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Osiris Ritual

Osiris Ritual

Titel: Osiris Ritual
Autoren: George Mann
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sich einfach um und
verließ den Raum. Dr. Fabian deutete eine Verneigung an und ging ebenfalls.
Hinter sich zog er die Tür zu.
    Amelia blickte sehnsüchtig aus dem Fenster. Dann drehte sie sich
überrascht um, als sie hörte, wie jemand einen Schlüssel in das Schloss steckte
und die Tür verriegelte. Der Arzt hatte hinter sich abgeschlossen. Warum tat er
das? Sie rollte zur Tür und rüttelte am Griff. Tatsächlich, es war
abgeschlossen. Sie war eingesperrt.
    Frustriert dachte Amelia über ihre Situation nach. Der üppig
eingerichtete Raum war also nichts als eine vornehme Gefängniszelle. Was für
ein seltsames Institut war das? Wie ein Krankenhaus kam es ihr nicht vor. Und
was war von Mr. Calverton zu halten? Was war ihm nur zugestoßen, dass er heute
so herumlaufen musste? Amelia schauderte unwillkürlich. Vielleicht war es doch
besser, dass die Tür versperrt war, wenn er sich da draußen herumtrieb.
    Sie erhob sich vom Rollstuhl, ging zum Sofa und setzte sich ans
Fenster. Dort beobachtete sie die Vögel, die über dem See am Himmel tanzten,
und hoffte, es würde nicht mehr lange dauern, bis ihre Schwester ihr einen
Besuch abstatten konnte.

Epilog
    Es war ein frischer, kühler Morgen, die Sonne hatte sich
noch nicht durch den gelben Nebelschleier 
gebrannt, der in den Baumwipfeln und über den Häusern in der Nähe hing
und alles wie mit feinen Spinnweben überzog.
    Newburys Atemstöße standen wie Rauchfahnen in der eisigen Luft. Die
Kälte drang bis auf die Knochen durch. Er sehnte sich nach seinem behaglichen
Heim in Chelsea und dem tosenden Kaminfeuer. Es war früh – viel zu früh –, und
er hatte nicht geschlafen. Um ehrlich zu sein, er hatte eine ganze Woche nicht
mehr richtig geschlafen, nicht mehr seit den Ereignissen im Archibald Theatre
und seiner Unterhaltung mit Veronica in Knox’ improvisiertem Labor. Zwar hatte
er sich auf dem Sofa in seinem Arbeitszimmer eingerichtet und war in die vom
Laudanum angeregten Träume geflohen, doch der Schlaf – der echte Schlaf – war
ihm versagt geblieben. Vielmehr hatte er dort gelegen und nicht etwa die Decke
angestarrt, sondern vor dem inneren Auge eine sehr ausführliche Wiederholung
der Ereignisse heraufbeschworen. Immer und immer wieder war er ihre
Unterhaltung durchgegangen und hatte versucht, in den schon halb vergessenen
Blicken und den hastig gesprochenen Worten einen tieferen Sinn zu entdecken.
Was hatte Veronica ihm sagen wollen? Er glaubte es inzwischen zu wissen. Die
Hinweise waren nicht von der Hand zu weisen – ihr Wissen über Knox hatte
geholfen, den Fall zu einem raschen Abschluss zu bringen. Doch warum nur hatte
sie ihm die Wahrheit auf eine so indirekte Art und Weise offenbart? Was gab es
sonst noch, das er nicht wusste? Es musste noch einen weiteren Aspekt geben.
Irgendetwas, das zum Greifen nahe war.
    Newbury hasste es, im Dunkeln herumzutappen, und es gefiel ihm
nicht, dass er heimlich vorgehen, sich vor ihrer Wohnung herumdrücken und sie
durch die Stadt verfolgen musste. Das rief widerstreitende Gefühle auf den Plan
und drehte ihm den Magen um. Doch wenn er ihr weiter vertrauen wollte, musste
er es wissen.
    Bisher hatte er kaum Zeit gehabt, über die Folgerungen nachzudenken.
Inzwischen beschattete er Veronica seit einer Stunde, zuerst mit der Droschke
und dann, die letzte Meile, zu Fuß, nachdem sie ihr Transportmittel verlassen
hatte. Er sah ihre zierliche Gestalt bei jedem Schritt leicht hin und her
schwanken, während er sie verfolgte und darauf achtete, außer Sicht zu bleiben.
Offensichtlich machte ihr die verletzte Schulter noch zu schaffen. Ihr Gang war
ein wenig unbeholfen, und sie hielt den Oberkörper steif – fast wie ein Soldat,
aufrecht und wachsam. Ihm war klar, dass sie, wenn er sie später fragte,
behaupten würde, sie hätte sich auf Anweisung des Arztes die ganze Zeit daheim
aufgehalten und sich erholt.
    Vor ihnen ragte der prächtige Buckingham Palace als grauer Monolith
aus dem Nebel auf. Es konnte keinen Zweifel geben, wohin sie wollte.
    Newbury ließ sich etwas zurückfallen und beobachtete Veronica, als
sie sich dem Tor näherte. Zu seiner Überraschung begrüßte der Wächter sie,
öffnete das eiserne Tor und ließ sie wortlos eintreten. Newbury überquerte die
Straße und beobachtete sie durch das hohe Gitter, konnte sie in jeder Lücke
zwischen den
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