Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Oktoberfest

Oktoberfest

Titel: Oktoberfest
Autoren: Scholder Christoph
Vom Netzwerk:
Er knickte ein und stürzte nach vorne.
    Im Fallen bekam er Blochins rechte Hand mit der Waffe zu fassen. Wütend verdrehte er ihm den Arm, um ihm die Pistole zu entwinden. Oleg Blochin schrie auf. Der Schwung des Angriffs riss sie beide nach hinten. Gemeinsam krachten sie gegen einen offen stehenden Schrank. Wieder klapperte die Waffe auf den Steinboden und rutschte an der Sitzgruppe aus weißem Leder und dem Couchtisch vorbei bis zur Terrassentür.
    Für fast zehn Sekunden lagen die Brüder Oleg und Kolja Blochin nur einen Meter voneinander entfernt und versuchten, zu Atem zu kommen.
    Karl Rombergs Bewusstsein glitt in die Vergangenheit. Als würde ein kräftiger Windstoß Nebelschwaden vertreiben, konnte er sich plötzlich wieder erinnern. Die Nacht an den Eisenbahngleisen.
    Die Nacht seiner Schuld.
    *
    »Zerberus für Aurora. Elvis verlässt das Gebäude. Die Landeinheiten sollen vorrücken. Wie sieht es mit dem Helo aus?«
    »Aurora für Zerberus. Der Helo ist in der Luft. Ankunft über dem Strand in fünf Minuten. Landeinheiten rücken unverzüglich vor, verstanden.«
    Als sie aus dem Windschatten des Ferienhauses kamen, trafen Böen und Regen sie mit voller Wucht. Amelie war innerhalb von Sekunden vollkommen durchnässt. Härter ging neben ihr, Werner Vogel auf den Armen. Sein linker Arm umfasste Vogels Schultern, während Vogels Knie in der rechten Ellenbeuge lagen. In der rechten Hand hielt er die Glock nach vorne gerichtet.
    Es war nichts zu hören außer dem Jaulen des Windes, der Regentropfen wie Schrotkugeln vor sich hertrieb.
    Zunächst ging es den steilen Weg durch den Garten des Hauses nach unten. Sie stiegen über einen niedrigen Gartenzaun. Dann mussten sie durch die Dünen weiter, auf das Meer zu. Nicht nur, dass der Sturm sie mehrfach beinahe umgeworfen hätte, auch der tiefe Sand erschwerte das Fortkommen. Nach kurzer Zeit war Amelie außer Atem.
    Der schrille Schrei einer Möwe, der das Heulen des Sturms übertönte, klang wie eine Warnung.
    Plötzlich stob der Sand vor ihren Füßen in einer kleinen Fontäne in die Höhe. »Deckung!«, brüllte Härter, noch bevor Amelie verstanden hatte, was die Fontäne zu bedeuten hatte. Mit dem Ellbogen gab der Kapitän ihr einen Stoß. Sie landete in einer Mulde. Härter ging neben ihr in die Knie, legte Vogel ab und presste sich dann ebenfalls flach auf den Boden.
    »Wir haben mittlerweile jede Menge Feindbewegung«, meldete sich MC. »Ich konnte nicht identifizieren, woher das Feuer kam.« Härter kniff die Augen zusammen und versuchte, irgendetwas zu erkennen. Der Regen hatte ein wenig nachgelassen. Er glaubte, einzelne Gestalten auszumachen, die gebückt von einem Haus zum anderen rannten. Glas klirrte.
    Dann brach das Gefecht los.
    In einem Dachfenster sah er Mündungsfeuer aufblitzen. Unmittelbar vor ihm stob Sand empor. Sofort senkte er den Kopf. Direkt danach hörte er das trockene Knattern mehrerer Sturmgewehre und Maschinenpistolen. Der Feind hatte ihre Position erkannt und begann, sie mit Feuer zu belegen. Er formulierte im Kopf noch seinen Funkspruch, als MOF bereits von sich aus in das Geschehen eingriff.
    Das charakteristische, hochfrequente Rattern der Feuerstöße des Maschinengewehrs hatte auf Härter komischerweise eine beruhigende Wirkung.
    MOF war ein Virtuose, was den Umgang mit dem MG 3 anging. Er besaß sogar eine persönliche Waffe. Ein Einzelstück aus Edelstahl. Handgefertigt vom leitenden Waffenmechaniker des Standortes Eckernförde. Böse Zungen behaupteten, MOF nähme die Waffe mit ins Bett. Aber das war nur ein Gerücht. Tatsache war, dass MOF seinem Maschinengewehr einen Namen gegeben hatte: Lili Marleen.
    Und jetzt begann Lili Marleen, ihr grausames Lied zu singen.
    Härter sah sich um. Amelie hatte sich zusammengerollt und presste die Hände seitlich auf die Ohren. Härter robbte zu ihr. Er zog eine der Hände weg. Die Hand zitterte.
    »Wir bekommen Feuerschutz. Wir müssen weiter. Sehen Sie die Abbruchkante der Düne?«
    Amelie hob den Kopf und blickte Härter an, als sähe sie ihn zum ersten Mal.
    Dann folgten ihre Augen seinem ausgestreckten Zeigefinger. Sie nickte.
    »Da müssen wir hin. Wenn wir es über die Kante schaffen, sind wir in Sicherheit.« Der Kapitän hob Werner Vogel wieder vom Boden hoch. Er registrierte dessen flachen, aber regelmäßigen Atem.
    »Sprung auf, marsch, marsch!«, rief er Amelie zu und rannte in Zickzacklinien los. Neben ihm spritzte der Sand auf. Ein wütender Feuerstoß von Lili Marleen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher