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Nick Stone - 02 - Doppeltes Spiel

Nick Stone - 02 - Doppeltes Spiel

Titel: Nick Stone - 02 - Doppeltes Spiel
Autoren: Andy NcNab
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Baby-G zeigte mir, dass es 19.48 Uhr war – gut vierzig Minuten vor meinem abendlichen Treff mit Lynn.
    Der Verkehr auf der Cambridge Street hatte kaum
    abgenommen, als ich auf die Straße trat, aber er floss jetzt immerhin zäh. Ich wandte mich nach links, sah erneut auf die Uhr und ging in Richtung Victoria Station. In dreizehn Minuten würde ich abgeholt werden. Ich bog um zwei Ecken und blieb wartend stehen, um zu sehen, ob mir jemand folgte.
    Aber ich wurde nicht beschattet.
    Ich überquerte die Straße, ging durch eine Wohnanlage, in der fast nur Vauxhall Astras und Ford Sierras mit K-Nummern parkten, setzte mich in der Nähe der Müllcontainer auf eine niedrige Mauer und wartete. Ein halbes Dutzend Jungen übte mit Skateboards auf der einzigen freien Asphaltfläche, die sie 582
    finden konnten – der Zufahrt vor mir, die auf die Straße zum Bahnhof hinausführte. Ich hörte zu, wie sie sich gegenseitig neckten, und dachte daran, wie ich mich gefühlt hatte, als ich in ihrem Alter gewesen war.
    Ich dachte an Kelly – das kleine Mädchen, dessen gesamte Familie ermordet worden war und das jetzt einen
    stellvertretenden Vater hatte, der es ständig enttäuschte. Und was noch viel schlimmer war: Ohne es verdient zu haben, war ich vermutlich ihr bester Freund. Ich musste wieder an Sarahs Worte denken: »Du hast jetzt ein Kind. Hoffentlich lebst du lange genug, um die Kleine wieder zu sehen.«
    Ich verdrängte das alles aus meinen Gedanken und kehrte ins reale Leben zurück, indem ich mir die beiden wichtigen Lektionen, die ich in Washington gelernt hatte, ins Gedächtnis rief. Die erste lautete, dass ich niemals wieder so nachgiebig gegenüber einer Frau sein würde, die Gefühle für mich erkennen ließ. Ich musste aufhören, mir einzubilden, ich könnte mit solchen Dingen umgehen oder verstünde sie auch nur. Die zweite war einfacher: In Zukunft würde ich überall und immer eine Pistole tragen. Ich wollte nie wieder Robin Hood spielen müssen.
    Die Abenddämmerung senkte sich herab, während ich auf der Mauer saß und meine Umgebung beobachtete. Ich bildete mir noch immer ein, Sarahs Worte zu hören: »Du hast jetzt ein Kind …«

    Der Voyager musste jeden Augenblick vorfahren. Ich sah auf meine Baby-G und dachte dabei an Georges Rolex. Und dann wusste ich plötzlich, was ich zu tun hatte. Auch wenn ich nicht gerade ein leuchtendes Beispiel für Kelly war, konnte ich 583
    wenigstens versuchen, zuverlässig zu sein. Vielleicht hatte Sarah mir, als sie mich am Leben gelassen hatte, die Chance geben wollen, das Richtige zu tun.
    Ich bewegte mich rasch von dem Treffpunkt weg und sprang über den Zaun einer kleinen Parkanlage.
    Im Schatten unter den Bäumen kauerte ich mich nieder, zog meinen Leatherman aus der Tasche, klappte die Klinge heraus und zerschnitt das Kunststoffband, das meinen Knöchel umgab. Die Schneidkanten der Zange machten kurzen Prozess mit dem eineinhalb Zentimeter breiten Stahlband darunter.
    Ich wusste, dass diese Unterbrechung des Kontakts
    automatisch Alarm auslösen würde. Noch während ich die elektronische Fessel unter die Büsche warf, würde das Bereitschaftsteam zu den Fahrzeugen rennen, während es über Funk darüber informiert wurde, wo ich mich zuletzt
    aufgehalten hatte.
    Ich sprang nochmals über den Zaun und marschierte in raschem Tempo in Richtung Victoria Station. Der Teufel sollte sie holen! Was sollten sie schließlich tun! Nun, eine ganze Menge, aber darüber würde ich mir Sorgen machen, wenn’s so weit war. Außerdem wollte ich nicht wirklich abhauen. Ich würde am Sonntagmorgen freiwillig ins Apartment
    zurückkommen und mich von den Schwachköpfen über
    Afghanistan ausquetschen lassen. Der einzige Unterschied würde darin bestehen, dass ich in Zukunft zwei neue Freunde mit ebensolchen Stiernacken wie der Serbe haben würde, die mich Tag und Nacht bewachen würden – nur für den Fall, dass ich erneut Lust verspürte, mir ein Wochenende frei zu nehmen.
    Hinter mir war jenseits der Wohnanlage jetzt Sirenengeheul zu hören. Das Bereitschaftsteam musste verdammt nervös sein, 584
    wenn es gleich die Polizei alarmierte.
    Als ich mich dem Bahnhof näherte, konnte ich nur hoffen, dass die Ermittler selbst Kinder hatten und Verständnis haben würden, wenn ich ihnen am Sonntagmorgen erklärte, dass ich nur abgehauen war, um mit meinem Kind einen Tagesausflug zum Bloody Tower zu machen.
    Schließlich hatte ich Kelly ein Versprechen gegeben. Das Versprechen eines normalen
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