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Opfer fliegen 1. Klasse

Opfer fliegen 1. Klasse

Titel: Opfer fliegen 1. Klasse
Autoren: Stefan Wolf
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Fensterscheibe oder ein Menschenleben?“
    „Hört auf zu streiten“, sagte
Tim. „Ich habe eine bessere Idee. Vielleicht taugt sie nichts. Aber wir könnten
auch Glück damit haben. Schauen wir mal! Also los! Nichts wie hin! Ich erzähle
unterwegs.“

20. Der Schlüssel
     
    Im Café ,Mohrentrank’, das aber
bekannt war für seine erlesenen Tee-Sorten und nicht für Kaffee, herrschte an
diesem Samstagnachmittag wenig Betrieb. Das Wetter lockte nach draußen, und ein
.draußen’ gab es beim ,Mohrentrank’ nicht, denn es lag in der City, an einer
viel befahrenen Verkehrsader, dicht an der Straße. Der Gehsteig bot kaum den
Passanten Platz. Boulevard-Tischchen aufzustellen — war unmöglich.
    Patrick Schröder und Kurt
Werfall saßen in einer Ecke. Von weitem hätte man sie für Brüder halten können.
Aber sie waren Freunde, jedenfalls glaubte Patrick fest daran, auch wenn ihre
Rivalität wegen Nadja Kühnert einen Schatten warf auf das Miteinander. Doch
diese zwischenmenschliche Spannung sollte ja behoben werden — durch den
geheimen Wettstreit, durch die Einbrüche, bei denen die Höhe der Beute darüber
entscheiden sollte, wer sich künftig allein um Nadja bewerben durfte. Der
Verlierer würde verzichten. Und wer das sein sollte, hatte Kurt Werfall
festgelegt. Er wollte Patrick in den Tod schicken.
    Beide tranken grünen Tee.
Sencha-Tee aus Japan, der als sehr gesund gilt.
    Dir nützt das nichts mehr,
dachte Kurt Werfall und nippte an seiner Tasse. Spätestens heute um Mitternacht
bist du tot, denn Onkel Helmut ist ein verdammt guter Schütze.
    „Also?“ fragte Patrick arglos.
„Worum geht’s? Weshalb sollte ich unbedingt herkommen?“
    „Unser Vorhaben nimmt Gestalt
an.“
    „Was ist da noch zu gestalten?
Wir haben doch alles besprochen.“
    „Fast alles.“
    „Was fehlt?“
    „Du kannst heute schon
loslegen.“
    „Heute?“
    „Ja, heute.“
    „Wieso das? Heute haben die
Malakaputtschino-Überlebenden doch ihr Treffen im ,Königssohn’.“
    „Exakt.“
    „Aber du hast doch darauf
bestanden, unseren Wettstreit schikanös aufzupeppen. Wie ein Ritterturnier,
hast du gesagt, Kurt. Damit wirklich Gefahr mitspielt. Wir sind so verblieben,
daß wir erst dann die Einbrüche machen, wenn unsere Onkels zu Hause sind. Dein
Juwelier im Ruhestand und mein Onkel Küchen-Schröder.“
    „Richtig. Mein Juwelier-Onkel
ist heute abend zu Hause.“
    „Er geht nicht zu dem Treffen?“

    „Nein. Er hat sich, wie ich
erst vorhin erfahren habe, gestern eine Darmstörung zugezogen. Vermutlich eine
leichte Lebensmittelvergiftung. Er ißt so gerne Austern. Und die haben manchmal
einen Klatsch weg, den man ihnen aber nicht ansieht. Daraus wird dann eine
Fischvergiftung, und der Betroffene kotzt und kackt und fühlt sich
sterbenselend.“
    Patrick nickte und trank einen
kräftigen Schluck Tee.
    „Verstehe. Gut, dann bin ich
heute abend an der Reihe. Und du?“
    „Ich ziehe morgen nach. Oder
wird dein Onkel morgen außerhäusig sein?“
    „Nicht, daß ich wüßte. Am
Sonntag hockt er meistens zu Hause.“
    „An diesem Wochenende
entscheidet sich also, wer die Nadja kriegt.“
    Patrick nickte und dachte für
einen Moment: Eigentlich idiotisch! Wir führen uns auf wie im Mittelalter. Aber
es ist nun mal Kurts Idee. Er wäre wütend, wenn ich kneife. Tja, und wenn ich
verliere — was dann? Werde ich cool genug sein, um zusehen zu können, wie Kurt
mit Nadja abzieht? „Was überlegst du?“ fragte sein Freund.
    „Ich überdenke die ganze
Sache.“
    „Willst du etwa aussteigen?“
    „Nein, irgendeine Lösung müssen
wir ja finden.“
    „Genau. Nadja mag uns beide.
Gleich gern, wie sie sagt. Sie kann sich nicht entscheiden. Von ihr kommt also
nichts, was die Situation klären könnte. Es würde immer so weitergehen im
Dreieck, und wir beide werden verrückt. Deshalb müssen wir es austragen auf
diese mannhafte Art.“
    Patrick grinste. „Dann wird
wenigstens nur einer von uns beiden verrückt.“
    „Du sagst es.“ Kurt winkte der
Serviererin. „Bitte, noch zwei Portionen Tee für meinen Freund und mich.“
     
    *
     
    In der Reisertroß-Straße, wo
Nadja Kühnert und ihre Mutter Susanne in einem Sechsfamilienhaus wohnten —
unten links — , war es still. Keine Autos. Keine Fußgänger. Und die
südwestliche Häuserzeile warf Schatten.
    Karl und Klößchen blieben mit
Oskar bei den Bikes. Tim war mit Gaby zur Haustür gesohlt und hatte geklingelt.
Nadja meldete sich, wie erhofft, war erfreut über den
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