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Paul Flemming 03 - Hausers Bruder

Titel: Paul Flemming 03 - Hausers Bruder
Autoren: Jan Beinßen
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Pappschachtel aus seinem Bücherregal nahm.
    Verflixt, schoss es ihm durch den Kopf. Hatte er also doch etwas übersehen! Schnell ging er zurück.
    Katinka hatte es sich mitsamt der Schachtel auf dem Parkettboden bequem gemacht. Doch ehe sie den Deckel abnehmen konnte, legte Paul seine Hand auf die ihre.
    »Bitte nicht«, sagte er mit mühsam unterdrücktem Ärger.
    Katinka sah zu ihm auf. »Warum denn?« Ihr Ton war nicht misstrauisch, eher neugierig. »Versteckst du darin etwa deine besonders verruchten Fotos?«
    »Nein«, sagte Paul und scherzte angespannt: »Die sind in einer anderen Box.«
    Katinka legte ihre andere Hand behutsam auf seine und schob sie beiseite. »Lass mich wenigstens ganz kurz hineinschauen. Ich verrate es auch keinem weiter, versprochen«, sagte sie in gespieltem Verschwörerton und grinste.
    Paul kapitulierte. Es hatte wenig Zweck zu protestieren. Angesichts der Tatsache, dass er in der Kiste bloß . . .
    »Playmobil-Figuren?« Katinka nahm mit erstauntem Blick ein Plastikmännchen aus der Kiste und stellte es auf den Holzboden. »Du spielst immer noch damit?«
    Unangenehm berührt merkte Paul, wie er rot wurde. »Ich habe dir doch schon mal erzählt, wozu ich sie hin und wieder verwende«, sagte Paul.
    Katinka kicherte und nahm eine weitere Figur aus der Box: eine Prinzessin mit weit ausladendem Kleid und goldener Krone. »Du brauchst dich deswegen wirklich nicht zu schämen. In jedem Mann steckt naturgemäß ein Kind.«
    »Hahaha«, entgegnete Paul ein wenig beleidigt. »Wenn ich mal nicht weiterkomme, stelle ich mit den Figuren Kriminalfälle nach.«
    »Paul, du brauchst dich nicht zu rechtfertigen. Ich finde es süß, wenn ein erwachsener Mann seinen angeborenen Spieltrieb nicht allein auf Sportwagen und teure Uhren reduziert. Wer weiß«, sagte sie verschmitzt, »vielleicht lebst du damit ja sogar einen verborgenen Kinderwunsch aus.«
    Paul verdrehte die Augen. »Jetzt hör aber auf zu lästern. Wenn ich bei dir zuhause lange genug suchen würde, fände ich bestimmt auch eine deiner Lieblingspuppen aus Kindergartenzeiten.«
    »Stimmt«, sagte Katinka ohne zu zögern. »Dafür bräuchtest du aber nicht lange zu suchen: Sie hat einen Ehrenplatz im Gästezimmer.«
    Katinka nahm die Playmobil-Prinzessin zwischen Zeigefinger und Daumen und ahmte durch pendelnde Bewegungen mit ihrer Hand einen tänzelnden Gang nach. Sie stellte sie gegenüber dem Playmobil-Mann ab und sagte dann im naiven Tonfall eines kleinen Mädchens: »Hey, du Männchen. Weißt du eigentlich, dass ich dich in der Schule für einen ziemlichen Langweiler gehalten habe?«
    Schule? Wie kam Katinka jetzt darauf?, fragte sich Paul. Er war mit ihr zusammen aufs Gymnasium gegangen. Sie hatten in dieser Zeit nie viel miteinander zu tun gehabt. Erst viel später, nach Studium und beiderseitigen diversen Erfahrungen in Liebesangelegenheiten, hatten sich ihre Wege erneut gekreuzt. – Sie hatte ihn damals also als langweilig empfunden. Und er sie?
    »Du warst für mich auch nicht gerade die Traumfrau«, gab er ihr mit verstellter Stimme kontra und drehte das Playmobil-Männchen einmal um die eigene Achse. »Aber inzwischen . . .«
    Katinka hob die Hand der Prinzessin bis auf Kopfhöhe. »Inzwischen? Was ist denn inzwischen passiert? Verrätst du es mir?«
    »Erst wenn du mir verrätst, ob ich für dich noch immer ein Langweiler bin«, sagte Paul mit tiefer Stimme.
    »Das kommt darauf an«, ließ Katinka die Prinzessin sprechen.
    »Worauf?« Paul schaukelte den Playmobil-Mann in seiner Hand ungeduldig hin und her.
    »Auf das, was du aus diesem angebrochenen Abend mit mir zusammen noch machen wirst.« Katinka schob die Prinzessin ganz dicht an die andere Playmobil-Figur heran. Ein leises Klicken ertönte, als sich die Köpfe der Plastikfiguren berührten.
    Paul ließ den Playmobil-Mann los. Er sah Katinka liebevoll an. »Ich wusste gar nicht, dass du so verspielt bist. – Hast du denn Zeit?«, fragte er.
    »Alle Zeit der Welt – zumindest bis morgen früh«, sagte sie und lehnte sich an ihn. Die beiden Figuren legte sie zurück in die Schachtel. »Für den Rest brauchen wir keine Zuschauer.«
    »Es ist schön, mit dir zusammen zu sein«, sagte Paul und streichelte zärtlich über ihren Arm.

4
    Katinka war längst eingeschlafen, denn es war spät. Friedlich auf die Seite gerollt lag sie auf seinem Sofa. Ihre nackte Haut war nur unzureichend von Pauls Hemd verhüllt, das er der Schlafenden übergeworfen hatte.
    Pauls Gedanken kreisten
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