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Opus 01 - Das verbotene Buch

Titel: Opus 01 - Das verbotene Buch
Autoren: Andreas Gößling
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wie insbesondere dem Ablasshandel und der Ketzerjagd. Gewiss ist er kein Mann von so fantastischem Facettenreichtum wie Trithemius oder Paracelsus, aber nimmt man den Zirkel, mit dem er sich umgibt, zum Maßstab, so sind auch seine Interessen und Überzeugungen – für heutige Begriffe – überaus weitgespannt.
    Der kaiserliche Hofkaplan Eberhard Senft ist in der Tat ein glühender Bewunderer des »Bücherpapstes« und Magie-Schriftstellers Johannes Trithemius. Der Organist Paul Lautensack wird von Fürstbischof Georg als Maler wie auch als Musiker gefördert. Dass der junge Künstler zudem in apokalyptischer Mystik schwelgt und für die ketzerische Geistkirche schwärmt, scheint den Bischof zumindest nicht zu stören. Und dann ist da noch der übel beleumdete Magier und Astrologe Georg Faust.
    Faust ist das berühmteste Phantom der deutschen Geistesgeschichte – zahlreiche Schriftsteller haben sich an einer literarischen Gestaltung dieser faszinierenden Figur versucht (darunter auch der Verfasser des vorliegenden Buches mit seinem Roman Faust, der Magier , 2007). Ob die vielerlei Legenden und Schauergeschichten vom frevlerischen Wirken und höllischen Ende des Alchimisten und Astrologen, Zauberers und angeblichen Teufelsbündlers Faust überhaupt eine reale Grundlage haben, ist jedoch bis heute umstritten. Etliche Hinweise sprechen immerhin dafür, dass ein gewisser Georg Faust um 1480 in Knittlingen bei Maulbronnzur Welt gekommen ist. Einigermaßen gesichert ist überdies, dass ein gotteslästerlicher Wundermann, der sich Doktor Faustus nennt, 1506 in der Freien Reichsstadt Gelnhausen den Unmut der kirchlichen wie auch der städtischen Obrigkeit erregt: Mitten im Marktgetümmel rühmt er sich, die Wunder Christi wiederholen zu können. Im Jahr darauf scheint Faust zudem in Kreuznach eine Schulmeisterstelle angetreten zu haben, vermittelt durch den berühmten Reformer und Lutheraner Franz von Sickingen (1481–1523). Ob sich diese wenigen Zeugnisse zumindest auf ein und dieselbe Person beziehen, ist jedoch in der Forschung keineswegs unstrittig.
    Wie häufig und wann genau der berühmt-berüchtigte Magier den Bamberger Bischof aufgesucht hat, lässt sich heute erst recht nicht mehr mit Bestimmtheit ermitteln. Eine offizielle Tafel im Torhaus der Burg datiert einen Aufenthalt Fausts auf das Jahr 1505. Darüber hinaus ist ein fürstbischöflicher Kassenbucheintrag vom 12. Februar 1520 überliefert: Dort ist festgehalten, dass Faust am nämlichen Tag ein ansehnliches Honorar von zehn Gulden erhalten hat, als Gegenleistung für ein Horoskop, das er dem Fürstbischof zwei Tage davor erstellt hat.
    Die Vermutung liegt also nahe, dass es zumindest einen losen Zirkel von Künstlern, Magiern und unkonventionellen Denkern gab, der sich über viele Jahre hinweg von Zeit zu Zeit in der Bischofsburg versammelte – unter diesem Dach konnte man Themen besprechen oder auch »magische« Praktiken ausüben, für die man andernorts vors Inquisitionsgericht gezerrt worden wäre. Dass dieser Zirkel, so es ihn überhaupt gab, allerdings den Charakter einer geheimen Bruderschaft hatte, ist vorerst nichts anderes als die Spekulation meiner Romanfigur Amos von Hohenstein. (Was an dieser Spekulation dran ist, wird sich im zweiten Opus -Band erweisen.)
    Noch ein Wort zu den Datumsangaben im Verbotenen Buch : Aus Gründen, die sich aus dem bisher Gesagten leicht erschließen dürften, habe ich die Handlung in das symbolträchtige Jahr 1499verlegt. Notgedrungen mussten dieser Datierung dann einige »reale« Zeitangaben angepasst werden. So war Georg III. im Jahr 1499 zwar bereits Domherr von Bamberg, erklomm aber erst 1505 den Fürstbischofsthron. Entsprechend haben sich Senft und Lautensack, Faust und die Nürnberger Maler aus Meister Wolgemuts Werkstätte in Wirklichkeit erst Jahre später um ihn versammelt.
    Auch der berühmte Maler Albrecht Dürer (1471–1528), der am Ende des Romans einen kurzen Gastauftritt hat, war in der Tat ein Schüler von Michael Wolgemut, doch 1499 lag seine Lehrzeit in der Nürnberger Werkstätte schon fast ein Jahrzehnt zurück. Gleichwohl könnte auch er dem Zirkel um Georg III. angehört haben, allerdings geraume Zeit später: Erst 1517 und 1520 hielt sich Dürer nachweislich mehrfach in der Bamberger Bischofsburg auf.
    Doch Magie und Literatur haben und schaffen eben ihre eigenen Wirklichkeiten.
Alte Magie und neue Kunstreligion
    Realfantastische Figuren wie Trithemius, Paracelsus oder Faust, ihre
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