Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Osiris Ritual

Osiris Ritual

Titel: Osiris Ritual
Autoren: George Mann
Vom Netzwerk:
diese Weise verloren hatte, einen Freund im Dienst. Gewiss, immer
wieder einmal sterben Polizisten, und Catherine war nicht die erste Witwe, der
ich die traurige Nachricht überbringen musste. Aber das war etwas anderes.
Catherine war eine Freundin. Sie hat die ganze Nacht an meiner Schulter
geweint, und ich sollte ihr helfen, es den Kindern beizubringen.«
    Newbury begriff, wie sehr es seinen alten Freund schmerzte, die
Geschichte zu erzählen.
    Â»Den größten Teil des Abends habe ich damit verbracht, sie zu
trösten, und dann konnte ich im Gästezimmer ein paar Stunden schlafen. Am
nächsten Morgen habe ich ihr geholfen, es dem Jungen zu erklären. Er war damals
erst drei, Newbury. Es hat mir das Herz gebrochen.« Bainbridge
hielt inne, riss auf der Rückseite des Briefchens ein Streichholz an und hielt
es an das Ende der Zigarre. Mit einer raschen Bewegung löschte er es, dann sog
er den beißenden Rauch ein. »Erst später wurde mir ihre Lage wirklich bewusst.
Sie war mittellos, und die Pension der Krone hätte kaum zum Überleben gereicht.
Sie hatte zwei Kinder, Newbury, zwei wunderschöne kleine Kinder, und ihr Mann
hatte im Dienst für das Empire sein Leben hingegeben. Was sollte ich tun? Ich
wollte doch nicht, dass sie aus der Wohnung geworfen und ins Armenhaus gesteckt
würde.«
    Newbury zog nachdenklich an der Pfeife. Er war am Kamin stehen
geblieben und stützte einen Arm auf den Sims. »Also haben Sie ihr das Haus in Bethnal
Green verschafft. Sie haben die Miete bezahlt und sie mit den Kindern umziehen
lassen.«
    Â»Genau. Ich schäme mich nicht dafür, Newbury. Sie ist eine gute
Frau, und ich habe sie nie um eine Gegenleistung gebeten. Sie sollten sie mit
den Kindern sehen.«
    Â»Ich habe sie gesehen. Auch Ashford sah sie. Er wusste es, Charles.
Er wusste, was Sie für ihn getan haben. Im Sterben trug er mir auf, Ihnen zu
danken.«
    Bainbridge lächelte, doch seine Stimme klang traurig. »Ich hätte
mich gern von ihm verabschiedet.«
    Â»Es ist besser, dass Sie es nicht getan haben, Charles. Ich glaube,
Ihnen hätte nicht gefallen, was aus ihm geworden ist.«
    Bainbridge stieß den Rauch durch die Nase aus und betrachtete
Newbury ernst. »Ich glaube, keiner von uns mag, was aus ihm geworden ist.«
    Newbury nickte, denn er sah die Wahrheit in den Worten des Freundes.
Nachdenklich ergriff er das Glas auf dem Kaminsims und trank einen großen
Schluck.
    Bainbridge stand auf, nahm das leere Glas von der Sessellehne und
kehrte zur Karaffe zurück. Daneben stand auf der lackierten Oberfläche der Hausbar
ein großes, geschmücktes Objekt aus Glas und Bein mit einer kleinen Brennkammer
und einem Schlauch, der in einem passenden Mundstück aus Knochen auslief und
wie ein Drachenkopf geschnitzt war. »Was ist das, Newbury?«
    Newbury schien etwas verlegen. »Eine Pfeife, Charles. Nur eine neue
Pfeife.«
    Bainbridge begriff es sofort. »Um Gottes willen, Newbury! Ich kann
nicht zulassen, dass ein Freund einem schleichenden Tod zum Opfer fällt, und
Sie schon gar nicht.«
    Â»Es hilft mir beim Denken, Charles, das ist alles. Mehr steckt nicht
dahinter.«
    Â»Ach was!« Bainbridge lief vor Zorn im Gesicht rot an. »Das reden
Sie sich nur ein, Newbury, aber in Wirklichkeit sind Sie genau wie wir anderen.
Sie suchen nach einem Fluchtweg, nach etwas, hinter dem Sie sich verstecken
können. Sie haben einfach nur beschlossen, dass dies Ihr liebstes Gift ist. Und
es ist ein Gift. Sie bringen sich damit um.«
    Newbury sah ihm fest in die Augen. »Vielleicht haben Sie recht,
vielleicht fliehe ich wirklich nur vor der Welt. Aber warum verurteilen Sie mich
so sehr dafür?«
    Bainbridge schenkte sich noch ein großes Glas Weinbrand ein. »Weil
ich nicht derjenige sein will, der Sie sechs Fuß unter der Erde begraben muss.
Weil ich weiß, was Sie da tun, und nichts davon halte. Warum sollten
ausgerechnet Sie sich hinter dem Schleier einer Droge verstecken können,
während wir anderen leiden müssen? Wir haben alle unsere Dämonen, Newbury.« Er stellte die Karaffe in den Schrank zurück. »Um Himmels
willen, Newbury, Miss Hobbes hat doch etwas Besseres verdient.«
    Der Agent seufzte. »Sie haben recht. Natürlich haben Sie recht. Sie
hat etwas viel Besseres verdient.« Es tat Newbury weh,
dass immer er es war, der Veronica in Gefahr brachte. Allerdings fürchtete
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher