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Sturm und Drang

Sturm und Drang

Titel: Sturm und Drang
Autoren: Martin Scott
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1. KAPITEL
    Turai ist dem Untergang geweiht«, verkündet der alte Parax, seines Zeichens Schuhmacher. Er gehörte noch nie zu den optimistischeren Menschen.
    »Turai wird überleben«, erklärt dagegen Ghurd. »Mich vertreibt kein verdammter Ork aus dieser Stadt.«
    Er sieht mich Hilfe suchend an. Ich zucke mit den Schultern. Ich habe keine Ahnung, ob wir überleben werden oder nicht. Unsere Armee ist besiegt, vor den Wällen Turais lungern Orks herum, und weit und breit lässt sich keine Unterstützung blicken. Da fällt es etwas schwer, zuversichtlich zu sein. Letzten Monat hat uns Prinz Amrag, Oberster Kriegsherr der Orks, eine verheerende Niederlage beigebracht. Er hat uns vollkommen überrumpelt, unsere Streitkräfte vor den Mauern eingekesselt und vernichtet. Wir hatten im Winter keinen Angriff erwartet. Die Stadtoberen haben die Warnungen von Lisutaris, der Obersten Hexenmeisterin der Zaubererinnung, schlichtweg ignoriert.
    Trotz dieses Sieges gelang es den Orks allerdings nicht, die Stadt selbst einzunehmen. Sie haben die Ödlande mitten im Winter durchquert und es sogar geschafft, dabei Drachen mitzunehmen. Sie haben wohl auf einen raschen Sieg gehofft. Hätten sie die Stadt erobert, hätten sie hier bequem überwintern und Entsatz an frischen Truppen abwarten können, bevor sie die restlichen Menschenlande überfallen hätten. So jedoch hocken sie draußen im Schnee, und das ist nicht sonderlich gemütlich, nicht mal für Nördliche Orks, die schlechtes Wetter gewohnt sind.
    »Wenn der Frühling kommt, werden sie eine Entsatzarmee schicken«, behauptet Ghurd.
    Ghurd ist der Besitzer dieser Taverne, mein Vermieter und mein ältester Freund. Wir haben in der ganzen Welt Seite an Seite gefochten. Mittlerweile ist er ein bisschen ergraut und lebt davon, Bier zu verkaufen. Aber seine Kraft und sein Kampfgeist sind ungebrochen. Er ist bereit, im nächsten Frühling aus den Toren von Turai hinauszumarschieren und die Orks dahin zurückzutreiben, wo sie hingehören. Ganz so abwegig ist diese Hoffnung nun auch wieder nicht. Im Augenblick sollten bereits Armeen zusammengezogen werden. Simnia und alle Länder des Westens dürften sich für einen Krieg wappnen. Der abelasische General Hiffier wird eine Armee der Liga der Stadtstaaten aufstellen. Die Elfen von den Südlichen Inseln rüsten ihre Schiffe aus und spitzen ihre Speere. Theoretisch sollte der erste Frühlingstag auf gewaltige Armeen blicken, die aus dem Westen und dem Süden gen Turai marschieren.
    Bedauerlicherweise können wir genauso sicher sein, dass gleichzeitig auch ein riesiger Haufen von Orks aus dem Westen gegen Turai marschiert. Und Prinz Amrags Verstärkung könnte sogar noch etwas früher eintrudeln. Vielleicht wartet der Prinz den Frühling gar nicht ab.
    »Ich glaube, er wird versuchen, Turai vorher mit Gewalt einzunehmen.«
    Ghurd schüttelt den Kopf. »Das kann er nicht. Er hat nicht genug Orks, um unsere Wälle zu stürmen. Er hat keine Belagerungsmaschinen, und Drachen fliegen im Winter nicht sonderlich gut. Unsere Zauberer können sie in Schach halten.«
    Das stimmt. Lisutaris, Herrin des Himmels, hat immer noch eine beeindruckende Versammlung magischer Talente unter ihren Fittichen. Die Orks haben zwar unsere Armee vernichtet, aber es ist ihnen nicht gelungen, auch unsere Zauberer auszuschalten. Und die waren schon immer unsere schärfste Waffe. Ghurd glaubt jedenfalls, dass sich Prinz Amrag verkalkuliert hat.
    »Ein guter Angriff, sicher. Aber nicht gut genug. Er hat die Stadt nicht einnehmen können. Und ich glaube, jetzt schafft er es schon gar nicht mehr. Warum sollte er den Winter hier im Schnee verbringen? Er wird nach Hause gehen und es ein andermal versuchen.«
    Ich winke Dandelion, mir noch ein Bier zu bringen. Der Winter in Turai ist nicht sehr angenehm, und das einzig Vernünftige, was ein Mann tun kann, ist, sich vor ein loderndes Feuer zu setzen und Bier zu trinken, bis er vorbei ist. Leider zwingt mich die Bürgerpflicht, lange auf den Mauern Wache zu stehen, was mir nicht im Geringsten gefällt. Hätte ich meinen magischen warmen Mantel nicht, hätte ich schon längst das Zeitliche gesegnet.
    Ich bin von Beruf Detektiv, aber im Moment gibt es nicht viel zu ermitteln. Seit dem Angriff der Orks habe ich nicht einen einzigen Klienten gehabt. Da der Feind vor den Toren steht, achtet die Bevölkerung sehr auf ihr Hab und Gut. Im Winter herrscht in Turai immer Mangel, und jetzt wird es noch viel schlimmer werden. Drachen haben
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