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Paul Flemming 03 - Hausers Bruder

Titel: Paul Flemming 03 - Hausers Bruder
Autoren: Jan Beinßen
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jedoch keine Anstalten machte aufzulegen, wurde Paul stutzig. Er fragte: »Gibt es noch etwas anderes, das Sie mir sagen möchten, Herr Henlein?«
    »Nein«, kam es eine Spur zu plötzlich zurück. »Es ist nur . . . ich möchte mich nicht länger als unbedingt nötig mit dem Hauser-Hemd in der Öffentlichkeit aufhalten. Ich sorge mich ein wenig um . . .« Er beendete den Satz nicht.
    »Um was sorgen Sie sich?«, wollte Paul wissen.
    »Ach, das ist lächerlich.« Henlein lachte gekünstelt und sagte: »Wahrscheinlich steigere ich mich viel zu sehr in die Sache hinein.«
    »Nur keine Scheu: Erzählen Sie mir ruhig, worum Sie sich sorgen«, forderte Paul ihn auf.
    »Also gut. – Ich habe den Eindruck, dass man mich verfolgt.«
    »Sie werden verfolgt?« Paul konnte nicht verhehlen, dass ihn Henleins Erklärung amüsierte.
    »Sehen Sie: Jetzt lachen Sie über mich!«, sagte Henlein verärgert.
    »Tut mir leid«, sagte Paul schnell. »Das war nicht fair von mir.« Dann machte er einen Vorschlag: »Passen Sie auf, Herr Henlein: Wir werden das Hemd für meine Aufnahmen nur sehr kurz vor die Kamera halten müssen. Denn Bildausschnitt, Belichtung und Schärfe kann ich vorher einstellen. Es wird also niemand mitbekommen, was für ein wertvolles Stück Sie bei sich tragen. Ist das in Ordnung für Sie?«
    Henlein druckste noch eine Weile herum. Dann verabschiedeten sie sich. »Bis nachher in Ansbach«, sagte Paul und legte auf.
    Nachdenklich blieb er am Fenster stehen. Ein komischer Kauz, dieser Henlein. Er maß seiner Hauser-Forschung eine sehr große Bedeutung zu – nach Pauls Einschätzung eine zu große. Die Furcht vor einem Verfolger war selbstverständlich unbegründet, glaubte Paul. Die unterschwellige Angst, die in Henleins Stimme mitgeschwungen hatte, ließ aber auch ihn nicht ganz unbeteiligt.
    Er ging zurück zum Schlafsofa. Sofort hatte er wieder ihren unwiderstehlichen Geruch in der Nase. – Katinka, überlegte er, wo bist du bloß geblieben?
    Erst jetzt fiel ihm ein Zettel auf. Er lag auf dem Couchtisch, wahrscheinlich herausgerissen aus einem Notizbuch. Paul nahm ihn in die Hand und las:
    »Mein Lieber. Wollte dich nicht wecken. Auf mich wartet zuhause viel Arbeit. Ein gemeinsames Frühstück holen wir ein andermal nach. Küsschen, Kati.«
    Paul schüttelte lächelnd den Kopf: Mit der Abstimmung ihrer Schlaf – und Wachphasen mussten sie sich künftig wohl noch einigen, dachte er liebevoll.
    Wieder klingelte es, diesmal an der Tür. Paul zog sich schnell seinen Morgenmantel über.
    Als er die Wohnungstür öffnete, war er augenblicklich überfordert. Kaum ausgeschlafen sah er sich dem quirligsten, aufgewecktesten, neugierigsten und damit auch anstrengendsten Wesen gegenübergestellt, das er kannte. Er war geneigt, die Tür sofort wieder ins Schloss zu drücken.
    »Guten Morgen!« Hannah strahlte ihn an. Die Septembersonne spielte mit ihren Locken, ihre blauen Augen leuchteten und ihre Wangen waren erwartungsvoll gerötet. Sie hob eine bis zum Platzen gefüllte Papiertüte auf Pauls Augenhöhe. »Ich gehe jede Wette ein, dass Sie noch nicht gefrühstückt haben!«
    Paul kapitulierte und ließ Hannah eintreten. Sie stolzierte – eine angenehme Duftwolke schwebte ihr nach – an ihm vorbei. Sein Blick fiel wie automatisch auf ihren in eine enge Jeans gezwängten Po.
    »Denken Sie immer daran, dass ich Ihre Urenkelin sein könnte«, sagte Hannah, ohne sich umzusehen.
    »Woher weißt du. . .?«
    »Frauen haben auch im Hinterkopf Augen, war Ihnen das nicht klar?«
    Paul räumte einige Zeitungen und Fotoabzüge vom Couchtisch und ließ auch Katinkas Nachricht verschwinden, um Platz für Hannahs knusprige Mitbringsel zu machen. »Wenn du mir als Urgroßvater die ketzerische Bemerkung erlaubst: Dein Outfit verführt nicht gerade dazu, dich als reife und intellektuelle Gesprächspartnerin zu akzeptieren.«
    »Intellektuell?« Hannah stutzte für Sekundenbruchteile. Dann blies sie eine Strähne aus ihrem Gesicht und sagte selbstbewusst: »Intelligenz in reiner Form ist ungenießbar. Man muss sie mit einem Schuss Naivität würzen, um anerkannt zu werden.«
    »Eins zu null für dich«, sagte Paul lächelnd. Er ging hinter seine Küchenzeile, um den Kaffeeautomat anzustellen. »Ich dachte immer, dass Studentinnen – insbesondere die der Wirtschaftswissenschaften – bis in die Puppen schlafen. Was treibt dich an einem Sonntagmorgen von deiner Wohnung im Noricus ins Burgviertel?«
    Hannah kam ihm zu Hilfe und stellte
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