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Oktoberfest

Oktoberfest

Titel: Oktoberfest
Autoren: Scholder Christoph
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des Laufes aus. In fünfundvierzig Sekunden jagte das Schnellfeuergeschütz die Salve heraus. Sechzig 76-mm-Geschosse, jedes mit einem Gewicht von über zwölf Kilogramm, verließen den Lauf mit einer Anfangsgeschwindigkeit von neunhundertfünfundzwanzig Metern pro Sekunde.
    Wolfgang Härter hörte die heranorgelnden Granaten. Er rief Amelie zu, sie solle den Mund öffnen. Wegen des Trommelfells.
    Die Pforten der Hölle taten sich auf.
    Die Salve der »Bayern« traf ihre Ziele mit der Wirkung von dreißig glühenden Abrissbirnen. Die Detonationen verschmolzen zu einer einzigen ohrenbetäubenden Kakophonie der Zerstörung.
    Heiße Druckwellen walzten durch die Dünen der beliebtesten Urlaubsinsel Deutschlands. Vereinzelt fielen Strandkörbe um.
    Die sechs exklusiven Ferienhäuser verwandelten sich binnen nicht einmal einer Minute in rauchende Ruinen. Trotz des starken Regens ließ das Thermit die reetgedeckten Dachstühle wie Zunder brennen. Flammen schlugen meterhoch aus den Fenstern. Wände barsten. Schreie wurden laut.
    »Thermit, der Frosch, Applaus, Applaus!«, raspelte MOF in Härters Kopfhörer. Die Verwundung war wohl tatsächlich nicht so schlimm.
    Der Kapitän sah sich um. Die Explosionen hallten dröhnend in seinem Schädel nach. Der Sea Lynx hatte den Strand erreicht. Die Windböen ließen den Helikopter tanzen wie einen Kinderdrachen. Er erkannte, dass die seitliche Tür bereits geöffnet war und die Verwundetentrage an dem Stahlseil der Winde langsam zum Strand herabgelassen wurde. Er winkte mit dem dunklen Rotlicht seiner Lampe. Rotlicht aus dem Hubschrauber blinkte bestätigend zu ihm zurück.
    Wolfgang Härter hob Werner Vogel hoch. Er konnte nicht sagen, ob dieser noch atmete. Der Lärm um ihn herum war zu laut. Mit einer Geste forderte er Amelie auf, ihm zu folgen.
    »MOF, MC, wo seid ihr? Meldung!«
    Sie umkurvten einige Strandkörbe und erreichten die Trage in dem Moment, als diese auf dem Sand aufsetzte. Schnell legte er Vogel darauf und zog die Riemen fest. Dann zog er die Schlinge fest um Amelie Karman. »Sie haben es geschafft, Frau Karman! Genießen Sie den Flug!«, brüllte er über den Wind und das Rotorengeräusch hinweg.
    Er winkte zum Hubschrauber hinauf, der zu steigen begann. Die Trage und Amelie wurden hochgehoben. Der Sturm ließ sie bedenklich hin- und herpendeln. Die Winde holte das Seil jedoch schnell ein. Als der Helikopter abdrehte, sah Härter noch, wie Amelie in das Innere des Hubschraubers gezogen wurde.
    »Habe das Wasser erreicht. Wir sehen uns an Bord«, meldete MOF.
    »MC? Meldung!«
    Von Land vernahm er jetzt aufkommenden Gefechtslärm. Maschinenpistolen. Sogar das Fauchen einer Panzerfaust glaubte er zu hören. KSK, SEK und die GSG 9 rückten vor. Die Schlinge zog sich um die überlebenden Gegner von der Landseite her zu.
    Aber der Kopfhörer in Härters Helm blieb stumm.
    Er richtete sich im Schatten eines Strandkorbes auf. Flammen tauchten die Küste in zittriges Licht. Er suchte den Strand zu beiden Seiten mit den Augen ab, konnte jedoch nichts erkennen. Erneut rief er den jungen Bootsmann über Funk.
    Erneut blieb die Antwort aus.
    Dann sah er einen dunklen Schatten in etwa zweihundert Meter Entfernung im Spülsaum liegen. Was war das? Konnte auch Strandgut sein. Er lief los, auf den Gegenstand zu. Dabei schlug er immer noch Haken. Man konnte nie wissen. Er wollte kein leichtes Ziel abgeben.
    Je näher er kam, desto klarer wurde erkennbar, was da lag. Eine menschliche Gestalt. Er beschleunigte seine Schritte. Immer wieder umspülten die Ausläufer der Wellen den Körper.
    Irgendetwas stimmte nicht.
    Aus zehn Meter Entfernung sah er schließlich, was nicht stimmte.
    Der Körper lag bäuchlings im feuchten Sand.
    Dennoch starrten seine Augen blicklos in den Himmel.
    Er erkannte die deutsche Fahne auf dem Anzug. Jemand hatte dem jungen Bootsmann Lenz den Hals umgedreht. In Härter stieg fürchterliche Bitterkeit empor. Kalte Leere angesichts der Sinnlosigkeit des Todes ergriff von ihm Besitz.
    Er fiel neben der Leiche auf die Knie. »Zerberus für Aurora. Aurora, kommen!«
    »Aurora für Zerberus. Aurora hört.«
    Kapitän zur See Wolfgang Härter spürte die Bewegung in seinem Rücken mehr, als dass er sie gesehen hätte. Die Instinkte eines Shaolin.
    Luft werden.
    Er warf sich nach vorne und vollführte in der Luft eine halbe Drehung. Knirschend bohrte sich ein Messer in den Sand, wo er gerade noch gekniet hatte. Mit den Schulterblättern stieß er sich ab und
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