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Osiris Ritual

Osiris Ritual

Titel: Osiris Ritual
Autoren: George Mann
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Maurice. Außerdem muss ich für die Morgenausgabe noch
einen Artikel schreiben.« Er blickte auf die
Taschenuhr. »Ich sollte mich wohl auf den Weg machen.«
    Newbury nickte. »Gut, Mister Purefoy. Das werde ich dann wohl auch
tun. Es war mir ein Vergnügen, Sie kennengelernt zu haben. Ich werde morgen Ihren
Artikel in der Times lesen.«
Er gab dem Reporter die Hand, die Purefoy kräftig drückte.
    Â»Ebenso, Sir Newbury. Ich hoffe, wir sehen uns einmal wieder.«
    Newbury lächelte. »Guten Abend.« Er drehte sich um und verschwand in
der Menge.
    Purefoy hatte einen leeren Notizblock in der Tasche und den Kopf
voller Bilder des toten schreienden Mannes. Er rückte die Jacke zurecht, warf
noch einen Blick auf das Gedränge der Gäste und ging langsam zum Ausgang, um
auf die Straße zu gelangen.
    Es regnete immer noch. Er zog den Kopf ein und machte sich auf den
Rückweg. Es würde eine lange Nacht werden.

2
    Die Bahnhofshalle war voller Menschen. Newbury sah ihnen
zu, wie sie zwischen Säulen und Pfeilern hin und her eilten. Schwarz und grau
gekleidete Geschäftsleute mit wallenden Mänteln, Zylindern und zusammengefalteten
Regenschirmen; Damen suchten der unfreundlichen Witterung zu entkommen und
versammelten sich in kleinen Grüppchen unter dem ausladenden Dach. Windböen
fegten durch die Türen herein und schleuderten fette Regentropfen auf den
Marmorboden.
    Newbury stand am Bahnsteig, eine Ausgabe der Times unter den linken Arm geklemmt. Er wippte ungeduldig mit dem Fuß. Es roch
beißend nach dem Öl, das die heißen Räder und Getriebe der Züge schmierte, die
kreischend ein- und ausfuhren. In der Nähe säuselten
stehende Lokomotiven leise an den Bahnsteigen, während die Waggons Fahrgäste in
die Halle ausspien. Aus Überdruckventilen entwich Dampf, der wie Nebel in der
feuchtkalten Luft schwebte. Er stand schon seit dreißig Minuten hier und
wartete. Zu seinem großen Unbehagen gab es keinerlei interessante Ablenkungen.
    So hatte Newbury, während er wartete, reichlich Zeit, über die
Ereignisse des vergangenen Abends nachzudenken. Er grübelte über die Einzelheiten
dessen, was er gesehen hatte, und versuchte zu ergründen, warum er sich so unwohl
gefühlt hatte, als Winthrop die thebanische Mumie ausgepackt hatte. Es war
gewiss mehr als die Tatsache, dass der Mann bei lebendigem Leibe mumifiziert
worden war. Es lag auch nicht an dem unverzeihlichen Mangel an Respekt gegenüber
dem Toten und seinem vortrefflich gefertigten Sarg. Als Winthrop die Sache angepackt
hatte wie ein Varietékünstler, war Newbury zwar entsetzt gewesen, doch war dies
im Grunde weder neu noch überraschend. Er hatte im Laufe der Zeit schon einer
ganzen Reihe solcher Ereignisse beigewohnt und sich trotzdem entschlossen, der
Einladung Folge zu leisten. Nein, es hatte mit der unbekannten Dekoration zu
tun – der schwarze und goldene Sarg, die seltsamen Hieroglyphen und die Art und
Weise, wie der Mann gestorben war. Hinter diesem Toten steckte mehr, als man
auf den ersten Blick bemerkte.
    So hatte Newbury eine Weile hin und her überlegt und am Ende
entschieden, dass es eigentlich noch viel zu früh war, um an irgendetwas anderes
als an das Frühstück zu denken. Inzwischen knurrte ihm der Magen, und er wurde
ungeduldig und brannte darauf, seine Aufgabe möglichst bald hinter sich zu
bringen. Er blickte auf die Taschenuhr. Fast halb acht. Der Zug sollte bald
eintreffen.
    Er war am Morgen zur Waterloo Station gefahren, um einen Agenten zu
treffen, der nach mehrjähriger verdeckter Tätigkeit in Sankt Petersburg nach
London zurückkehrte. Er hatte keine Ahnung, wie der Agent aussah, und wusste
nicht einmal dessen richtigen Namen. Er hatte lediglich den Codenamen »Caspian«,
die Abteilnummer 3 B und die Anweisung, den Mann am
Bahnhof abzuholen und sofort in den Palast zu bringen. Das war sicherlich der
langweiligste Auftrag, den er je im Namen der Krone ausgeführt hatte. Er fragte
sich sogar, ob ein Diener Ihrer Majestät die Aufgabe nicht hätte ebenso gut erledigen
können. Dennoch, so gestand er sich widerwillig ein, war er neugierig auf
diesen geheimnisvollen Mann. Es überraschte ihn natürlich nicht, dass Ihre
Majestät Agenten außerhalb des Empire einsetzte. Allerdings hatte er keine Ahnung,
warum die Identität des Mannes so streng gehütet werden musste, zumal gegenüber
einem anderen
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