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Ohne Gewaehr

Ohne Gewaehr

Titel: Ohne Gewaehr
Autoren: Renee R. Picard
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und
nicht um ein fröhliches Wiedersehen und die Begrüßung eines so lange vermissten
Freundes.
    Das Herz pochte mir bis zum Hals, als ich Daniels
Nummer wählte. Angespannt wartete ich darauf, dass eine Verbindung zustande kam
und er abnahm. Mir war nicht ganz klar, was ich zu ihm sagen würde, aber egal
wie seine Laune auch war, ich wollte zumindest alles aufklären. Wie wir weiter
miteinander verfuhren, konnten wir auch später entscheiden.
    Endlich hörte ich das Rufzeichen, der Ton wiederholte
sich im selben Abstand. Dreimal, viermal, fünfmal klingelte es. Dann wurde die
Verbindung unterbrochen. Ich versuchte es ein weiteres Mal, damit er merkte,
wie dringend es war. Noch nie hatte er meine Anrufe unbeantwortet gelassen oder
gar abgeblockt. Doch diesmal meldete er sich nicht.
    Nachdem ich es drei weitere Male versucht hatte,
erhielt ich plötzlich die Mitteilung, dass der Teilnehmer zur Zeit nicht
erreichbar sei. Also hatte er sein Telefon ausgeschaltet und auch die Mailbox
deaktiviert. Kurz dachte ich daran, wie viele andere Leute außer mir wohl
vergeblich versuchen würden, ihn jetzt zu erreichen. Seine Geschäftspartner
kontaktierten ihn dauernd.
    Zuletzt rang ich mich dazu durch, ihm eine Nachricht zu
senden. Wenn er anders nicht erreichbar war, dann musste eben eine
Textmitteilung genügen. Immerhin konnte ich dann sicher sein, dass er meine
Mitteilung auch erhielt. Ich suchte nach einer passenden Formulierung, um jeden
Irrtum auszuschließen.
    Noch einmal blickte ich auf und sah, wie Garry einen
Stapel Banknoten in einem Umschlag zählte, den er offenbar soeben von McDermott
erhalten hatte. Er bemerkte meinen interessierten Blick und verzog seinen Mund
zu einem angespannten Grinsen. »Ich erkläre dir gleich alles. Wir sind hier in
einer Minute fertig, Prinzessin!«
    Sein Übermut und energiegeladener Tatendrang brachten
mich wie immer zum Lachen. Seine blonden Haare standen wirrer denn je von
seinem Kopf ab und ich konnte es kaum erwarten, ihn endlich ganz für mich
allein zu haben. Wir hatten uns so viel zu berichten!
    Ein lauter Knall ertönte wie aus heiterem Himmel, dann
noch einer. Schon beim ersten Geräusch war ich zusammengezuckt und hatte mich
halb unter dem Tisch verkrochen, beim zweiten Krachen blieb ich gleich ganz
darunter sitzen. Wieder krachte es, einige Fensterscheiben des Cafés gingen zu
Bruch. Zwei Frauen schrien und überall um mich herum rannten die Menschen in
Panik davon.
    Nach ein paar Sekunden spähte ich vorsichtig über die
Tischkante und schloss sofort entsetzt die Augen. Dort, wo eben noch Garry und
Michael McDermott gesessen hatten, war die Fensterscheibe in kleine Splitter
zerbrochen. Garry hatte beim Sturz auf den Fußboden die Tischdecke mit
heruntergerissen, nun lagen die Scherben der beiden Tassen inmitten einer
braunen Brühe auf dem Fußboden verteilt.
    Als ich meine Augen wieder öffnete sah ich, wie ein dünner
Strom roter Flüssigkeit unaufhaltsam über den Boden floss und sich mit dem verschütteten
Kaffee vermischte. Mir wurde ganz übel.
    Trotzdem fand ich irgendwie die Kraft, zu Garry hinüberzukriechen.
»Garry, geht es dir gut? Hast du auch was abgekriegt oder ist das alles McDermotts
Blut?«
    Ein einziger Blick auf Katies Bruder verriet mir, dass für
ihn jede Hilfe zu spät kam. Ein kleines Loch prangte mitten auf seiner Stirn,
daraus sprudelte dunkelrotes Blut hervor.
    Ich schluckte und wandte mich dann meinem Freund zu,
der sich vor mir auf dem Boden bewegte. »Juliet!...«, er atmete angestrengt und
ich beugte mich näher zu ihm, um ihn besser zu verstehen. »Du musst von hier
verschwinden! Nimm meine Tasche und lauf! Lass dich nicht erwischen und
vertraue niemandem, besonders nicht der Polizei oder deinem Vater. Versteck
dich irgendwo weit weg und komm erst zurück, wenn alles vorbei ist...«
    Mühsam hob er den Arm und strich mir damit über die
Wange. Ich war wie erstarrt, wollte ihm beistehen, ihm helfen. Er hatte eine
Schusswunde am Oberkörper, ich sah, wie sich sein T-Shirt langsam verfärbte,
wie seine Hautfarbe immer blasser wurde. Und ich wusste aus eigener Erfahrung,
dass er selbst mit dieser Verletzung noch eine Chance hatte, zu überleben.
    »Ein Arzt! Wir brauchen einen Arzt!«, rief ich verzweifelt
den Umstehenden zu, die langsam näher an diesen Tisch traten.
    Jemand winkte mir zu. »Ist schon bestellt. Polizei und Rettungswagen
sind unterwegs.«
    Ich wandte mich wieder an Garry, doch dessen Kopf war
in meinen Armen zurückgesunken,
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