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Pechstraehne

Pechstraehne

Titel: Pechstraehne
Autoren: Matthias P. Gibert
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heruntergekühlten Auto stiegen. Das Anwesen der Familie Gieger musste Tausende Quadratmeter groß sein, denn allein die durch eine Mauer von der Straße getrennte Front war mindestens 150 Meter lang. Etwa in der Mitte befand sich ein großes Edelstahltor mit NATO-Draht als oberem Abschluss, zu dessen beiden Seiten bewegliche Kameras installiert waren. Die linke der beiden hatte offenbar die beiden Polizisten erfasst, denn sie vollführte einen kurzen, kaum wahrnehmbaren Ruck.
    »Wir werden beobachtet«, kommentierte Hain die Szene, trat an die auf der linken Seite des Tores liegende Tür, und sah, während er klingelte, freundlich in die Fischaugenlinse der Türkamera.
    »Ja bitte, Sie wünschen?«
    Hain stellte sich und seinen Kollegen kurz vor und erklärte der tiefen Männerstimme, die sich gemeldet hatte, mit Rudolph Gieger sprechen zu wollen.
    »Soweit mir bekannt ist, hat Herr Gieger heute keine weiteren Termine mehr«, kam als knappe Antwort.
    »Ich kann Ihnen beim besten Willen nicht sagen, ob Herr Gieger heute noch Termine hat, was ich Ihnen aber mit Sicherheit sagen kann, ist, dass er mit uns keinen verabredet hat. Allerdings wäre es definitiv in seinem Interesse, wenn er sich ein paar Augenblicke Zeit für uns nehmen würde.«
    »In welcher Angelegenheit, wenn ich fragen darf.«
    »Nein, das dürfen Sie leider nicht fragen«, erwiderte der Oberkommissar höflich, aber bestimmt.
    Es gab eine kurze Pause, bevor der offenbar ein wenig konsternierte anonyme Gesprächspartner sich wieder meldete.
    »Bitte warten Sie. Ich werde fragen, wie ich mit Ihrem Anliegen verfahren soll.«
    Damit knackte es leise aus dem Lautsprecher, und danach kehrte für etwa zwei Minuten Stille ein, während denen die beiden Kripobeamten schweigend von einem Fuß auf den anderen traten.
    »Kommen Sie bitte zum Eingang des Haupthauses«, wurden sie schließlich aufgefordert, und ein metallisches Klacken öffnete die Verriegelung der Tür, die vollautomatisch nach innen schwang.
    »Nobel, nobel«, meinte Lenz anerkennend beim Anblick des riesigen Haupthauses, der drei Nebengebäude und der Zufahrt zur unterirdischen Garage.
    An der Eingangstür wartete ein livrierter Mann auf die Polizisten, der wortlos zur Seite trat, als sie ihn erreicht hatten, und ihnen mit einer sparsamen Handbewegung zu verstehen gab, dass sie ihm ins Innere folgen sollten.
    Das Innere war weder luxuriös noch protzig, sondern einfach nur groß. Beeindruckend groß. Sie stiegen hinter dem untersetzten und Pagenfrisur tragenden Mann eine breite Treppe hoch und folgten ihm zu einem Raum am Ende des sich anschließenden Flurs. Dort klopfte er kaum vernehmbar und trat dann unaufgefordert ein.
    »Die Herren, die Sie zu sprechen wünschen, Herr Gieger.«
    Aus dem Zimmer drang ein unverständliches Murmeln, woraufhin der Butler sich umdrehte und die gleiche Handbewegung vollführte wie an der Eingangstür. Hier jedoch krönte er seinen kurios wirkenden Auftritt mit einem stechenden Blick.
    »Bitte«, setzte er ebenso leise wie spitz hinzu.
    Rudolph Gieger thronte hinter einem riesigen und ebenso massiv wie massig wirkenden Mahagonischreibtisch. In der Hand hielt er eine Zigarre, von der aus sich eine blaue Rauchfahne nach oben bewegte und unter der holzgetäfelten Decke hängenblieb. Der Rest des etwa 45 Quadratmeter großen Raums war mit schweren Teppichen, dunklen Möbeln, mit schusshemmendem Glas versehenen Fensterscheiben und Bildern an den Wänden, die wohl so etwas wie eine Ahnengalerie darstellen sollten, ausgestattet. Vor dem Schreibtisch standen zwei gepolsterte Stühle, gerade so, als würde der Bankdirektor in seiner Freizeit Eheschließungen vornehmen, und an der Fensterseite befand sich ein dunkelgrünes, vermutlich mehrere 100 Jahre altes Sofa. Und direkt an dessen oberem Ende stand, zur Hälfte verborgen von dem Sitzmöbel, eine Reisetasche, bei deren Anblick Hain ein eiskalter Schauer über den Rücken lief. Es war eine knallgelbe, auffällig große Reisetasche, wie der Oberkommissar an diesem Tag schon einmal eine gesehen hatte.
    Für ein paar Augenblicke war der Polizist so verwirrt, dass er nur schwer einen klaren Gedanken fassen konnte, dann jedoch hatte er sich wieder im Griff. Mit einer schnellen Bewegung zog er seine Waffe und vollführte, die Pistole im Anschlag, mit seinem ganzen Körper eine 360-Grad-Pirouette.
    »Was …?«, wollte Lenz fragen, sein Kollege kam ihm jedoch mit seiner Erklärung zuvor.
    »Die Tasche, Paul! Sie lag bei dem Mann
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