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Pechstraehne

Pechstraehne

Titel: Pechstraehne
Autoren: Matthias P. Gibert
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ausgeführt, aber das war den Polizisten auch egal. Außer ihnen waren zwei Frauen anwesend, die sich als Mitarbeiterinnen des Pflegeheims zu erkennen gaben, und ein Grabredner, der eine offenbar von der Verstorbenen vorbereitete Rede vortrug. Die war allerdings so kurz, wie ihr Leben vermutlich schön, und so verließen die beiden Kommissare nach knapp zehn Minuten die Grabstätte.
    »Schon komisch, dass sie uns dabei haben wollte«, bemerkte Hain mit belegter Stimme, als sie durch die Reihen der frisch angelegten Gräber gingen.
    »Na, ich kann sie schon irgendwie verstehen. Sie hat bestimmt Angst gehabt, dass gar niemand anwesend sein würde.«
    Der Leiter der Mordkommission blieb stehen und betrachtete ein kleines Holzkreuz, das am oberen Ende eines der neuen Gräber stand. Herbert Anselm war darauf zu lesen sowie der Tag seiner Geburt und sein Todestag in der Woche zuvor.
    »Hat er also recht gehabt mit der Zeit, die ihm verbleibt«, murmelte Lenz.
    »Ja, so sieht es aus.«
    »Durch ihn und seinen Mord an Vontobel ist die ganze Sache erst so richtig ins Rollen gekommen«, sinnierte der Hauptkommissar weiter.
    »Meinst du, die beiden anderen Banker würden noch leben, wenn er das nicht gemacht hätte?«
    »Die Antwort darauf weiß vermutlich nur Rudolph Gieger, aber der verweigert sich nun mal jeglichen Gesprächs.«
    Hain wandte sich ab, hob den Kopf und betrachtete den strahlend blauen Himmel, von dem die Sonne trotz der frühen Stunde schon erbarmungslos herunterbrannte.
    »Ja, und wenn wir diesen Eisenberg nicht zum Geständnis hätten überreden können, würden wir, was die weiter zurückliegenden Fälle angeht, vermutlich mit leeren Händen dastehen, weil Giegers Geständnis mit der Waffe im Genick nichts wert ist.«
    Lenz winkte ab.
    »Das soll nicht mehr unsere Sorge sein, Thilo. Ich hätte zwar auch gern gewusst, warum die beiden armen Schweine eigentlich ins Gras beißen mussten, aber auch dieses Geheimnis wird Gieger, wenn ich es recht überblicke, mit ins Grab nehmen, nachdem er den Rest seines Lebens im Knast verbracht hat.«
    »Ja, aber diese Tatsache ist, zumindest für mich, ein nicht zu unterschätzender Trost. Und dass es die Nordhessenbank in ihrer jetzigen Form in Zukunft nicht mehr geben wird, macht mich, wie viele andere vermutlich auch, ebenfalls nicht gerade unglücklich.«
    Der junge Polizist holte tief Luft und schloss für einen Moment die Augen.
    »Vermutlich haben diese beiden Kerle ihr Leben wegen einer Sache verloren, die ein anderer vielleicht als gar nicht so gravierend einordnen würde. Was mir wirklich auf den Senkel geht, ist die Tatsache, dass die beiden mit Billigung oder sogar auf Weisung der Bank durch und durch dreckige Geschäfte gemacht haben, dass sie Menschen belogen, betrogen und abgezockt haben. Aber, dass sie letztlich gekillt wurden wegen etwas, was, wie zu befürchten steht, viel weniger eklatant wäre.«
    »Vielleicht finden wir es ja noch heraus, Thilo. Und wenn nicht, dann müssen wir auch damit leben.«
    Sie warfen einen letzten Blick auf die Ruhestätte des Mörders von Sven Vontobel und verließen danach den Friedhof.

    Zur gleichen Zeit betrat eine komplett in schwarz gekleidete junge Frau mit einem Säugling auf dem Arm das Rathaus der Stadt Kassel und steuerte zielstrebig auf das Standesamt zu. Dort wurde sie nach ein paar Minuten Wartezeit in eines der Dienstzimmer gebeten und nach ihrem Anliegen gefragt.
    »Ich möchte gern meine neugeborene Tochter anmelden«, erklärte Silke Specht der Rathausmitarbeiterin.
    »Ach, das ist aber schön. Alles gut gelaufen?«
    »Ja, danke«, erwiderte die junge Mutter freundlich, aber reserviert.
    Danach wurden ihre Personaldaten aufgenommen.
    »Sind Sie verheiratet, Frau Specht?«
    »Nein, ich bin Witwe.«
    »Oh, das tut mir leid«, gab die etwa 45-jährige Frau hinter dem Schreibtisch betroffen zurück.
    »Wann ist Ihr Mann verstorben?«
    »Vor sechs Wochen etwa.«
    »Aber er ist der Vater des Kindes, oder?«
    Silke Specht zögerte ein paar Sekunden, bevor sie antwortete.
    »Nein, das war er nicht.«
    »Aber Sie wissen, wer der Vater der Kleinen ist?«
    »Ja, das weiß ich ganz genau.«
    »Wollen Sie es mir auch sagen?«
    »Ja, natürlich. Sein Name ist Vontobel. Sven Vontobel.«

    E N D E

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