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Nur für eine Stunde?

Nur für eine Stunde?

Titel: Nur für eine Stunde?
Autoren: Judith Arnold
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Tempo. Plötzlich hatte er mit Vertriebsfirmen zu tun, musste sich um Werbung kümmern und um allen möglichen anderen Geschäftskram, an den er nie gedacht hatte, als er mit der Vermarktung seiner Fruchtsaftkreationen begann. Und angefangen hatte es damit, dass das Erfinden immer neuer Mix-Rezepte ihm einen Riesenspaß machte. Dass seine Fruchtdrinks supertoll bei den Leuten ankamen. Dass er immer wieder ermuntert wurde, sein Talent zu Geld zu machen. Dass er die Idee weiterspann und beschloss, seine Fruchtsäfte mit einem bescheidenen Profit an einen größeren Kundenkreis als die Urlauber zu verkaufen. Alles in kleinem, überschaubarem Rahmen.
    Nun machte er große Profite, hatte Angestellte, zahlte Gehälter und Versicherungsbeiträge. Er hatte eine Personalchefin eingestellt, und die wiederum hatte ihm nahegelegt, schleunigst jemanden für die Buchhaltung einzustellen.
    Seine Anzeige hatte nicht gerade ein Heer von Bewerbern mobilisiert. Die einzigen Leute, die im Juli am Cape Cod Arbeit suchten, waren Studenten und Schüler, die einen Ferienjob brauchten. Blake hatte nur drei Antworten auf seine Annonce bekommen. Der erste Anwärter war ein Harvard-Absolvent gewesen, der sich dermaßen arrogant aufführte, dass Blake ihn am liebsten mit einem kräftigen Kinnhaken hinausbefördert hätte. Die zweite Bewerberin war eine rührige Großmutter, die ihrem Mann vierzig Jahre lang die Bücher in seinem Lebensmittelladen geführt und keinen Schimmer von Computern hatte.
    Die dritte Interessentin war die stille, kompetente Martha Cooper gewesen. Er hatte sofort gewusst, dass sie die Richtige war. Und tatsächlich erwies sie sich als ein Juwel. Martha störte nicht, sie nervte nicht, sie war einfach da und tat, was getan werden musste. Sie war eine Angestellte mit seltenen Qualitäten.
    Als Hundehalterin hätte Blake sie nie eingestuft. Er fand sie irgendwie altjüngferlich, und mit alten Jungfern verband er Katzen oder Wellensittiche. Nun stimmte sein Bild von Martha nicht mehr, sie hatte ihn überrascht. Und Überraschungen mochte Blake. Unerwartete Dinge waren für ihn Herausforderungen – sie verlangten, dass er seine Perspektive änderte.
    Im Grunde hatte er Martha bisher aus gar keiner Perspektive betrachtet. Aber dann plötzlich war er auf ihrer Veranda gewesen, hatte ihren Hund getätschelt und mit ihr über die Zeitumstellung gefaselt. Was tat sie mit ihrer Zeit? Wie lebte sie? Er hatte sich bisher vorgestellt …
    Gar nichts hatte er sich vorgestellt. Aber vielleicht sollte er Martha Cooper einmal näher unter die Lupe nehmen. Vielleicht hatte sie noch mehr Überraschungen auf Lager …
    Blake erreichte das Zentrum von Hyannis. Die Sommerurlauber waren fort, auf den Straßen war kaum Verkehr, und die im Sommer bevölkerten Gehwege waren fast leer. Blake war am Cape aufgewachsen und kannte den saisonbedingten Rhythmus. Wie die meisten Einheimischen hatte er die Urlauber schätzen gelernt, da sie die Wirtschaft ankurbelten. Mit den Jahren aber war ihm bewusst geworden, dass die schmale, in den Atlantik ragende Landspitze, die ihre Faust gen Boston reckte, noch viel schöner war, wenn die Sommergäste wieder abgereist waren.
    Blake beschloss, nach Hause zu fahren. Meistens war er samstagsabends mit Freunden zusammen – irgendjemand fand sich immer, mit dem man etwas unternehmen konnte. Doch an diesem Abend war er müde, nicht nur von der körperlichen Arbeit, sondern auch von dem nervlichen Stress, das ungeahnte Wachstum seiner Firma als Tatsache zu akzeptieren. Der Umzug war der unumstößliche Beweis, dass Blake’s Fruit Brews sich auf dem Weg nach oben befand.
    Das war ein unglaublich ermüdender Gedanke.
    Aber er hatte diese Nacht ja eine Extrastunde, um sich von dem Schock zu erholen, dass Blake Robey, der lebenslustige Aufmischer der Strandszene von Hyannis, ein richtiger Unternehmer geworden war.
    Von wegen Überraschungen lieben. Von wegen Nackenschläge mit einem Lachen einstecken. Von wegen das Unerwartete als eine prickelnde Herausforderung betrachten. Blake war gestresst – zum ersten Mal in seinem Leben. Irgendwie hatte er es fertiggebracht, am eigenen Erfolg zu leiden.
    Es war ein typischer Samstagabend – beinahe. Typisch war, dass Martha einen langen Marsch mit Lucy machte, anschließend duschte und ihren Pyjama anzog, sich mit einer Portion Vanilleeis in die Sofaecke kuschelte, fernsah und gegen elf ins Bett ging. Untypisch war dieser Samstagabend, weil sie vor dem Schlafengehen ihre Uhren
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