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Ohne Gewaehr

Ohne Gewaehr

Titel: Ohne Gewaehr
Autoren: Renee R. Picard
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seine Augen starrten mich leer und leblos an.
    »Garry! Wach auf, Garry! Das kannst du doch nicht
machen! Wir hatten noch gar keine Zeit, uns zu begrüßen. Es gibt so viel, was
ich dir erzählen muss!«
    Doch mein Freund bewegte sich nicht, kein weiterer Laut
drang aus seinem Mund.
    Menschen hatten sich um uns herum versammelt, hilflos
blickte ich zu den Umstehenden auf. »Tun Sie doch etwas! Weiß denn hier niemand,
wie man Erste Hilfe leistet?«
    Ein einzelner Mann trat mit betretener Miene auf mich
zu. »Kommen Sie, Miss. Ich glaube nicht, dass Ihren Freunden noch zu helfen
ist. Setzen Sie sich irgendwo hin und warten Sie auf die Polizei.«
    Wie aufs Stichwort ertönten von draußen die Sirenen der
Einsatzwagen.
    Unschlüssig stand ich vor Garry, der reglos vor mir
lag. Mein Blick fiel auf seine Tasche. Er hatte gesagt, ich solle sie nehmen
und von hier verschwinden.
    Während ich noch überlegte, was ich tun sollte, kamen
die Sirenen näher. Auf einmal war das Café voller Menschen, hunderte
Schaulustige drängten sich auch von außen an der zerstörten Frontscheibe, um
einen Blick auf das Geschehen zu erhaschen. Einige Leute hatten ihre Handys gezückt
und fotografierten damit den Tatort.
    Noch einmal beugte ich mich über meine Freund, tastete
mit den Fingern nach seiner Halsschlagader, um nach einem Puls zu suchen. In
diesem Moment krachte es wieder.
    Die Menschen hinter mir stoben auseinander, wildes
Gekreische übertönte alle anderen Geräusche. Der Mann, der eben noch mit mir
gesprochen hatte, hielt sich eine Stelle an seinem Bauch, unter seiner Hand
sprudelte Blut hervor und tropfte auf den Fußboden.
    Noch immer begriff ich nichts von dem, was um mich
herum vorging. Doch Garrys letzte Worte klangen in meinen Ohren. Falls dies ein
gezielter Anschlag war, versuchte der Schütze nun womöglich, auch mich zu töten!
    Endlich fasste ich mich soweit, dass ich zu einer
kontrollierten Handlung fähig war. Ich schnappte mir Garrys Tasche und meine
eigene Handtasche. Gehetzt sah ich mich nach meinem Handy um, dass ich in der
Hand gehalten hatte, als der erste Schuss fiel. Doch ich konnte es nirgends
entdecken, durfte mich jetzt auch nicht unnötig lange damit aufhalten es zu
suchen.
    Mit den Taschen in der Hand rannte ich los, wich dabei
den fragenden Blicken der Umstehenden aus und hielt mir eine Hand vor den Mund,
so als sei mir übel. Zu meiner Überraschung ließ man mich ohne Nachfragen
passieren, vermutlich glaubten alle, ich wollte aufs Klo.
    Doch sobald ich am Eingang des Cafés angekommen war,
sprang ich mit einem Satz nach draußen. Meine Aktion fiel gar nicht weiter auf,
zu chaotisch war das Gedränge auf dem Fußweg vor dem Café.
    An der Straße hielt ich ein Taxi an.
    »Wohin soll ich Sie bringen?«, fragte mich der Fahrer,
sobald ich eingestiegen war und die Tür hinter mir geschlossen hatte.
    Ich dachte kurz nach.
    Der Fahrer sah mich durch den Rückspiegel an. »Miss,
ich glaube, Sie sollten ins Krankenhaus fahren. Sie scheinen sich verletzt zu
haben.«
    Beinahe panisch suchte ich nach einem Spiegel, um mich
zu betrachten, stellte dann aber erleichtert fest, dass ich nur ein paar
Kratzer im Gesicht abbekommen hatte. Dafür war mein T-Shirt jedoch voller roter
Spritzer. »Sie haben recht. Fahren Sie mich bitte zum Krankenhaus. Aber nicht gleich
in die Notaufnahme, so dringend ist es nicht«, bat ich ihn.
    Ich hatte nicht vor, mich ärztlich behandeln zu lassen.
Dieser Zwischenstopp war vielmehr dazu da, meine Spuren zu verwischen und dem  Schützen
eine mögliche Verfolgung zu erschweren.
    Während der Fahrt blickte ich mich immer wieder um,
versuchte festzustellen, ob wir verfolgt wurden. Aber entweder war der Schütze
ein Profi oder mir war es gelungen, unbemerkt zu entkommen. Oder ich war
einfach blind, die Möglichkeit gab es natürlich auch noch.
    Der Taxifahrer schaltete am Radio herum. »Könnten Sie
bitte etwas ruhigere Musik spielen?«, bat ich ihn. »Mir geht es nicht so gut.«
    Er blickte missmutig zu mir nach hinten, schaltete dann
aber einen Klassiksender ein. Wenigstens verhinderte ich so, dass er die
Nachrichten hörte und mich am Ende noch mit dem Schusswechsel in Verbindung
brachte. Da riskierte ich es lieber, ihn zu verärgern.
    Die Fahrt dauerte nicht lange, doch ich hatte genug
Zeit, Garrys Tasche zu inspizieren. Der Umschlag mit dem Geld war darin, seine
Ausweise, ein Telefon und ein Flugticket. Ich sah neugierig darauf und
erschrak. Er hatte ein Rückflugticket nach
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