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Nur ein einziger Kuss, Mylord?

Nur ein einziger Kuss, Mylord?

Titel: Nur ein einziger Kuss, Mylord?
Autoren: ELIZABETH ROLLS
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fertig war.
    Schlafen … Christy nickte dankbar. Sobald die Zofe die Bettvorhänge zurückgezogen hatte, kroch sie zwischen die Laken und ließ sich auf die Kissen sinken.
    Leise Geräusche drangen an ihr Ohr. Die gedämpften Stimmen der Lakaien, die den Zuber aus dem Raum trugen, Beth, die aufräumte.
    „Brauchen Sie noch etwas, Mylady?“
    „Nein. Wenn du nur bitte die Kerzen löschen würdest? Bis auf die auf meinem Nachttisch? Danke. Ich werde dann morgen früh nach dir läuten.“ Sie fühlte sich, als ob sie tagelang schlafen könnte. Und es war nicht bloß körperliche Müdigkeit – ihre sämtlichen Lebensgeister schienen erschöpft. Als habe sie ihnen eine Schlacht zugemutet, der auszuweichen genauso unmöglich war wie sie zu gewinnen. Sie drehte sich auf die Seite und lauschte Beth, wie sie die Kerzen ausblies. Nach und nach wurde der Raum dunkler.
    Sie musste vernünftig sein. Statt zu jammern über … Was? Darüber, dass ihr Ehemann die Beherrschung verloren hatte, weil er vor Sorge um sie außer sich gewesen war? Darüber, dass sie sicher sein konnte, dass er sich um sie kümmerte? Darüber, dass er unter allen Umständen tat, was sein Ehrgefühl ihm gebot?
    Es gab nichts, worüber sie sich beklagen konnte. Sie hatte nach den Sternen gegriffen und war gescheitert, sonst nichts. Sie hatte nicht einmal schlimme Verletzungen davongetragen, höchstens eine Enttäuschung. Tausende Mädchen und Frauen verbrachten diese Nacht in Hauseingängen, und ohne Julian und sein Ehrgefühl wäre sie womöglich eine von ihnen.
    Sie hörte Beth leise „Gute Nacht, Mylady“ sagen. Dann zog die Zofe die Tür hinter sich ins Schloss. In dieser Welt gab es viele Türen, die unwiderruflich ins Schloss fielen.
    Sie hatte nichts verloren. Bestenfalls einen Traum aufgeben müssen, von dem sie ohnehin nie wirklich geglaubt hatte, dass er in Erfüllung gehen würde. Nicht für sie. Es war unzweckmäßig, diesen Traum zu träumen. Sie kam ohne ihn aus. Verglichen mit dem Scheitern, ihr Versprechen Jane gegenüber einzulösen, war er unwichtig.
    Sie setzte sich auf, nahm die Brille ab und legte sie auf den Nachttisch, während sie gleichzeitig die Kerze ausblies. Völlige Dunkelheit umgab sie. Dunkelheit, die sie auf einmal zu ersticken drohte. Angst sprang sie an. Blinde, grundlose Angst. Vor der Dunkelheit. Lähmendes Entsetzen. Angst, keine Luft mehr zu bekommen. Der riesige alte Baum, der sich gefährlich neigte … Steine und Erdbrocken, die auf sie fielen, sie unter sich begruben … Sie wusste, sie hatte nur einen Atemzug Zeit, ehe die Dunkelheit sie verschlang …
    Sie zwang sich, langsam und tief zu atmen. Saubere, frische Luft. Sie war in Sicherheit. In ihrem Bett. Julian war nebenan. Wenn sie nach ihm rief, würde er kommen. Nein. Sie würde nicht rufen. Das Wissen um die Möglichkeit musste genügen. Er brauchte nicht noch mehr von ihrer Schwäche zu sehen.
    Sie warf die Decke zurück und kletterte aus dem Bett. Mit zwei Schritten war sie beim Fenster, zog die schwere Samtportiere zur Seite. Silbriges Vollmondlicht fiel ins Zimmer. Die Angst ließ nach.
    Plötzlich nahm sie aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahr. Ein gellender Aufschrei entfuhr ihren Lippen.
    „ Christy! “
    Ehe sie wusste, wie ihr geschah, war Julian bei ihr, zog sie in seine Arme. Die Wärme seines Körpers umhüllte, tröstete sie. Unter ihrer Wange spürte sie das beruhigende Pochen seines Herzens. Mit einer Hand hielt er sie fest an sich gepresst, mit der anderen streichelte er ihr Gesicht, ihren Nacken, ließ die Finger in ihr Haar gleiten.
    „Ganz ruhig. Ich bin es. Ich wollte mich vergewissern, dass es dir gut geht. Dass du keine Angst hast.“
    Sie setzte an, ihm zu versichern, dass sie keine Angst hatte, hielt jedoch inne. Die Tatsache, dass sie am ganzen Körper zitterte, würde ihre Behauptung unweigerlich Lügen strafen.
    „Du … dein plötzliches Auftauchen hat mir einen Schrecken eingejagt“, wisperte sie stattdessen. „Ich brauchte Licht … es war so dunkel … so entsetzlich dunkel …“ Sie redete wirres Zeug. „Es tut mir so leid wegen der Dinnerparty … ich wollte pünktlich zurück sein. Wirklich.“
    Der Griff seiner Hand in ihrem Rücken wurde fester. „Ich dachte, ich hätte dich verloren.“ Seine Stimme klang rau. „Und dann, als du mir erzähltest, was passiert war, und ich begriff, wie nahe du …“ Er brach ab, und sie spürte, wie ihn ein Schauder durchlief – ein Schauder, der eine eigenartig beruhigende
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