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Opfer fliegen 1. Klasse

Opfer fliegen 1. Klasse

Titel: Opfer fliegen 1. Klasse
Autoren: Stefan Wolf
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soweit erniedrige ich mich nicht.“
    Werfall hatte abermals nach
Luft geschnappt und dann erwogen, seine durchtriebene Freundin auffliegen zu
lassen. Was er aber dann doch nicht tat, denn anfangs gefiel sie ihm sehr. Und
seine Chancen mit fast 70 Jahren standen in punkto Weiblichkeit nicht mehr zum
Besten. Also wurde er mitschuldig, indem er den Mund hielt.

     
    Später — das merkte Werfall —
bereute Irene Flörchinger sehr, daß sie geplaudert hatte. Und noch später, als
sich die Beziehung mehr und mehr abkühlte, wurde das Thema so gefährlich wie
die TNT-Bombe, die auch den Juwelier beinahe umgebracht hätte.
    Dann, vor zwei Monaten, hatten
sich die beiden nichts mehr zu sagen. Die Frau war dem Juwelier unheimlich
geworden. Sie nannte ihn „Sackgesicht“ und amüsierte sich über seinen Bauch.
Aus anfänglicher Begeisterung wurde gegenseitige Abneigung; und man ging
auseinander.
    Doch Malakaputtschino stand im
Raum wie ein Schreckgespenst.
    „Du kennst mich nur zum Teil,
Helmut“, hatte die Flörchinger zum Abschied gesagt. „Du weißt nicht, wozu ich fähig
bin, wenn man mich dazu zwingt. Damit meine ich: falls du den Mund aufmachst.
Wenn du plapperst, würde das meine Pläne durchkreuzen. Ich würde mich rächen an
dir. Du würdest nicht überleben. Ich kenne Leute, die kämen für eine Handvoll
Geld zu dir — nachts — und würden dich kaltmachen. Hast du mich verstanden?“
    Er hatte begriffen. Und war
ziemlich besorgt. Er war der Mitwisser einer Mitwisserin an einem riesigen
Verbrechen. Ein Glück nur, daß er den Revolver hatte. Der lag jetzt immer
geladen und schußbereit auf dem Nachttisch.

22. Badewasser lutschen
     
    Gaby hatte ihre Badetasche von
zu Hause geholt und Oskar dort gelassen. Jetzt war’s später Nachmittag, und
warmes braunes Licht überflutete die Grundstücke am Brigitten-Weg, der
verkappten Allee.
    Klößchen blieb bei den Bikes,
die an einem der Lindenbäume lehnten, war zu faul, um übers Tor zu klettern.
    Tim war schon hinüber geflankt
und half Gaby beim Übersteigen, wobei er sie fest in der Taille faßte und
hochhob. Karl schaffte es allein. Tim trug die Badetasche, und Gaby holte den
Schlüssel hervor, den sie von Nadja erhalten hatten.
    Weit und breit war niemand zu
sehen. Der L-förmige Bungalow auf der gegenüberliegenden Straßenseite
versteckte sich hinter hoher, blickdichter Hecke. Von dort konnte man die Kids
nicht beobachten.
    Gaby schloß auf. Sie traten in
die Entree-Diele. Stille. Noch ein schwacher Hauch von Irene Flörchingers
Parfüm hing in der Luft.
    „Um das ganze Haus zu
durchsuchen“, sagte Tim, „würden wir Tage brauchen. Entweder die Todesfälle ist
in der Schwimmhalle — oder wir finden sie nie.“
    „Warum denn plötzlich so
kleinmütig?“ fragte Gaby. „Vorhin warst du noch überzeugt von deiner Idee.“
    „Bin ich auch jetzt noch.“
    „Dort geht’s in den Keller“,
sagte Karl.
    Sie stiegen die Treppe
hinunter. Indirektes Licht — Tim hatte es angeknipst — wies den Weg. Und die
Treppe war keine Kellertreppe von üblicher Art, sondern breit, einladend und
mit kostbarem Teppich ausgelegt.
    Eine zweiflügelige Schwingtür
aus geriffeltem Glas. Es roch bereits nach desinfiziertem Wasser. Tim, Karl und
Gaby betraten die Schwimmhalle und blieben andächtig stehen.
    Es war tatsächlich eine Halle.
Ein Dutzend breiter Marmorstufen führte hinunter. Dadurch gewann die Halle an
Höhe.
    Gaby stieß einen Juchzer aus.
Verklärt öffnete sie die Arme.
    „Tim, wenn du wirklich
Architekt wirst und uns später mal ein Haus baust — dann muß sowas dabei sein.“
    „Ich werde mich bemühen“, er
grinste. „Und wo trainiere ich mein Judo, mein Karate, mein Kung-Fu?“
    „Dort am Rand. Das muß genügen.
So, jetzt sucht mal schön. Ich ziehe mich um. Ich gehe dort in die Ecke. Wehe,
ihr guckt!“
    „Karl ist jetzt blind“, sagte
Tim und nahm seinem Freund die Brille von der Nase.
    „Heh, traust du mir nicht?“
protestierte der. „Her mit den Gläsern, sonst bin ich’s, der in die Falle
tappt.“
    Karl erhielt seine Nickelbrille
zurück. Gaby raschelte mit ihren Textilien. Die Jungs gingen suchend umher.
    Tim äugte mit scharfen Augen
und war ein bißchen entmutigt. Wo soll hier eine Falle sein? überlegte er. TNT
ist es bestimmt nicht. Dann würde das Haus einstürzen — und damit wäre Susanne
Kühnerts Erbe geschmälert. Nein, es muß was anderes sein, was Heimtückisches.
Etwas, das für die Flörchinger maßgeschneidert ist,
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