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Ohne Gewaehr

Ohne Gewaehr

Titel: Ohne Gewaehr
Autoren: Renee R. Picard
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gestritten«,
erinnerte ich sie. »Im Moment hat er keine Ahnung, was ich mache. Aber um zwei
haben wir eine gemeinsame Verabredung und dann kriegt er sich hoffentlich
wieder ein.«
    Wir redeten noch eine Weile über
Belanglosigkeiten, dann musste ich los. Mit dem festen Versprechen, uns von
jetzt an regelmäßiger zu treffen, verabschiedeten wir uns voneinander. In
Gedanken war ich schon bei meinem bevorstehenden Termin mit Santoro. Gleich
würde ich Daniel wiedersehen!
    Das Klingeln meines Handys riss mich aus diesen Überlegungen.
Als ich aufs Display blickte, sah ich eine unbekannte Nummer aufleuchten.
    »Hi, Süße! Ich bin‘s!«, klang die vertraute Stimme
meines verschollenen Freundes aus dem Handy. Für einen Moment wusste ich gar
nicht, was ich antworten sollte, so überrascht war ich über seinen Anruf.
    »Garry! Wo bist du? Ich habe schon so oft versucht,
dich zu erreichen. Bist du in Thailand? Geht es dir gut?« Endlich purzelten die
Worte nur so aus meinem Mund.
    »Beruhige dich, Süße. Ich bin in Boston und wollte
sehen, ob du heute Zeit hast, dich mit mir zu treffen? Jetzt gleich?«
    Ich konnte vor lauter Aufregung gar nicht stillstehen
sondern hopste freudig auf dem Gehweg entlang. »Ja, klar kann ich kommen. Wo
bist du denn gerade?«
    »Ich treffe mich mit einem alten Freund, danach können
wir zusammen einen Kaffee trinken. Wie wäre es mit dem Café gleich bei dir um
die Ecke?«
    Im ersten Moment verstand ich nicht, was er meinte,
doch dann fiel mir ein, dass Garry ja gar nichts von meinen Umzügen, meiner
Verlobung mit Daniel und meiner Flucht zu Katie wissen konnte. Es würde eine
Weile dauern, bis ich ihn auf den neusten Stand gebracht hatte. »Okay, ich komme
dorthin und warte auf dich«, versicherte ich ihm eilig.
     
    Im Taxi zum Triumph Tower konnte ich vor lauter
Aufregung kaum stillsitzen. Der Fahrer sah mich mehrfach genervt an, sagte aber
zum Glück nichts.
    Ich bemerkte, dass eine weitere Kurznachricht von
Daniel auf meinem Telefon einging. Wahrscheinlich wollte er wissen, wo ich
blieb. Schließlich waren wir zur Vernehmung im Polizeipräsidium vorgeladen.
    Als ich die SMS öffnete, stellte ich zu meiner
Überraschung fest, dass er mir einen Musiktitel geschickt hatte. Ohne jeden
Kommentar. Always von Saliva . Hatte ich noch nie gehört. Schnell leitete
ich den Titel auf mein I-Pad um und s uchte nach den passenden Kopfhörern.
    Im ersten Augenblick hielt ich es
für ein Liebeslied, doch als ich den gesamten Text dreimal hintereinander
angehört hatte, war ich mir nicht mehr so sicher. Was wollte er mir damit
sagen?
    ...Ich liebe dich, ich hasse
dich, ich kann dir nicht entfliehen,
     ich atme dich, ich schmecke
dich, ich kann ohne dich nicht leben.
    Ich halte es nicht mehr aus,
dieses Leben in Einsamkeit,
    Ich trete nun hinaus und lasse
dich allein zurück!...
     
    War das ein Abschied oder
vielleicht eine Warnung? Wollte er mich damit demütigen oder aufheitern? Was
immer sein Ziel war, er hatte eines geschafft: Ich war verwirrt.
     
    Erwartungsvoll betrat ich das Café und blieb vor
Schreck noch in der Tür stehen. Garry wartete nicht allein auf mich, sondern in
Begleitung eines anderen Mannes, der etwas älter als er selbst zu sein schien.
Ich kannte diesen Mann flüchtig – wir waren uns schon einmal begegnet. Es war
Michael McDermott, der Bruder von Katie. Was wollte er hier? War er gekommen,
um Garry zu treffen oder warteten die zwei Männer auf mich?
    Zögerlich ging ich an den Tisch der Beiden, zog mir
einen der leeren Stühle heran und setzte mich dann. Ursprünglich hatte ich
vorgehabt, Garry ganz fest zu umarmen, doch die Anwesenheit des anderen Mannes zerstörte
unser gewohnt ausgelassenes Wiedersehen.
    »Süße, lass dich anschauen! Du siehst ganz anders aus,
so traurig. Was ist passiert?«
    Vor Garry konnte ich nie lange etwas verbergen, und
selbst nach einer so langen Abwesenheit erkannte er sofort, wenn mit mir etwas
nicht stimmte. Die verflixten Tränen liefen mir schon wieder über die Wangen,
doch meine Situation war viel zu kompliziert, als dass ich sie ihm in wenigen Worten
erklären konnte. Und ich wollte damit auch keine Zeit verschwenden, sondern
wissen, wie es ihm ergangen war und wo er die ganze Zeit über gesteckt hatte.
    Auf den ersten Blick sah er sonnengebräunt und gut
erholt aus. Seine Haare waren noch heller als zuvor und er hatte dieselbe
schlanke Figur wie immer. Doch als ich in seine blauen Augen blickte, erkannte
ich, dass auch ihm etwas
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