dunklen Mysterium. Dem müssen wir allerdings ein eigenes Kapitel widmen.

Die Reifeprüfung

    Also die Reifeprüfung, ein dunkles Mysterium wie gesagt. Wir schulden nun eine Erklärung für diese unklare Behauptung. Zunächst müssen wir die unfaßbare Tatsache bloßlegen, daß die eingefleischten Feinde bei dieser Zeremonie zu gemeinsamen Verschwörern werden, zwischen denen eine seltene Einigkeit herrscht und eine fast instinkthafte Annäherung stattfindet.
    Sowie sich nämlich der Schüler zwischen den Klippen der Wiederholungen, Klassenarbeiten, mündlichen und schriftlichen Prüfungen und Versetzungen bis zur Reifeprüfung durchgearbeitet hat, hören die Pauker auf, ihm nachzustellen und halten es für eine Ehrensache, daß der in neunjährigem Kampf mit den Fächern und den Paukern gestählte Kämpe zum reifen Mann erklärt werde. Nicht reif zum Durchfallen, sondern reif für das sogenannte praktische Leben, was ein durchaus rätselhafter Begriff ist. Aber wir werden uns hier nicht um eine Auslegung bemühen, da diese nicht in den höheren Bereich der Schule gehört. Jedenfalls folgt daraus, daß der Pennäler bis zur Reifeprüfung ein unpraktisches Leben führt, worauf er, wenn die Penne ihre Tore hinter ihm schließt, sich auf der Straße oder im praktischen Leben befindet. Hat der Pennäler einmal die Karriere eines Primaners begonnen, erfährt er von seinem erschrockenen Lehrer, daß die Reifeprüfung heranrücke. Sie nähere sich sogar im Galopp, wie alle Pauker der Prima einmütig behaupten, wobei sie sich die grauen Haare raufen. Der Pennäler merkt sofort, daß die Paukersippe von bleicher Angst ergriffen ist. Er beginnt also zu faulenzen, indem er den Paukern die Sorge um einen glücklichen Verlauf der Abschlußprüfung überläßt.
    Erst drohen die Pauker, dann warnen sie, dann behaupten sie, es sei ihnen höchst gleichgültig, wie die Prüfung ausfalle, und wenn auch das nichts fruchtet, versuchen sie die Abiturienten in spe bei ihrer Ehre zu packen, ermuntern die Knaben, sich zu ermannen, geben der Hoffnung Ausdruck, daß sie, als Sportsleute und Männer von Lebensart und Charakter, ihre Lehrer doch nicht «im Stich lassen werden». Und als schließlich die Zeit mit eherner Gleichmäßigkeit fortschreitet und die Reifeprüfung sozusagen vor der Tür steht, da beschwören, verfluchen und rufen sie sämtliche Gottheiten und Größen der Geschichte an und zetern verzweifelt: «Leute, arbeitet doch, ach du liebe Zeit, es wird noch eine furchtbare Blamage geben.»
    Der Pennäler weidet sich mit unendlicher Schadenfreude an den Todesängsten seiner ehemaligen Peiniger und wartete gespannt, wie die Pauker die schwierige Situation meistern werden.
    In diese gespannte Atmosphäre fallen die Termine der schriftlichen Prüfungsarbeiten. Morgens um acht versammelt sich das Häuflein der Primaner vor dem Klassenzimmer. Den ein wenig blassen Gesichtern merkt man an, daß sie den Ernst der Lage anfangen zu begreifen. Sowie die Glocke bimmelt, kommt nach tadellosem Start der Herr Professor mit dem Herrn Direktor angetrabt, beide ebenfalls blaß, so daß eine allgemeine Blässe herrscht. Mit zitternder Stimme fordert der Herr Professor die Primanerschaft auf, in den Bänken Platz zu nehmen, während er selbst eine abwartende
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